Zum Frameset "Rechtschreibung & RSR"

"Rechtschreibreform": Aktuell

226 24.10.2023: Roman Jacobson: "Der Mann, der vor 90 Jahren schon die gendergerechte Sprache widerlegt hat".
225 14.07.2023: Der Rechtschreibrat beschließt eine Ergänzung des Amtlichen Regelwerks
224 13.07.2023: Sachsen: Schüler und "Studierende" kritisieren Genderverbot
223 31.03.2023: "Entbindende" und "gebärende Personen" sind wieder "Mütter"
222 24.03.2023: Ein Volksbegehren will amtliches Gendern in Baden-Württemberg unterbinden
221 11.02.2023: Das Studentenparlament der FU Berlin verpflichtet zum "Gendern"
220 07.02.2023: Volksinitiative gegen Gendersprache beginnt ihre Unterschriftensammlung
219 06.02.2023: WDR 5-Umfrage: Die Akzeptanz des "Genderns" hat abgenommen
218 08.01.2023: Ministerpräsident Kretschmann lehnt das "Gendern" an Schulen ab
217 11.11.2022: "Klimaaktivistinnen und -aktivisten" verlangen "Worte statt Taten"
216 10.11.2022: Der Thüringer Landtag lehnt die Einführung "geschlechtergerechter" Sprache ab
215 30.07.2022: Aufruf: Wissenschaftler kritisieren Genderpraxis des ÖRR
214 30.07.2022: Die VG Bild-Kunst verwendet das "generische Maskulinum"
213 03.07.2022: Humboldt-Universität sagt Gender-Vortrag einer Biologin ab
212 24.05.2021: Hamburgs CDU-Chef fordert Verbot der "Gendersprache" bei staatlichen Stellen
211 26.03.2021: Rat für deutsche Rechtschreibung zur "geschlechtergerechten Schreibung"
210 26.02.2021: Theodor Ickler über den "Rat für deutsche Rechtschreibung"
209 14.02.2021: Experten kritisieren den "gegenderten" Duden
208 07.12.2020: Das IDS veröffentlicht ca. 1000 Neologismen zur Corona-Pandemie
207 12.08.2020: Rechtschreib-Duden: 28. Auflage mit 3.000 neuen Wörtern
206 22.07.2020: "Vom Gendern zu politischen Rändern"
205 Juli 2020:    Rechtschreib-Diversität 14 Jahre danach ...
204 06.03.2019: Aufruf des VDS "Schluss mit Gender-Unfug!"
203 22.01.2019: Hannover dekretiert die "geschlechtergerechte Verwaltungssprache"
202 02.06.2018: Das Eugen-Gomringer-Gedicht Avenidas kommt nach Rehau
201 13.03.2018: BGH-Urteil zu generisch maskulinen Personenbezeichnungen
200 23.01.2018: Eugen-Gomringer-Gedicht wegen sexistischer "Degradierung" zensiert
199 18.01.2018: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" gründet die AG „Schule“
198 08.11.2017: BVerfG: drittes Geschlecht im Geburtenregister
197 09.07.2017: DIE WELT: Interview mit Peter Eisenberg
196 29.06.2017: Neues "Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung"
195 08.12.2016: Dritter Bericht des "Rates für deutsche Rechtschreibung"
194 03.12.2016: BKA: Bewerber scheitern am Deutschtest
193 07.08.2016: Uwe Grund: Schulische Rechtschreibleistungen vor und nach der Rechtschreibreform
192 24.06.2016: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" wählt einen neuen Vorsitzenden
191 01.12.2015: "20 Jahre Rechtschreibreform": "Als der Friseur zum Frisör wurde"
190 01.08.2015: Die F.A.Z. diagnostiziert "Chaos im Schreiben und Denken"
189 31.07.2015: "Reform"-Gegner fordern die Anerkennung der klassischen Rechtschreibung
188 29.07.2015: Ex-Kultusminister Zehetmair (CSU) nennt die "Rechtschreibreform" einen Fehler
187 15.06.2015: Interessenverband österreichischer Autoren: 16% für "Rechtschreibreform"
186 08.10.2014: "Studierendenwerke Baden-Württemberg" mit "mehreren hunderttausend Euro"
185 03.10.2014: Die linke Tageszeitung junge Welt schreibt fortan mit "ss"
184 14.06.2014: "Frank Schirrmachers Sturheit" im Nachruf in der F.A.Z.
183 01.03.2014: Sonderbriefmarke "Für Dich" der Deutschen Post AG
182 28.02.2014: Der Verein Deutsche Sprache widmet Heft 61 der Rechtschreibung
181 13.11.2013: Der Linguist Peter Eisenberg kündigt dem "Rat für Rechtschreibung" seine Mitarbeit
180 02.11.2013: Uwe Grund: neue Studien zur "Rechtschreibreform"
179 09.09.2013: Neue Osnabrücker Zeitung: "Rechtschreibreform mit Fehlern"
178 01.08.2013: "Rechtschreibrebell" Friedrich Denk zu 15 Jahren Rechtschreibreform
177 17.06.2013: DER SPIEGEL erklärt: "Warum unsere Kinder nicht mehr richtig schreiben lernen"
176 17.05.2013: Hans Zehetmair: "Die Rechtschreibreform ist kein Ruhmesblatt"
175 14.03.2013: Prof. Steinig: Die Rechtschreibung hat sich wirklich verschlechtert
174 13.10.2012: Karlsruher Straßennamen werden "reformiert"
173 10.09.2012: Der Duden-Verlag zieht von Mannheim nach Berlin
172 01.08.2012: Beitrag im Hamburger Abendblatt: "Die Rechtschreibreform – ein Riesenfehler"
171 17.02.2012: Bundespräsident Wulff, angeblicher ehemaliger RSR-Gegner, tritt zurück
170 16.02.2012: Kultusministerkonferenz: "Rechtschreibreform" ohne Erfolgskontrolle
169 29.11.2011: Ratsvorsitzender Zehetmair äußert sich "besorgt um deutsche Sprache"
168 08.10.2011: "Lesen durch Schreiben" (LdS) produziert mehr Lese- und Rechtschreibschwäche
167 25.03.2011: Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair wird zum Ratsvorsitzenden wiedergewählt
166 27.02.2011: Der Vorsitzende des "Rats für deutsche Rechtschreibung" zieht Bilanz
165 09.12.2010: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" reicht seinen zweiten Bericht ein
164 13.11.2010: Die SOK verlangt einen Sitz im Rechtschreibrat
163 02.07.2010: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" tagt in Liechtenstein
162 23.04.2010: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" tagt in Bern
161 17.10.2009: Kultusminister: Die "Rechtschreibreform" macht die Rechtschreibung beliebig
160 01.08.2009: Die "Rechtschreibreform" wird an Schweizer Schulen verbindlich
159 27.07.2009: Klett stellt eine Rechtschreib-Datenbank ins Internet: PONS.eu
158 21.07.2009: Die 25. Auflage des Dudens erscheint zeitgleich mit dem neuen Wahrig
157 05.06.2009: Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) fordert ein Moratorium
156 23.03.2009: Der Duden geht an den Schulbuch-Verlag Cornelsen
155 05.03.2009: NRW: Lernstandserhebung mit Deutschtext in alter Rechtschreibung
154 02.12.2008: CDU fordert Bekenntnis zur deutschen Sprache im Grundgesetz
153 01.08.2008: 10 Jahre "Rechtschreibreform" – Bilanz der Presse
152 26.07.2008: Studie zieht Bilanz: "Reform"-bedingt mehr Fehler deutscher Schüler
151 25.06.2008: Das ß ist als Großbuchstabe internationale Norm
150 20.04.2008: Die Mehrheit ist gegen die "Rechtschreibreform"
149 17.01.2008: Der Olms-Verlag veröffentlicht Die Arbeit der Zwischenstaatlichen Kommission [...]
148 09.11.2007: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" in Wien · RSR in Österreich gültig ab 2008/09
147 31.10.2007: Die Herbsttagung der Schweizer Orthographischen Konferenz beschließt Empfehlungen
146 01.08.2007: Die korrigierte "Rechtschreibreform" wird an deutschen Schulen verbindlich
145 22.06.2007: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" trifft sich zu seiner 10. Sitzung
144 01.06.2007: Das BIFAB bittet um Link auf www.duden.de
143 21.05.2007: Die Nachrichtenagenturen kündigen die erneute Umstellung Ihrer "Rechtschreibung" an
142 06.03.2007: Mannheim: "Hauptstadt der deutschen Sprache"?
141 31.01.2007: Wolfgang Denk veröffentlicht seine Kosten-Nutzen-Analyse der RSR
140 01.01.2007: Die F.A.Z. schreibt fortan falsch
139 31.12.2006: Zehetmair: "dass die Sprache ihre Sinnhaftigkeit wieder erhält"
138 08.12.2006: Die JUNGE FREIHEIT hält der bewährten Rechtschreibung die Treue
137 06.12.2006: Zehetmair begrüßt die Entscheidung der F.A.Z. und der Nachrichtenagenturen
136 05.12.2006: Sachsen-Anhalt stockt Ausgaben für die geänderte Rechtschreibung auf
135 04.12.2006: Die Agenturen planen die Umstellung auf die neue Schreib-"Reform" zum 1. August 2007
134 03.12.2006: Die F.A.S. kündigt ihre Anpassung an die Schulschreibung zum 7. Januar 2007 an
133 02.12.2006: Die F.A.Z. kapituliert Die F.A.Z. kapituliert
132 30.11.2006: Die Neuer Zürcher Zeitung (NZZ) kündigt eine neue Hausorthographie an
131 22.09.2006: Der Rechtschreibrat spricht sich gegen die Duden-Empfehlungen aus
130 11.09.2006: FAZ-Herausgeber Werner D’Inka erklärt: "Das ’ß’ ist kein Dogma."
129 07.08.2006: Die ComputerBild-Redaktion erhofft die einheitliche Falschschreibung von 1996
128 01.08.2006: Die korrigierte "Rechtschreibreform" tritt offiziell in Kraft
127 31.07.2006: Springer stellt um: Die Bild-Zeitung erscheint in Duden-Deutsch.
126 28.07.2006: Zehetmair kritisiert, daß der Duden die Neuregelungen des Rechtschreibrates unterläuft
125 22.07.2006: Die 24. Duden-Auflage erscheint mit Empfehlungen der Redaktion
124 28.06.2006: Der Verlag Axel Springer folgt auch bei Schreibvarianten den Duden-Empfehlungen
123 25.06.2006: Der Bundestagspräsident fordert fürs Grundgesetz: "Landessprache ist deutsch"
122 22.06.2006: Die Schweiz übernimmt die korrigierte "Rechtschreibreform" mit drei Jahren Übergangsfrist
121 10.06.2006: Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen bevorzugen die konventionellen Varianten
120 01.06.2006: Die Schweizer Orthographische Konferenz empfiehlt bei Varianten herkömmliche Schreibung
119 24.05.2006: Die Konventionelle Schreibung ist in Braunschweig weiter gültig
118 02.05.2006: Das Bundesverfassungsgericht nimmt eine Verfassungsbeschwerde gegen die RSR nicht an
117 05.04.2006: St. Gallen/Schweiz: Weiterbildung mit Professor Ickler für Lehrer verboten
116 04.04.2006: Die Gesellschaft für deutsche Sprache will Eigennamen zwangreformieren
115 30.03.2006: Die Ministerpräsidenten billigen die Neuregelung der deutschen Schulschreibung
114 29.03.2006: Deutsche Schriftsteller halten an der deutschen Rechtschreibung fest Dt. Schriftsteller appellieren an Ministerpräsidenten
113 14.03.2006: Der Schriftsteller Reiner Kunze setzt sich gegen bayerischen Schulbuchverlag durch
112 10.03.2006: Der Deutsche Elternverein startet eine Unterschriftensammlung PDF: DEV-Unterschriftenblatt PDF: DEV-Unterschriften-Sammelliste
111 09.03.2006: Prof. Ickler kommentiert die "Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung" Prof. Icklers Anmerkungen zu den Empfehlungen des Rates
110 07.03.2006: Der Axel-Springer-Verlag kündigt Umstellung auf "Reform"-Schreibung an
109 06.03.2006: Der SPIEGEL täuscht seine Leser
108 02.03.2006: Die KMK beschließt eine korrigierte Reform der deutschen Schulschreibung
107 28.02.2006: Der Deutsche Elternverein fordert, die klassiche Rechtschreibung wieder zuzulassen DEV-Appell an KMK
106 27.02.2006: Der Rechtschreibrat übergibt der KMK seine Empfehlungen
105 26.02.2006: Die GEW warnt die Kultusminister vor einer "voreiligen Korrektur der Rechtschreibreform"
104 24.02.2006: Professor Ickler steigt aus dem Rat für deutsche Rechtschreibung aus
103 03.02.2006: Der staatliche Rechtschreibrat entscheidet über Änderungen der Groß- und Kleinschreibung
102 02.02.2006: Der DEV kommentiert die Vorschläge des "Rates für deutsche Rechtschreibung" PDF: DEV-Appell an Rat
101 02.01.2006: Der SPIEGEL kehrt teilweise zur deutschen Rechtschreibung zurück
100 21.12.2005: Niederländische Medien widersetzen sich einer neuerlichen "Rechtschreibreform"
99 13.12.2005: Die FDS verbreitet zwei PDF-Dokumente zum Rechtschreibrat und zwei juristischen Artikeln
98 25.11.2005: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" korrigiert die Groß- und Kleinschreibung
97 24.11.2005: Die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens wünscht Mitgliedschaft im Rechtschreibrat
96 28.10.2005: Das Bundesinstitut für Berufsbildung stellt eine Verschlechterung der Rechtschreibung fest
95 28.10.2005: Der Rat für Rechtschreibung stellt die Worttrennung und Interpunktion weitgehend wieder her
94 19.10.2005: Neuerscheinungen: Der große "Blöff" zum ss nach kurzem Vokal, Lob der Rechtschreibung
93 13.09.2005: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht für akzeptierte Rechtschreibung
92 01.08.2005: Die "Rechtschreibreform" wird in 14 von 16 Bundesländern eingeschränkt verbindlich
91 22.07.2005: Bundesinnenministerium veröffentlicht falsche Erklärung zur "Rechtschreibreform"
90 20.07.2005: Braunschweiger Bürger stimmen mit großer Mehrheit gegen die "Rechtschreibreform"
89 19.07.2005: Niedersachsen macht die "Reform" am 1. August 2005 verbindlich
88 16.07.2005: Bayern & NRW machen die "Reform" am 1. August 2005 nicht verbindlich
87 13.07.2005: Der ehemalige Verfassungsrichter Gottfried Mahrenholz hält die "Reform" für "verkorkst"
86 Juli 2005:    Allensbacher IfD-Umfrage: nur noch acht Prozent für die "Rechtschreibreform"
85 Juni/Juli 05: Der Verleger Michael Klett spricht sich gegen die "Rechtschreibreform" aus Klett gegen die RSR
84 23.06.2005: SPD-Ministerpräsidenten verhindern bundesweite Verschiebung der "Reform"
83 22.06.2005: Akademien der Künste warnen vor Verbindlichkeit der "Reform" am 1. August
82 09.06.2005: Schülerin unterliegt vor niedersächsischem Verwaltungsgericht
81 03.06.2005: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" empfiehlt mehr Zusammenschreibung
80 02.06.2005: Die Kultusministerkonferenz beschließt die Verbindlichkeit der "Reform" am 1. August
79 22.05.2005: Die CDU gewinnt mit "Reform"-Gegner Jürgen Rüttgers die NRW-Landtagswahl
78 12.04.2005: Die Kultusministerkonferenz bremst den "Rat für deutsche Rechtschreibung"
77 08.04.2005: Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" plädiert für mehr Zusammenschreibung
76 16.03.2005: Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen (STGB) ist gegen die "Reform"
75 10.03.2005: Die "Volksinitiative für die Rücknahme der Rechtschreibreform" gibt auf · Kommentare Stellungnahmen des Kultusministeriums
74 01.03.2005: Der Sprachwissenschaftler Prof. Theodor Ickler vertritt das P.E.N-Zentrum im "Rat" Prof. Icklers Forderungen
73 15.02.2005: Lesemeßgerät im "Guckomobil" soll Lesefreundlichkeit testen
72 17.12.2004: Der staatliche "Rat für deutsche Rechtschreibung" konstituiert sich Mitgliederliste
71 03.12.2004: F.A.Z.: Hans Zehetmair will Reformschwachstellen beseitigen
70 02.12.2004: Der Bundestag debattiert über die "Rechtschreibreform" Zitate aus der Bundestagsdebatte
69 25.11.2004: Rechtswissenschaftler und andere appellieren erneut an die Bundestagsfraktionen PDF: Rechtswissenschaftler appellieren an Bundestag
68 22.11.2004: Antrag der CDU/CSU im Bundestag · KMK-Präsidentin Doris Ahnen streitet alles ab KMK-Präsidentin Doris Ahnen leugnet alles
67 21.11.2004: Fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag Fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag
66 09.11.2004: Diskussionsverbot: CDU-Chefin verhindert Antrag im Deutschen Bundestag
65 01.11.2004: ComputerBild kehrt zur konventionellen Rechtschreibung zurück
64 28.10.2004: Auch das P.E.N-Zentrum sagt ab: keine Beteiligung am "Rat für deutsche Rechtschreibung"
63 22.10.2004: Die "Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung" sagt der KMK ab
62 21.10.2004: Literaturnobelpreisträgerin für Boykott des "Rates für Rechtschreibung" Boykottaufruf der Literaturnobelpreisträgerin
61 18.10.2004: SPD berät Gesetzesentwurf für Volksabstimmungen
60 14.10.2004: KMK beschließt "Rat für deutsche Rechtschreibung" Rat für deutsche Rechtschreibung
59 11.10.2004: Auch der Spiegel knickt ein
58 08.10.2004: Die Länder halten an der "Rechtschreibreform" fest · Neue TNS-Emnid-Umfrage
57 06.10.2004: Wulff und Süddeutsche Zeitung machen Rückzieher · Hessen-FDP-Antrag FDP-Antrag an hessischen Landesparteitag
56 05.10.2004: Frankfurter Appell: 100 Prominente für Rücknahme der RSR Frankfurter Appell
55 03.10.2004: Axel-Springer-Verlag kehrt zur bewährten Rechtschreibung zurück!
54 September 2004: Allensbach: Mehr Gegner der "Rechtschreibreform"
53 24.09.2004 Bundestagsvizepräsidentin fordert Entschuldigung für die RSR
52 23.09.2004: FDP stellt Antrag im NRW-Landtag FDP-Antrag im NRW-Landtag
51 20.09.2004: Ministerpräsident Wulff für Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung MP Wulff für Rücknahme
50 September 2004: Schulministerium NRW: Lügen oder Legasthenie? Antwort der Schulministerium NRW
49 31.08.2004: Die Stadt Braunschweig kehrt zur alten Rechtschreibung zurück
48 30.08.2004: Darmstädter Akademie wiederholt Kompromißvorschlag Kompromißvorschlag der Akademie
47 28.08.2004: 23. Auflage des Rechtschreib-Dudens
46 23.08.2004: Wiener Sitzung zur Rechtschreibreform
45 22.08.2004: Unabhängiger "Rat für deutsche Rechtschreibung" gegründet
44 21.08.2004: Langzeitstudien belegen: Rechtschreibung wurde erschwert!
43 20.08.2004: Duden-Redaktion für "Holzhammermethode" Duden-Redaktion für Holzhammermethode
42 12.08.2004: TNS Emnid: Die Mehrheit will die Reform kippen
41 11.08.2004: BILD-Orden "Retter der deutschen Sprache"
40 10.08.2004: Lehrerverband hält Reformstopp für verkraftbar · Prominenten-Zitate Prominente gegen die RSR
39 09.08.2004: Volksabstimmung gegen Schlechtschreib-Reform?
38 08.08.2004: Doris Ahnen (KMK-Präsidentin): nur 2% der Wörter betroffen ...
37 07.08.2004: BILD-Unterschriftenaktion gegen Schlechtschreib-Reform
36 06.08.2004: Freitag: Spiegel, Springer & Süddeutsche wollen der F.A.Z. folgen
35 01.08.2004: Volksinitiative für die Rücknahme der RSR in Niedersachsen: Unterschriftenbogen PDF: Unterschriftenbogen der Volksinitiative gegen die "RSR"
34 Ende Juli 2004: Verleger halten Kosten für zu verkraften
33 29.07.2004: DIE ZEIT zwischen "letzter Shangs" und "neuer Freiheit"
32 25.07.2004: Fünf Ministerpräsidenten gegen "Rechtschreibreform"
31 19.07.2004: Der "Warburger Appell": Aufruf an alle Lehrerinnen und Lehrer
30 17.07.2004: Kulturstaatsministerin Weiss für konventionelle Rechtschreibung
29 Juli 2004: CDU-Ministerpräsidenten wollen die "Reform" evtl. zurücknehmen
28 Juni 2004: Der Orden Pour le mérite kehrt zur Rechtschreibung zurück
27 Juni/Juli 2004: Länderpolitiker und Juristen gegen die RSR
26 04.06.2004: "Rechtschreibreform" ab 1. August 2005 an Schulen verbindlich
25 14.05.2004: P.E.N.-Zentrum Deutschland für Rücknahme der "Rechtschreibreform"
24 Mai 2004: Neue Allensbach-Umfrage belegt die Ablehnung der RSR
23 21.02.2004: Sprachbriefmarke der Sprachzeitung Deutsche Sprachwelt
22 Februar 2004: Jura-Professoren verlangen Rückkehr zur Rechtschreibung Petition der Professoren
21 Februar 2004: Vierter Bericht der "Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung" Artikel vom 31.01.2004
20 November 2003: Pressemitteilung deutscher Akademien Brief der Akademien
19 März 2003: Akademie legt Kompromißvorschlag vor
18 April 2002: neue Meinungsumfrage
17 April 2002: Resolution gegen die "Rechtschreibreform" Resolution
16 März 2002: Hessische Wissenschaftsministerin gegen die Schreibreform
15 November 2001: Vertraulicher Kommissionsbericht offengelegt
14 1. Oktober 2000: Hochschulverband schreibt wieder konventionell
13 August 2000: 22. Duden-Auflage
12 August 2000: Icklers Rechtschreibwörterbuch
11 1. August 2000: FAZ kehrt zur Rechtschreibung zurück
10 26. Juli 2000: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung gegen RSR
9 März 2000: Zwischenstaatliche Kommission legt zweiten Bericht vor
8 September 1999: Keine Änderung der Wortbedeutung!?
7 1. August 1999: Die Nachrichtenagenturen stellen um
6 Schleswig-Holstein 1999: Landtag kippt Volksentscheid
5 Dezember 1998: Beschluß der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen
4 Januar 1999: "Rechtschreibreform" für Bundesbehörden
3 Schleswig-Holstein 1998: Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform
2 August 1998: Offizielle Einführung der "Rechtschreibreform"
1 14. Juli 1998: Das Bundesverfassungsgericht weist eine Verfassungsbeschwerde ab



226) Roman Jacobson: "Der Mann, der vor 90 Jahren schon die gendergerechte Sprache widerlegt hat" (24.10.2023)

Der Sprachwissenschaftler Wolfgang Krischke veröffentlicht in der WELT einen Artikel über den Linguisten Roman Ossipowitsch Jacobson (*23.10.1896, † 18.07.1982): "Der Mann, der vor 90 Jahren schon die gendergerechte Sprache widerlegt hat". Jacobson war 1926 Mitbegründer des "Prager Linguistenkreises", 1933 übernahm er eine Professur an der Universität Brünn. 1939 floh er aus der damaligen Tschechoslowakei und folgte 1941 einem Ruf an die französische Exil-Universität École Libre des Hautes Études. Es folgten Professuren an der Columbia University, der Harvard University, am Massachusetts Institute of Technology (MIT) etc. und ab 1950 die Mitgliedschaft in der American Academy of Arts and Sciences. Bekannt wurde Jakobson durch die Beschreibung der Asymmetrie zwischen unmarkierten und markierten Wörtern, etwa Katze als Tierart und Kater als 'männlicher Katze'. Kommentar:
    Außer durch sein sechsteiliges Kommunikationsmodell, das auf dem dreigliedrigen Organon-Modell von Karl Bühler aufbaut, ist Jakobson der Linguistik bis heute vor allem durch die Unterscheidung von "Merkmalhaftigkeit" (Markiertheit) und "Merkmallosigkeit" (Markiertheit) ein Begriff: Was für Katze und Kater gilt, gilt ebenso für Tausende weiterer asymmetrischer Wortpaare, welche die Gender-"Linguist" bewußt mißversteht, z. B. Arzt/Ärztin, Bürger/Bürgerin, Kunde/Kundin etc. Kritisiert wird dabei stets nur das sogenannte generische Maskulinum; das sogenannte generische Femininum wie in Person oder Gans/Gänserich ist dem Sprachfeminismus unverdächtig. Wie richtig Jacobsons Unterscheidung zwischen Markiertheit und Unmarkiertheit ist, zeigt ein Satz wie: Frauen sind die besseren Polizisten (im Gegensatz zu *Frauen sind die besseren Polizistinnen).


225) Der Rechtschreibrat beschließt eine Ergänzung des Amtlichen Regelwerks (14.07.2023)

Der Rat für deutsche Rechtschreibung teilt mit, der habe heute "in Eupen eine Ergänzung des Amtlichen Regelwerks für die deutsche Rechtschreibung beschlossen, die nach öffentlicher Anhörung den staatlichen Stellen zur Zustimmung vorgelegt werden wird: Sonderzeichen." Die Aufnahme typographischer Sonderzeichen wird so begründet:

Zunehmend werden bei Personenbezeichnungen orthografische Zeichen wie der Doppelpunkt (:) – allerdings ohne ein folgendes Leerzeichen (Bürger:innen) – oder Sonderzeichen wie Asterisk (*), Unterstrich (_) oder andere Zeichen im Wortinneren verwendet. Diese Wortbinnenzeichen gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie. Sie sollen eine über die formalsprachliche Funktion hinausgehende metasprachliche Bedeutung zur Kennzeichnung aller Geschlechtsidentitäten – männlich, weiblich, divers – vermitteln: die Schüler:innen, die Kolleg*innen. Sie gehen damit über Verkürzungsformen wie Bürger/-innen, die vom Amtlichen Regelwerk bereits erfasst werden, hinaus.
Die Besonderheit der Wortbinnenzeichen zur Kennzeichnung einer geschlechterübergreifenden Bedeutung liegt darin, dass sie auf die orthografisch korrekte Schreibung von Wörtern unmittelbar einwirken. Diese Eigenschaft teilen sie mit einigen Satz- bzw. Wortzeichen (wortinterne Klammern, Apostroph, Bindestrich, Anführungszeichen), deren wortinterne Verwendung im Amtlichen Regelwerk beschrieben wird. Bei den Sonderzeichen mit Geschlechterbezug soll jedoch eine metasprachliche Bedeutung transportiert werden. Ihre Setzung kann in verschiedenen Fällen zu grammatischen Folgeproblemen führen, die noch nicht geklärt sind, z. B. in syntaktischen Zusammenhängen zur Mehrfachnennung von Artikeln oder Pronomen (der*die Präsident*in).

Die "Entwicklung des Gesamtbereichs" sei noch nicht abgeschlossen und soll "weiter beobachtet werden". Kommentar:


224) Sachsen: Schüler und "Studierende" kritisieren Genderverbot (13.07.2023)

Unter der Überschrift "Studierende kritisieren Genderverbot und befürchten Abwanderung" berichtet die Sächsiche Zeitung (SZ) über Kritik an einem Erlaß des Staatsministerium für Kultus von 2021, der für offizielle Schreiben, Briefe an Eltern und Unterrichtsmaterialien Gender-Sonderzeichen (Sternchen, Doppelpunkt, Unterstrich) ausschließt, und führt aus: "An Sachsens Schulen sind Gender-Sonderzeichen nach dem Willen des Kultusministeriums tabu. Die Schüler selbst sehen das anders. Auch Studierende kritisieren Genderverbot." Die Vorsitzende des Landesschülerrates (LSR) in Sachsen, Lilly Härtig, wird mit der Aussage zitiert: "Auch das Gendern folgt bestimmten, allgemein geübten Regeln. Es wäre ein Leichtes, diese zusätzlich zur amtlichen Schreibung als erlaubt anzuerkennen. Darüber hinaus fragen wir uns, ob das Kultusministerium keine wichtigeren Probleme an Sachsens Schulen sieht. Die Referentin der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS), Nathalie Bock, unterstellt, "vielen Lehramtsstudierenden ist es wichtig, in ihrem Unterricht die Vielfalt von Geschlecht angemessen abzubilden", sie würden deshalb in anderen Bundesländern ihren Schuldienst antreten. "Kommentar:


223) "Entbindende" und "gebärende Personen" sind wieder "Mütter" (31.03.2023)

Unter der Überschrift "Sonderurlaub nach Geburt des Kindes" bericntet die tagesschau über einen Gesetzentwurf der Familienministerin Paus, die mit dem "Familienstartzeitgesetz" eine gerechtere Verteilung der Kinderbetreuung und Hausarbeit erreichen möchte. Am Ende ihres Berichtes ergänzt die tagesschau-Redaktion:

Anmerkung der Redaktion: In dem Text wurden die Formulierungen "entbindende Person" und "gebärende Personen" durch "Mutter" ersetzt, da sie zu Missverständnissen geführt haben. Zudem wurde die Formulierung "Arbeitgebende" durch "Arbeitgeber" ersetzt.


222) Ein Volksbegehren will amtliches Gendern in Baden-Württemberg unterbinden (24.03.2023)

Das von Prof. Klaus Hekking initiierte Volksbegehren "Stoppt Gendern in Baden-Württemberg" strebt eine Verpflichtung für Behörden und Schulen an, auf das "Gendern" zu verzichten und die vom Rat für Deutsche Rechtschreibung verbindlich festgelegte Orthografie zu verwenden. 10.000 Stimmen seien bereits zusammengekommen, bald werde Prof. Hekking dem Landtag seinen Gesetzesentwurf zur Abstimmung zuleiten. Auf der Website der Initiative erfährt man:

Mit unserem Volksbegehren – Stoppt Gendern in Baden-Württemberg wollen wir erreichen, dass die Landesregierung und alle Behörden und Einrichtungen des Landes intern und extern nach dem amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (einsehbar unter www.rechtschreibrat.com) kommunizieren und auf die Verwendung der Gendersprache verzichten, wie dies in einigen Bundesländern bereits beschlossen ist. Nach Art. 59 Abs.3 der Landesverfassung ist dazu die Vorlage eines Gesetzentwurfs mit Begründung notwendig. Wir haben einen Gesetzentwurf vorbereitet, den Sie auf unserer Website (www.stoppt-gendern-in-bw.de) einsehen und herunterladen können. Sie können den Gesetzentwurf mit Begründung auf dieser Website einsehen, herunterladen und weiter verteilen.


221) Das Studentenparlament der FU Berlin verpflichtet zum "Gendern" (11.02.2023)

Die Mitglieder des "Studierendenparlaments" der Freien Universität Berlin (Stupa) haben durch Mehrheitsbeschluß die Studenten in der Satzung des Stupa verpflichtet, ihre Anträge künftig in einer "gendergerechten" Sprache einzureichen. In ihrem Antrag hatte die Juso-Hochschulgruppe formuliert: "Entsprechend fordert der Antrag, gendergerechte Sprache als Kriterium für Formgerechtigkeit zu definieren. Anträge, die das generische Maskulinum oder das Binnen-I verwenden, würden so zukünftig vom Stupa nicht mehr behandelt und könnten nicht beschlossen werden." Seither werden, wie die Berliner Zeitung meldet, Anträge von Studenten nicht mehr zur Abstimmung auf die Tagesordnung gesetzt, wenn sie nicht die "formalen Kriterien" von §6 (3) der Geschäftsordnung erfüllen: "Anträge sind in einer Sprache einzureichen, die alle Geschlechter gleichermaßen abbildet." Folglich wurde der Antrag eines Studenten mit der Begründung abgelehnt: "Diese Kriterium ist durch das verwendete generische Maskulinum ("Studenten") nicht erfüllt." Kommentar:


220) Volksinitiative "Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung" beginnt Unterschriftensammlung (07.02.2023)

Die Hamburger Volksinitiative "Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung" meldet ihre Unterschriftensammlung offiziell an. Die Gründerin der Initiative, Sabine Mertens, gehört auch dem Bundesvorstand des Vereins Deutsche Sprache (VDS) an. Das Ziel ist, die Verwaltung, Bildungseinrichtungen und städtische Unternehmen zu verpflichten, sich an die Regeln des Rates für deutsche Rechtschreibung zu halten und auf Gendersternchen und Doppelpunkt zu verzichten – also auf angeblich "geschlechtsneutrale" (Um-)Formulierungen, mit denen die Freie und Hansestadt Hamburg gemäß ihrer "Hinweise zur geschlechtersensiblen Sprache in der hamburgischen Verwaltung" "gerne alle Menschen ansprechen" möchte. Laut VDS unterscheide die deutsche Sprache zwischen biologischem und grammatischem Geschlecht und sei von je her inklusiv; "Gendersprache" hingegen sei diskriminierend, integrationsfeindlich und vorurteilsbeladen. Wenn innerhalb von sechs Monaten mindestens 10.000 Wahlberechtigte die Erklärung unterschreiben, muß sich die Bürgerschaft mit dem Anliegen befassen.
    Sowohl die Hamburger Volksinitiative als auch der VDS werden von Befürwortern des "Genderns" kritisiert: Der Hamburger GEW-Vorsitzende Sven Quiring etwa äußert auf der Website der GEW Hamburg: "Wie gendergerechte Sprache und die Sensibilisierung für Geschlechterrollen didaktisch im Bildungsbereich zu vermitteln ist, kann und muss diskutiert werden." Andere Stimmen kritisieren schon länger den Kampf des VDS gegen einen vermeintlichen "Sprachverfall" des Deutschen und die zahlreichen Anglizismen ("Denglisch"). Die Süddeutsche Zeitung kritisiert: "Eine Gruppe von Prominenten um den 'Verein Deutsche Sprache' fordert: 'Schluss mit dem Gender-Unfug!' Persönlichkeiten wie Rüdiger Safranski, Sibylle Lewitscharoff oder Dieter Hallervorden begeben sich damit in trübe Gesellschaft." Der Düsseldorfer Germanist S. Hartmann schrieb schon 2021 über den VDS: "Wer sich nur wenige Minuten auf der Internetseite des Vereins umschaut, gerät in einen Sumpf aus Rassismus, Homo- und Transphobie sowie typischer rechtspopulistischer Argumentationsmuster." Kommentar:


219) WDR 5-Umfrage: Die Akzeptanz des "Genderns" hat abgenommen (06.02.2023)

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) zitiert in seinen Nachrichten eine von infratest dimap durchgeführte "neue, repräsentative WDR-Umfrage", welche belegt, daß die Akzeptanz des "Genderns" abgenommen hat. WDR 5 behandelt das Thema ab 12:10 Uhr in seinem Tagesgespräch und veröffentlicht auf seiner Website folgenden Ankündigungstext:

Gendern: *stunde der deutschen Sprache?
Doppelpunkt, Sternchen oder Sprechpause: Das aktive Gendern nervt die meisten. So das Ergebnis der WDR-Umfrage. Wie klingt gelungene Sprache für alle Geschlechter in Ihren Ohren? Diskutieren Sie mit im WDR 5 Tagesgespräch!
Beim gesprochenen Wort darauf achten, dass sich alle angesprochen fühlen, kommt nicht bei allen gut an. Und kann in der Berichterstattung sogar ein Abschalt-Faktor sein. Eine neue, repräsentative WDR-Umfrage zeigt: Mehr als ein Drittel der Menschen möchte nicht "Kolleginnen und Kollegen" im Radio hören.
Die Sprechpause beim gesprochenen Gender-Sternchen findet Anhänger und leidenschaftliche Ablehnung. Zwei Drittel der Befragten finden die geschlechtsneutrale Sprache allerdings gut oder sehr gut, und der Großteil nutzt sie auch selbst beim Reden oder Schreiben.
2020 wollten wir schon einmal wissen, wie Sie zur gendergerechten Sprache stehen. 38 Prozent sahen das Thema damals als wichtig oder sehr wichtig an, 2022 sind es ein weniger (36 Prozent). Und auch die Akzeptanz des Genderns in den Medien hat abgenommen. Auffällig ist, wie unterschiedlich die verschiedenen Stile der geschlechtergerechten Sprache ankommen. Satzzeichen wie Sternchen, Doppelpunkt oder Schrägstrich lehnen viele ab.
Auch Sprechpausen nerven laut Umfrage. 'Studierende' statt 'Studenten' oder 'Publikum' statt 'Zuschauer' – solche Formulierungen bekommen Zustimmung. Über das Wie der Formulierungen wird aber nicht nur in Redaktionen diskutiert, sondern auch in Verwaltungen und an Unis. Die ein oder andere Behörde hat klare Regeln, Zeitungen und Radiosender entscheiden individuell. [...]

Kommentar (im Anschluß an das "Tagesgespräch"):
Der einzige Gast des Moderators Achim Schmitz-Forte war Dr. Kathrin Kunkel-Razum (Leiterin der Dudenredaktion), die das "Gendern" mit missionarischem Eifer propagierte; ein Linguist, der die Gegenposition vertreten, zumindest die verschiedenen Ausprägungen des "Genderns" sprachwissenschaftlich ideologiefrei eingeordnet hätte, war nicht im Studio. Dabei hätte ein solcher Experte eine Annahme kritisieren und widerlegen können, in der sich Schmitz-Forte, Kunkel-Razum und auch einige Anrufer unausgesprochen einig waren: die unbegründete, aber als begründet vorausgesetzte Gleichsetzung des grammatischen Maskulinums mit dem biologisch männlichen Geschlecht. Aufschlußreich sind auch einige explizite Text-Aussagen:

geschlechtsneutrale Sprache, geschlechtergerechte Sprache
Die penetrante Bezeichnung der "Gender-Sprache" (bzw. der Varianten derselben) als "geschlechtergerecht", "geschlechtersensibel", "geschlechtsneutral", "geschlechterfair" etc. ist ein klassischer Fall von Framing und verfolgt das offensichtliche Ziel, den Begriff der Gerechtigkeit zugunsten des "Genderns" zu monopolisieren: "Gendern" sei 'gerecht', "Nicht-Gendern" folglich im Umkehrschluß 'ungerecht'. Der WDR zeigt damit erneut, daß er an einer neutralen, sachlichen Behandlung dieses Thema nicht interessiert ist.
Beim gesprochenen Wort darauf achten, dass sich alle angesprochen fühlen
Daß "sich alle angesprochen fühlen", das Bemühen darum wird nur dem "Gendern" zugeschrieben. Mit "Patienten", "Virologen", "Fahrgästen" etc. fühlen sich also laut WDR nur Männer angesprochen. Beide biologische Geschlechter der breiten Bevölkerungsmehrheit fühlen sich durch solche Bezeichnungen allerdings durchaus angesprochen.
2022 sind es ein weniger (36 Prozent)
Muß man "gendern" können, um das zu verstehen?
'Studierende' statt 'Studenten' oder 'Publikum' statt 'Zuschauer'
Studierende ist ein deutsches Partizip Präsens, das ein lateinisches Partizip Präsens, nämlich Studenten, ersetzen soll; soll der Nutzen darin liegen, daß das deutsche Partizip Präsens mit zwei Artikeln kompatibel ist, das lateinische aber nur mit einem? Und warum soll Publikum besser sein als Zuschauer? Wenn der Zuschauer gegenüber Frauen 'ungerecht' weil grammatisch männlich ist, dann muß doch das Publikum keines der beiden biologischen Geschlechter ansprechen. Die "Gender-Logik" funktioniert so: Das grammatisch feminine und (vor allem) das maskuline Genus sollen beide jeweils auch ein biologisches Geschlecht bezeichnen; das grammatisch neutrale Genus hingegen bezeichne zwar kein biologisches Geschlecht, könne aber dennoch z. B. Eigenschaft eines Publikums sein, das ja eigentlich durchaus aus Frauen und Männern besteht ...
    Logik-Probleme mit Studenten hatte auch eine Anruferin, die auf den Umstand verwies, daß in früheren Zeiten nur Männer zum Studium zugelassen und als Studenten bezeichnet wurden; Frauen seien deshalb "sichtbar" zu machen und nur mit Studierenden mitgemeint. Die meisten Studenten sind allerdings mittlerweile Frauen, und wenn tatsächlich Formen wie Studentin oder Studierende ihre Berufswahl und Karriere befördert haben, dann müßte in jenen früheren Zeiten Student die Berufswahl und Karriere von Männern befördert haben. Ein unvoreingenommener, unideologischer (linguistischer) Blick auf dieses vermeintliche Problem zeigt allerdings, daß Männer schlicht deshalb mit einem lateinischen Lehnwort (studens) als Studenten bezeichnet wurden, weil sie studierten; warum sollten wir das heute mit Frauen anders halten?

218) Ministerpräsident Kretschmann lehnt das "Gendern" an Schulen ab (08.01.2023)

Unter der Überschrift "Gendern: Winfried Kretschmann (Grüne) lehnt geschlechtergerechte Sprache an Schulen ab" berichtet DER SPIEGEL (Artikel von Ansgar Siemens) über eine Forderung des Landesschülerbeirats in Baden-Württemberg, die Akzeptanz für das "Gendern" an Schulen müsse steigen. "Die Schulen müssen sich", so Ministerpräsident Kretschmann, "an das halten, was der Rat für deutsche Rechtschreibung vorgibt. Sonst haben wir am Ende keine einheitliche Rechtschreibung mehr." Der Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, hat sich laut DER SPIEGEL ebenfalls gegen Sternchen und Doppelpunkt ausgesprochen: "Die deutsche Sprache habe genug Möglichkeiten, regelkonform zu gendern, indem beide Geschlechter (Schülerinnen und Schüler) oder ein Neutrum (Lehrkräfte) verwendet würden." Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die seit 2019 selbst das "Gendersternchen" verwendet, wird zitiert mit einer Aussage der Landesvorsitzenden Monika Stein: "Unsere Schüler*innen sprechen im Jahr 2023 nicht mehr mittelhochdeutsch"; wenn sich Sprache verändere, müsse sich auch die Schule damit auseinandersetzen. Kommentar:
    Die zitierten Personen haben ein ideologisches Problem mit der deutschen Sprache:

  1. Bereits die Überschrift verrät die mangelnde journalistische Qualität des Autors: Der Ministerpräsident lehnt nicht "geschlechtergerechte" Sprache ab, sondern das "Gendern". Letzteres als "gerecht" zu bezeichnen ist keine neutrale Berichterstattung, sondern eine unbegründete Wertung und ein typisches Beispiel für Framing. Wenn Sprache beiden (allen) biologischen Geschlechtern "gerecht" werden sollte, müßten beide Geschlechter gleichbehandelt werden, also entweder gar nicht oder beide explizit genannt, d. h. Sexus-markiert werden: Konkret formuliert würden dann entweder die Schüler, was konventionell nur ihre Funktion, Rolle etc. beschriebe, aber ihre biologischen Geschlechter (und sexuellen, religiösen, beruflichen Orientierungen, Herkünfte etc.) unerwähnt ließe, oder die Schülerinnen und Schüleriche und diverse Lerner und Lerneriche (was sich der Autor nicht traut).
  2. Die ablehnende Haltung des Ministerpräsidenten ehrt ihn, sein Vertrauen in den (von der Kultusministerkonferenz einst eingesetzten) "Rat für deutsche Rechtschreibung" allerdings nicht: Letzterer hat eine unrühmliche Geschichte als die Instanz, die gegen die große Mehrheit der deutschen Sprachgemeinschaft mit staatlichem Zwang eine Schreibreform durchgesetzt und mehrmals "nachgebessert" hat, um anschließend die vermeintliche "Sprachentwicklung" zu "beobachten".
  3. Das Ansinnen des Landesschülerbeirats stellt den Zweck unserer Schulen auf den Kopf: Lehrer sollen dort, so ihr Auftrag, die deutsche Sprache so lehren und Schüler sie so lernen, wie sie von gebildeten Erwachsenen gesprochen und geschrieben wird; wenn dies nicht mehr Konsens ist, ist die Institution der Schule überflüssig.
  4. Ein beschämendes Bild seiner sprach(wissenschaft)lichen Bildung gibt der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung ab, denn nicht nur Sternchen und Doppelpunkt sind regelwidrig, sondern das "Gendern" schlechthin: Die Aussage, man solle "beide Geschlechter (Schülerinnen und Schüler)" verwenden, ist linguistisch nicht haltbar, weil nur die (grammatisch weibliche) Schülerin zusätzlich Sexus-markiert ist, nämlich durch das Suffix in als biologisch weiblich; der (grammatisch männliche) Schüler hingegen besitzt nur ein grammatisches Geschlecht (Genus), kein biologisches (Sexus) und auch kein "diverses", er ist biologisch unspezifisch.
        Das Wort Lehrkräfte dann als "Neutrum" zu bezeichnen, ist noch unsinniger: Die Lehrkraft ist ein grammatisches Femininum, kein Neutrum – ohne Sexus. Die gedankliche Assoziation mit einem biologischen Geschlecht hängt nicht vom Genus, sondern nur vom Kontext ab: Bei Putzraft, Pflegekräften etc. denkt man überwiegend an Frauen, bei Lehrkräften an beide Geschlechter, bei Einsatzkraft, Sicherheitskräften etc. aber meist an Männer, was schlicht die (überkommenen) Rollen unserer Geschlechter widerspiegelt.
  5. Die allgemein politisch "links" verortete Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nutzt erneut ein verlogenes Argument, das aus der Auseinandersetzung um die "Rechtschreibreform" noch in übler Erinnerung ist: Schon damals wurde "Reform"-Kritikern vorgeworfen zu ignorieren, daß sich Sprache entwickle und die Orthographie dem Wandel deshalb Rechnung tragen müsse. Tatsächlich aber folgte die "Rechtschreibreform" nicht deskriptiv der natürlichen Entwicklung der (gesprochenen und) geschriebenen Sprache, sondern ignorierte bereits etablierte Trends – etwa in der Kleinschreibung – und zwang die "Rechtschreibung" präskriptiv in eine gegensätzliche, ideologisch motivierte Richtung.
        Das von der Vorsitzenden polemisch zitierte "Mittelhochdeutsch" wurde nicht von Schülern, sondern in Süd- und Mitteldeutschland zwischen 1050 und 1350 gesprochen, und das "Gendersternchen" hört und sieht man bei Schülern in aller Regel auch nicht. Die GEW versucht, an Schulen eine "feministische", " progressive" Schreib- und Sprechweise zu etablieren mit der Behauptung, diese sei längst etabliert. Tatsächlich aber ist das Gendern kein Phänomen alltäglicher bidirektionaler Kommunikation – also zwischen zwei (oder mehreren) Gesprächspartnern –, sondern ein Gesinnungssignal, das vor allem dann eingesetzt wird, wenn der Sprecher – ein Journalist, Politiker, Beamter etc. – in den Medien, in Amts- oder Gewerbeschreiben etc. monologisiert und folglich keinen Widerspruch oder Widerstand, etwa den Abbruch des Gesprächs, zu befürchten braucht.

217) "Klimaaktivistinnen und -aktivisten" von Fridays for Future verlangen "Worte statt Taten" (11.11.2022)

Gendern ist anstrengend, verlangt es doch permanent hohe Konzentration, um keine Gender-Gelegenheit zu verpassen. Die (angeblich) eigentliche Botschaft einer Äußerung kann da schon einmal unter die Räder der gendernden Dauerbeschallung geraten. Ein Beispiel liefert die heutige Tagesschau: Gegen 20:10 Uhr berichtet der Sprecher über die 27. UN-Klimakonferenz im ägyptischen Sharm El Sheikh und zitiert die Klimabewegung dort wie folgt. (Die Staats- und Regierungschefs aus aller Welt haben dann auch prompt geliefert ;-))

"Schluß mit dem Blablabla", fordern die Klimaaktivistinnen und -aktivisten von Fridays for Future deshalb, sie verlangen Worte statt Taten und vor allem viel mehr Geld.


216) Der Thüringer Landtag lehnt die Einführung einer "geschlechtergerechten" Sprache ab (10.11.2022)

Landtag und Landesregierung in Thüringen werden in ihrer öffentlichen Kommunikation künftig nicht gendern, so der Beschluß des Thüringer Landesparlaments. Der von der oppositionellen CDU-Fraktion eingebrachte Antrag erhielt nach heftiger Debatte in namentlicher Abstimmung 38 von 74 Stimmen. Die rot-rot-grüne Minderheitskoalition hatte mit einem Gegenantrag vergeblich versucht, ihre Niederlage durch einen Kompromißvorschlag zur "Selbstverpflichtung zu einer respektvollen Kommunikation" zu verhindern. Am folgenden Tag berichtet die Presse über die Abstimmung unter Überschriften wie "Thüringer Landtag lehnt gendergerechte Sprache ab", "Thüringer Landtag lehnt geschlechtergerechte Sprache ab", "Thüringer Landtag lehnt Einführung geschlechtergerechter Sprache ab – Antrag oppositioneller CDU setzt sich durch" etc. Kommentar:
    Der Beschluß des Landtags entspricht dem Ergebnis von Umfragen, demzufolge etwa zwei Drittel der Bevölkerung die "Gendersprache" ablehnen und sie teilweise als Bevormundung empfinden. Wenn in der Debatte ein Linke-Abgeordneter der CDU einen "rechten Kulturkampf im Stil der AfD" vorwarf, so sollte dieser Anwurf offensichtlich einen nicht demokratisch, sondern nur sprachideologisch begründeten eigenen (vermeintlich "linken") Kulturkampf der sprachfeministischen Bewegung kaschieren. Das "Gendern" läßt sich allerdings auch sprachwissenschaftlich nicht begründen und ist mit seinem perfiden Anspruch der "Geschlechtergerechtigkeit" weit mehr als eine, wie ein AfD-Abgeordneter eigentlich verharmlosend meinte, "Sprachverhunzung": Vokabeln wie "gendergerecht", "geschlechtergerecht", "gendersensibel", "genderneutral" etc. bedienen sich einer als Framing bekannten und berüchtigten Methode: 'gerecht', 'sensibel' (um nicht zu sagen: "woke") etc. sei Sprache nur dann, wenn sie "gendert"; wer nicht "gendert", sei 'unsensibel', 'ungerecht', 'frauenfeindlich', 'reaktionär' etc.
    Tatsächlich ist und war die konventionelle deutsche Sprache (wie das Englische und andere Sprachen) hinsichtlich des grammatischen Geschlechts (Genus) 'genderneutral', da sie keines der beiden biologischen Geschlechter zusätzlich sichtbar macht und damit hervorhebt: Der Bauer, Arzt, Patient, Politiker etc. meint (wie das englische farmer, practitioner, patient, politician etc.) weder das eine noch das andere Geschlecht, sondern einfach nur die Funktion bzw. den Beruf. Daß viele deutsche (oder englische) Muttersprachler bei solchen Funktionen bzw. Berufen traditionell an Männer denken, geht auf die jahrhundertlange reale gesellschaftliche, insbesondere berufliche – aber nicht sprachliche – Diskriminierung der Frauen zurück. Auflösen läßt sich diese Diskriminierung nicht, indem man durch (zusätzliche oder gar ausschließliche) Wörter mit femininem Sexus "zur Abwechslung" Männer diskriminiert: Ärzte und Ärztinnen, Patient:innen, Politiker*innen etc. machen auf Kosten des männlichen nur das biologisch weibliche Geschlecht "sichtbar". Ärzt:innen und Bäuer*innen können sich nur auf Frauen beziehen, da es Ärzt oder Bäuer nicht gibt, und Ärztinnen und Ärzteriche will (hoffentlich) auch niemand.


215) Wissenschaftler kritisieren Genderpraxis des ÖRR (30.07.2022)

Mit seinem Aufruf "Wissenschaftler kritisieren Genderpraxis des ÖRR" (Linguistik-vs-Gendern.de) widerlegt Fabian Payr die sogenannte gendergerechte Sprache und bietet Kritikern mit und ohne sprachwissenschaftliches oder literaturwissenschaftliches Studium die Möglichkeit, sich dem Aufruf anzuschließen. Mit seinen Dutzenden von Literatur-Quellen und Verweisen auf TV-Beiträge und Umfragen ist diese Website eine wichtige Informationsquelle zu diesem Thema.


214) Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst verwendet das "generische Maskulinum" (30.07.2022)

Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) mit Sitz im Bonner Haus der Kultur wurde 1968 zur Wahrnehmung der Rechte von Urhebern gegründet; sie verwertet also die Werke der von ihr vertretenen Fotografen, Designer, Karikaturisten, Pressezeichner, Bildagenturen etc. Auf ihrer Mitgliederversammlung im Juli 2022 beschloß sie für die eingenommenen Gebühren einen Verteilungsplan, in dem "der besseren Lesbarkeit halber das generische Maskulinum verwendet" wird. Kommentar:
    Der Beschluß, sich dem mit hohem moralischen Anspruch, aber auch mit hohem Schaden an der deutschen Sprache verbreiteten "Gendern" zu verweigern, ist natürlich zu begrüßen, er sollte für eine der Kultur dienende Organisation selbstverständlich sein und bedarf eigentlich keiner Begründung. Die Begründung, dies "der besseren Lesbarkeit halber" zu tun, ist allerdings schwach, leistet sie doch der impliziten Unterstellung Vorschub, die VG Bild-Kunst verwende das "generische Maskulinum" nur mit Rücksicht auf die (ansonsten überforderte?) Leserschaft und hätte prinzipiell gegen das "Gendern" nichts einzuwenden. So wichtig die Lesbarkeit ist, so widersprüchlich und unsinnig ist das Postulat des "generische Maskulinums":

Die VG Bild-Kunst gendert nicht (30.7.2022)

213) Humboldt-Universität sagt Gender-Vortrag ab (03.07.2022)

Ein Vortrag der Biologin Marie Luise Vollbrecht, den sie heute (am Sonntagvormittag) an der Humboldt-Universität (HU) zum Thema 'Geschlecht und Gender' halten sollte, wurde nach Studenten-Protesten durch die HU abgesagt (Quellen: SPIEGEL Wissenschaft, FAZ). Der Vortrag der wissenschaftliche HU-Mitarbeiterin war im Rahmen der "Langen Nacht der Wissenschaften" angekündigt unter dem Titel "Geschlecht ist nicht gleich Geschlecht. Sex, Gender und warum es in der Biologie nur zwei Geschlechter gibt". Ein vom "Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der Humboldt Uni Berlin" lancierter Aufruf forderte: "Keine Bühne für die Co-Autorin von Statements einer 'biologischen Realität der Zweigeschlechtlichkeit'". Während des Vortrags sollte gegen diesen protestiert werden: "An unserer Uni gibt es keinen Platz für Queerfeindlichkeit. Wir sehen uns auf der Straße!"
    Ihre kurzfristige Absage des Vortrages begründete die HU nicht inhaltlich, sondern mit "Sicherheitsbedenken": Sie sei von der Polizei informiert worden, daß zum Auftritt der Doktorandin eine Protestaktion geplant und eine Gegendemonstration zu erwarten gewesen sei. Gleichzeitig aber distanziert sich die Universitätssprecherin ausdrücklich von früheren Aussagen der Biologin in der Zeitung Die Welt. Die HU beabsichtige, "einen Folgetermin zum Thema zu organisieren, bei dem Frau Vollbrecht aber auch Vertreter:innen von RefRat und Trans-Gruppen eingeladen werden".
    Die Biologin selbst äußert nun gegenüber der BILD-Zeitung, das Einknicken vor radikalen gewaltbereiten Aktivisten, die kein Verständnis von Biologie haben, sei verständlich, aber alarmierend. Der Vorfall sei ein weiteres Beispiel, "mit welchen radikalen Mitteln Genderideologen vorgehen". Die Bildungs- und Wissenschaftsministerin, Bettina Stark-Watzinger (FDP), kritisierte in der BILD-Zeitung die HU: "Es darf nicht in der Hand von Aktivisten liegen, welche Positionen gehört werden dürfen und welche nicht. Wissenschaft lebt von Freiheit und Debatte. Das müssen alle aushalten." Kommentar:
    Es ging bzw. geht im Vortrag der Biologin um den Unterschied zwischen dem biologischen Geschlecht und der Zuschreibung einer sozialen Geschlechterrolle ("Gender"). Diesen Unterschied stellen Gender-Ideologen in Abrede, was schlicht postuliert, es gebe mehrere biologischen Geschlechter. Die Behauptung erinnert nicht zufällig an die bekannte (linguistisch falsche) Gleichsetzung von Sexus (dem biologischen Geschlecht wie in Biologin) und Genus (dem grammatischem Geschlecht: der, die, das) durch Sprach-Feministen – im Grunde ist sie die "logische" Fortsetzung. Der Plan, einen naturwissenschaftlichen Vortrag nur unter Beteiligung ideologisch motivierter Kritiker nachzuholen, ist keineswegs Ausdruck "ausgewogener" Wissenschaftspolitik, sondern der Versuch, unliebsame naturwissenschaftliche Positionen von vornherein als fargwürdig und somit korrekturbedürftig zu deskreditieren.


212) CDU-Politiker fordert Verbot der "Gendersprache" bei staatlichen Stellen (24.05.2021)

Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß fordert ein Verbot der "Gendersprache" bei staatlichen Stellen. Berliner Morgenpost, Börsenblatt, Potsdamer Neueste Nachrichten, Tagesspiegel, die ZEIT etc. zitieren Ploß mit den Worten: "Zu Hause am Abendbrottisch sollte selbstverständlich jeder, der das möchte, nach Herzenslust gendern können. Aber von Beamten, Lehrkräften und Dozenten erwarte ich, dass sie im Dienst gültige Regeln und Normen nicht einfach willkürlich verändern." Ploß kritisiert, daß in "staatlichen Einrichtungen eine grammatisch falsche, künstliche und ideologisch motivierte Gendersprache verwendet wird, die ständig das Trennende betont." "Gender-Sprache" sei nicht nur grammatisch falsch, sie stehe auch für den Trend, "dass in unserer Gesellschaft Menschen immer stärker in Kollektive eingeordnet werden": Es gehe immer öfter nur noch um die Hautfarbe, um die sexuelle Orientierung oder ums Geschlecht. Ploß möchte das Verbot der "Gendersprache" ins gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU aufnehmen.


211) Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" zur "geschlechtergerechten Schreibung" (26.03.2021)

Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" bekräftigt in seiner heutigen Mitteilung zur "geschlechtergerechten Schreibung" seine Auffassung, daß "allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll und sie sensibel angesprochen werden sollen." Dies sei allerdings eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aufgabe, die nicht allein mit orthographischen Regeln und Änderungen der Rechtschreibung gelöst werden könne. Das Amtliche Regelwerk gelte für Schulen, Verwaltung und Rechtspflege. Der Rat empfehle vor diesem Hintergrund die Aufnahme von Asterisk bzw. "Gender-Stern", Unterstrich ("Gender-Gap"), Doppelpunkt oder anderen verkürzten Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinnern in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu diesem Zeitpunkt nicht. Eine zweiseitige Pressemitteilung "Die Entwicklung und Bewertung des Themas „Geschlechtergerechte Schreibung“ in der Beobachtung des Schreibgebrauchs 2018–2020" ist als "Rat für deutsche Rechtschreibung" zur "geschlechtergerechten Schreibung" im Internet verfügbar. Kommentar:
    Eigentlich ist die Nichtempfehlung vermeintlich "geschlechtergerechter Schreibung" eine Selbstverständlichkeit: Nach § 23 Abs. 1 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) ist die Amtssprache deutsch; entsprechende Regelungen enthalten § 19 Abs. 1 SGB X (Sozialgesetzbuch), § 87 AO (Abgabenordnung) und § 184 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz). Dabei ist Deutsch als Amtssprache nicht nur die obligatorische Sprache für die Personen bzw. Antragsteller, die sich an Behörden wenden, sondern auch für die Behörden selbst. "Genderdeutsch" hingegen stellt mit seinen zahlreichen lexikalischen, grammatischen und orthographischen Abweichungen einen Jargon dar: im sprachwissenschaftlichen Sinne eine nicht standardisierte Sprachvarietät bzw. einen Soziolekt, wie er als "Sondersprache" in einem beruflich, gesellschaftlich, politisch oder kulturell definierten sozialen Milieu bzw. einer Subkultur ("Szene") verwendet wird. Ein Gremium, das sich selbst als "die maßgebende Instanz für die deutsche Rechtschreibung" bezeichnet, sollte einen solchen Jargon nicht nur als ideologisch motivierte Minderheitensprache aus dem Amtlichen Regelwerk heraushalten, sondern seinen Nichtgebrauch bei allen staatlichen Stellen anmahnen.
    Die "Beobachtung des Schreibgebrauchs 2018–2020" ist im übrigen nicht wörtlich zu nehmen: Der Rat hatte schon seit seiner Gründung 2004 (wie zuvor die "Zwischenstaatliche Kommission") das "beobachtet", was er (bzw. sie) zugleich half, gegen den Willen der Bevölkerung mit staatlichen Zwangsmaßnahmen durchzusetzen: die "Rechtschreibreform". Nun will der Rat "beobachten", was Medien und staatliche Stellen auch unter Mißachtung bestehender Gesetze (siehe oben) den Bürgern in ihren Mitteilungen und sogar in Formularen aufnötigen: das "Gendern". Eine wissenschaftliche Untersuchung und Beschreibung der natürlichen Entwicklung der gesprochenen und geschriebenen Sprache ist es offensichtlich nicht.


210) Theodor Ickler: Neuerscheinung über den "Der Rat für deutsche Rechtschreibung" (26.02.2021)

Der renommierte Germanist Theodor Ickler veröffentlicht im Verlag Frank & Timme sein Buch Der Rat für deutsche Rechtschreibung in Dokumenten und Kommentaren. Als ehemaliges Mitglied erinnert an die Gründung des Rates als Nachfolger der "Zwischenstaatlichen Kommission" und dessen (offizielle und tatsächliche) Zielsetzung und zeichnet die Entwicklung der inhaltlichen Diskussion nach: weg von sprachwissenschaftlichen hin zu den wirtschaftlichen Interessen der "Verbändeallianz" der Schulbuchverlage. Dabei wird deutlich, wie solche Abhängigkeiten die inhaltliche Arbeit des Rates lähmten. Zahlreiche Dokumente und zeitgenössische Kommentare wie auch Kommentare aus heutiger Sicht offenbaren die Dynamik der jüngsten Phase der "Rechtschreibreform". Abschließend dokumentiert Ickler die Verluste, die durch das "Ausmisten"(!) in Schul- und Jugendbüchereien entstanden sind.


209) Experten kritisieren den "gegenderten" Duden (14.02.2021)

Verschiedene Medien (Aachener Nachrichten am 14.02.2021, Badische Neueste Nachrichten am 14.02.2021, Berliner Zeitung am 14.02.2021, Donaukurier am 14.02.2021, Frankfurter Rundschau am 07.01.2021, Sonntagsblatt am 09.01.2021, Die Welt am 23.01.2021, Die Welt am 14.02.2021 etc.) berichten, der Duden sei künftig "gegendert", und das konsequent: Eine Personenbezeichnung wie Mieter, Einwohner, Ärzte etc. beziehe sich nur (noch) auf männliche Personen, Frauen seien damit nicht (mehr) gemeint, das generische Maskulinum existiere nicht (mehr). Folglich nimmt der Duden Personenbezeichnungen doppelt auf: mit der "männlichen" Form und der abgeleiteten "weiblichen" Form. Zur Begründung behaupte der Duden-Verlag: "Die männlichen Formen waren nie geschlechtsneutral, wir präzisieren im Rahmen der kontinuierlichen redaktionellen Arbeit an unseren Inhalten lediglich die Bedeutungsangaben." Experten (etwa die Sprachwissenschaftlerinnen Prof. Ursula Bredel, Dr. Ewa Trutkowski, Prof. Angelika Wöllstein, Prof. Gisela Zifonun etc.) halten dieses Vorgehen für fatal, die Gleichsetzung des grammatischen Geschlechts (Genus) mit dem natürlichen Geschlecht (Sexus) entspreche nicht der Systematik des Deutschen etc.
    Kommentar: Was einst als kritisierender Witz gemeint war, nämlich daß Feministen den Unterschied zwischen dem grammatischen und biologischen Geschlecht nicht kennen, ist in der Duden-Redaktion Wirklichkeit geworden. Offenbar glaubt die Redaktion, jetzt die Früchte jahrelanger Indoktrination insbesondere durch die Medien ernten zu können: Wenn man Personen immer doppelt (mit "weiblichem" und "männlichen" Genus: "Patientinnen und Patienten" etc.) nennt, schleicht sich bei unsicheren Sprechern der deutschen Sprache irgendwann das Gefühl ein, mit Patienten, Zuschauern etc. seien vielleicht tatsächlich immer nur männliche gemeint: sonst würden ja weibliche nicht zusätzlich genannt. Keinen separaten Eintrag allerdings billigt der Duden intersexuellen Menschen zu, obwohl das Bundesverfassungsgericht vom 10.10.2017 den Gesetzgeber anwies 198, für einen dritten Geschlechtseintrag im Geburtenregister zu sorgen. Die Duden-Redaktion stört auch nicht, daß nach ihrer "Logik" der Mensch nur männlich sein kann, eine Person ausschließlich eine Frau und ein Mitglied nur einen Menschen ohne biologisches Geschlecht bezeichnen kann.
    Das wissenschaftsfeindliche Denken und Handeln des Duden ist nicht neu: Hatte er bis zur 20., gesamtdeutschen Ausgabe den deutschen Wortschatz sprachwissenschaftlich ermittelt und seine Rechtschreibung dokumentiert, aber der Sprachgemeinschaft nicht vorgeschrieben, so brach er mit dieser deskriptiven, wissenschaftlichen Tradition in seiner 21. Auflage von 1996: Erst machte er sich zum Erfüllungsgehilfen der staatlichen Rechtschreib-Zwangsreform, dann entschied er selber, welche Schreibweisen zu bevorzugen oder die einzig richtigen seien. Nun maßt sich der Verlag die Entscheidung an, welche Wörter es gibt bzw. geben darf und welches biologische Geschlecht (Sexus) sie bezeichnen. Der Versuch, die Bedeutung von Wörtern zu ändern, erinnert fatal an das Newspeak in George Orwells Roman 1984. Offen ist, wem der Verlag damit mehr schadet: der deutschen Sprache oder sich selbst!? Wenn die (sprach)wissenschaftliche Gemeinde, Politiker, Amtsleiter etc. endlich aufwachen, könnte der Duden zu einem Nischenprodukt, zur "Mao-Bibel" einiger Sprachideologen werden ...


208) Das IDS veröffentlicht ca. 1000 Neologismen zur Corona-Pandemie (07.12.2020)

Das Leibniz-Institut für deutsche Sprache (IDS) befaßt sich u. a. mit Neologismen im allgemeinen und im besonderen "Neologismen – Neuer Wortschatz rund um die Coronapandemie". Heute veröffentlicht das Institut eine lange Liste neuer lexikalischer Einheiten, die zwischen 2010 und 2020 im Deutschen aufgekommen sind, darunter in seinem Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch (OWID) eine Liste etwa 1.000 "neue Wörter sowie bekannte Wörter mit neuen Bedeutungen, die seit Beginn der COVID-19-Pandemie aufgekommen sind".


207) Rechtschreib-Duden: 28. Auflage mit 3.000 neuen Wörtern (12.08.2020)

Die heute erschienene 28. Auflage des Rechtschreib-Dudens ist mit 148.000 Stichwörtern die bislang umfangreichste: Auf 1.296 Seiten sind ca. 3.000 neuen Wörter hinzugekommen (z. B. Fridays for Future, Gendersternchen, Lockdown, Mikroplastik, Videobeweis, Zwinkersmiley), außerdem Hinweise zur "geschlechtergerechten Sprache". Gestrichen wurden hingegen ca. 300 vermeintlich veraltete Wörter, z. B. Aufgebotsschein, Fernsprechapparat, Jägersmann, Jungfernkranz, Standesehre, Wolfsrachen. Laut Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum spiegele der Duden den aktuellen Sprachgebrauch in Deutschland wider. Der Verein Deutsche Sprache (VDS) allerdings kritisiert die Duden-Hinweise zur geschlechtergerechten Sprache, sein Vorsitzender, Walter Krämer, teilt auf der VDS-Website mit: "Das, was einige Städte beim Gendern treiben, ist vorauseilender Gehorsam einer vermeintlich politisch korrekten Sprache, die in der Bevölkerung keinen Rückhalt hat; es muss endlich Schluss sein, dass Einzelne von oben herab entscheiden wollen, wie sich Sprache zu entwickeln hat." Kommentar:
    Als der Duden mit seiner 21. Auflage die staatliche "Rechtschreibreform" umsetzte und so gegen den konventionellen Sprachgebrauch und Willen der Sprachgemeinschaft unterstützte, beendete er eine jahrzehntelange deskriptive, sprich: wissenschaftliche Tradition. Seine seither gepflegte präskriptive Ideologie läßt den Duden längst auch die "geschlechtergerechte Sprache" fördern: mit weiblichen Substantiv-Formen, die den Unterschied von Genus (dem grammatischen "Geschlecht") und Sexus (der Markierung des biologischen Geschlechts) ignorieren und so eigene weibliche Lexeme postulieren, und neuerdings dem "Gender-Sternchen", das weder der amtlichen Rechtschreibung noch dem Schreibgebrauch entspricht. Die VDS-Kritik ist hier also sehr berechtigt; um so unverständlicher erscheint, daß der VDS einst die "Rechtschreibreform" übernahm, obwohl sie in der Bevölkerung keinen Rückhalt hatte.


206) "Vom Gendern zu politischen Rändern" (22.07.2020)

Die Neue Zürcher Zeitung veröffentlicht in ihrem Feuilleton eine sprachwissenschaftlich Abrechnung mit der vermeintlich "gendergerechten Sprache": Vom Gendern zu politischen Rändern von Ewa Trutkowski. Die promovierte Sprachwissenschaftlerin thematisiert zunächst die gerne verwechselten Begriffe des grammatischen versus biologischen Geschlechts: "Gendern, also die Nutzung sogenannter gendergerechter Sprache, kann als Konsequenz der Vermengung des Merkmals Genus mit dem Merkmal Sexus angesehen werden." Gegenstände haben stets ein Genus, aber, weil unbelebt, keinen Sexus: eine "Schuhin" z. B. wird es nie geben. Auch eine Institution wie die Kirche ist kein belebtes Wesen, hat folglich keinen Sexus und ist also auch nicht als "Arbeitgeberin" zu bezeichnen. Die (vermeintlich) männlichen statt generischen Assoziationen maskuliner Nomina seien zwar ein beliebtes, aber untaugliches Argument der Gender-Aktivisten: Würden Genus-lose Sprachen wie Türkisch oder Ungarisch die Geschlechtergerechtigkeit fördern, wären die Türkei und Ungarn weit vorn in Sachen Gleichberechtigung. Trutkowski warnt denn auch vor der Illusion, "durch eine veränderte Sprachnorm politische Versäumnisse heilen und soziale Realitäten umstülpen zu können", und kritisiert die "moralische Aufladung" der Diskussion: "Wer gendert, ist lieb und links. Wer es nicht tut – und auch nicht tun will –, böse und rechts." Ihr Betrag endet mit der Feststellung: "Auch einige Linguisten möchten sich, wie es scheint, hier einreihen: Sie verlinken die Kritik an Gendersprache mit traditionellen Gesellschaftsvorstellungen und weisen denjenigen, die sich aus was für Gründen auch immer gegen die Verwendung sogenannter gendergerechter Sprache aussprechen, implizit ein Plätzchen in der politisch konservativen bis rechten Ecke zu. Mit intellektueller Differenziertheit oder gar Wissenschaft hat das nicht viel zu tun, aber es passt zu der allgemeinen Tendenz, Wissen durch Haltung und Erkenntnis durch Betroffenheit zu ersetzen."


205) Rechtschreib-Diversität (Juli 2020)

Die 115 2006 dekretierte "Rechtschreibreform" hat auch im Jahre 2020 ihr vermeintliches Ziel einer "einheitlichen Rechtschreibung" nicht erreichen können: Einerseits haben ihre vielen Mitläufer im öffentlichen, wirtschaftlichen und privaten Bereich ihre teils widersprüchlichen Phasen oft nicht vollständig verstanden: Sie schreiben unwissentlich teilweise nach Maßgabe älterer Reformregelungen oder gar der konventionellen Rechtschreibung, teilweise "hyperkorrekt" gemäß eigener, aus Unkenntnis genährter und übertreibender Interpretationen der "Reform" – das ss auch nach langen Vokalen und Diphthongen ist dafür nur ein Beispiel. Andererseits halten etliche Schreiber bewußt an der konventionellen Rechtschreibung fest, während andere resigniert haben und Rechtschreibung nicht mehr als vorrangig anzustrebende Kulturtechnik betrachten. Die Folge ist das orthographische Chaos, das überall in Zeitungen und Briefen, auf Plakaten und Flugblättern zu finden und auch in unseren Schulen nicht zu bändigen ist. Die beiden folgenden Fotos wurden am selben Tag und Ort aufgenommen:
    Das erste Foto erweckt den Anschein, es hätte die sogenannte Rechtschreibreform nie gegeben. Das daß könnte ein Versehen sein, aber auch ein kalkuliertes Zugeständnis einer Marketing-Abteilung an ein im besten Sinne konservatives Publikum. Das andere Foto zeigt nach kurzem u erst ein "reformiertes" ss, dann aber ein konventionelles ß – was soll's?

Du hast es satt, daß ...   Schluss: Alles muß rauß

204) Aufruf des VDS "Schluss mit Gender-Unfug!" (06.03.2019)

Die Verein deutscher Sprache startet einen Aufruf: "Aus Sorge um die zunehmenden, durch das Bestreben nach mehr Geschlechtergerechtigkeit motivierten zerstörerischen Eingriffe in die deutsche Sprache wenden sich Monika Maron, Wolf Schneider, Walter Krämer und Josef Kraus mit diesem Aufruf an die Öffentlichkeit:"

Ein Aufruf zum Widerstand
Die sogenannte gendergerechte Sprache beruht erstens auf einem Generalirrtum, erzeugt zweitens eine Fülle lächerlicher Sprachgebilde und ist drittens konsequent gar nicht durchzuhalten. Und viertens ist sie auch kein Beitrag zur Besserstellung der Frau in der Gesellschaft.
    Der Generalirrtum: Zwischen dem natürlichen und dem grammatischen Geschlecht bestehe ein fester Zusammenhang. Er besteht absolut nicht. Der Löwe, die Giraffe, das Pferd. Und keinen stört es, dass alles Weibliche sich seit 1000 Jahren von dem Wort "das Weib" ableitet.
    Die lächerlichen Sprachgebilde: Die Radfahrenden, die Fahrzeugführenden sind schon in die Straßenverkehrsordnung vorgedrungen, die Studierenden haben die Universitäten erobert, die Arbeitnehmenden viele Betriebe. Der Große Duden treibt die Gendergerechtigkeit inzwischen so weit, dass er Luftpiratinnen als eigenes Stichwort verzeichnet und Idiotinnen auch. Und dazu kommt in jüngster Zeit als weitere Verrenkung noch der seltsame Gender-Stern.
    Nicht durchzuhalten: Wie kommt der Bürgermeister dazu, sich bei den Wählerinnen und Wählern zu bedanken – ohne einzusehen, dass er sich natürlich „Bürgerinnen- und Bürgermeister“ nennen müsste? Wie lange können wir noch auf ein Einwohnerinnen- und Einwohnermeldeamt verzichten? Wie ertragen wir es, in der Fernsehwerbung täglich dutzendfach zu hören, wir sollten uns über Risiken und Nebenwirkungen bei unserm Arzt oder Apotheker informieren? Warum fehlt im Duden das Stichwort „Christinnentum“ – da er doch die Christin vom Christen unterscheidet?
    Und dann tragen solche Verzerrungen der Sprache nicht einmal dazu bei, den Frauen zu mehr Rechten zu verhelfen. Auch im Grundgesetz gibt es dafür kein Indiz: In 13 Artikeln spricht es 20mal vom Bundeskanzler, zusätzlich auch vom „Gewählten“ und vom „Vorgeschlagenen“. Den mehrfachen Aufstieg von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin hat dies nicht behindert, und eine mögliche neue Bundeskanzlerin fühlt sich inmitten dieses Missstands offensichtlich ziemlich wohl.
    Also appellieren wir an Politiker, Behörden, Firmen, Gewerkschaften, Betriebsräte und Journalisten: Setzt die deutsche Sprache gegen diesen Gender-Unfug wieder durch!


203) Hannover dekretiert die "geschlechtergerechte Verwaltungssprache" (22.01.2019)

Die Medien berichten über die Entscheidung der niedersächsischen Landeshauptstadt, die Verwaltungssprache künftig "geschlechterneutral" zu formulieren; selbst die Anreden Herr und Frau seien zu vermeiden. Die für Hannovers 11.000 Mitarbeiter verbindliche Regelung solle den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gerecht werden (Aufnahme eines dritten Geschlechts ins Geburtenregister BVerfG) und betreffe laut einer Presseerklärung sämtlichen offiziellen städtischen Schriftverkehr: alle eMails, Presseartikel, Broschüren, Formulare, Flyer und Briefe. Für Oberbürgermeister Schostok sei das "ein wichtiges Signal und ein weiterer Schritt, alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht anzusprechen." Aus Lehrern werden in Hannover "Lehrende", aus Wählern künftig "Wählende", aus Teilnehmern nun "Personen", aus dem Rednerpult das "Redepult", und, wenn sich keine "geschlechterneutrale Formulierung" finden lasse, dürfe auch das "Gender-Sternchen" zum Einsatz kommen, etwa in der "Dezernent*innenkonferenz". Kommentar:


202) Avenidas von Eugen Gomringer kommt nach Rehau (02.06.2018)

Das in Berlin zensierte 200 Gedicht Avenidas des Lyrikers Eugen Gomringer wird an der Ost-Fassade des Gebäudes Maxplatz 9 in der Heimatstadt Rehau des Lyrikers feierlich eingeweiht. Die neuerliche Präsentation des als sexistisch kritisierten Gedichts in der Rehauer Innenstadt erfolgt auf Beschluß des Stadtrates als Unterstützung für Professor Gomringer, dem am selben Tag der Kulturpreis des Landkreises Hof verliehen wird. Laut DIE WELT soll das Gedicht auch in Bielefeld an eine Fassade gemalt werden.


201) "Kein Anspruch auf weibliche Personenbezeichnungen in Vordrucken und Formularen" (13.03.2018)

Der Bundesgerichtshof verneint in einem Urteil einen Anspruch auf weibliche Personenbezeichnungen in Vordrucken und Formularen. Der Klägerin, einer 80jährigen Rentnerin, entstehe durch "die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen keine Benachteiligung". Sie darf von einer Sparkaasse in Saarbrücken weiterhin als "Kunde", "Kontoinhaber", "Einzahler", "Sparer" etc. bezeichnet werden. Zuvor wiesen bereits das Amtsgericht Saarbrücken (12.02.2016) und das Landgericht Saarbrücken (10.03.2017) die Klage ab.
    Kommentar: Das Urteil vermeidet nach der "Rechtschreibreform" einen weiteren obrigkeitsstaatlichen Eingriff in die deutsche Sprache und setzt ein Zeichen für Vernunft in einer Zeit um sich greifenden "politisch korrekten" Sprechens und "Genderns". Wären grammatisch männliche Wörter wie Kunde, Sparer etc. ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht einer Frau, dann wären grammatisch weibliche Wörter wie Person oder Vertragspartei als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht eines Mannes zu werten, und durch ein grammatisch neutrales Wort wie das Personal könnten sich gar beide Geschlechter benachteiligt fühlen. Hätte die Klägerin obsiegt, würden sich möglicherweise Männer durch generische feminine Bezeichnungen wie die Person mißachtet sehen und z. B. gegen die Beschilderung eines Lifts "Bis 7 Personen" protestieren, und auch intersexuelle Kunden könnten eine eigene Personenbezeichnung fordern, nachdem das BVerfG ihnen im November 2017 198 sinnvollerweise einen dritten Geschlechtseintrag im Geburtenregister zugestanden hat.


200) Ein Gedicht von Eugen Gomringer wird zensiert (23.01.2018)

Ein Gedicht des bolivianisch-schweizerischen Lyrikers Eugen Gomringer wird zensiert: Der Akademische Senat der Alice-Salomon-Hochschule Berlin (ASH) beschließt mehrheitlich, an deren Südfassade das Gedicht Avenidas übermalen zu lassen, das 2011 angebracht wurde, als Gomringer mit dem Poetikpreis der Hochschule ausgezeichnet wurde. Die Empfehlung, künftig alle fünf Jahre dort einen neuen Poetik-Preisträger mit Verszeilen zu Wort kommen zu lassen, ist allerdings nicht der Grund, sondern nur die Folge des Beschlusses: Sein offizieller Grund ist eine behauptete Diskriminierung von Frauen, nämlich deren "Degradierung zu bewunderungswürdigen Objekten im öffentlichen Raum": Der "Allgemeine Studierendenausschuss" (AStA) schrieb am 12.04.2016 in einem offenen Brief an das Rektorat u.a.:
    "Dieses Gedicht reproduziert nicht nur eine klassische patriarchale Kunsttradition, in der Frauen* ausschließlich die schönen Musen sind, die männliche Künstler zu kreativen Taten inspirieren, es erinnert zudem unangenehm an sexuelle Belästigung, der Frauen* alltäglich ausgesetzt sind. [...] Zwar beschreibt Gomringer in seinem Gedicht keineswegs Übergriffe oder sexualisierte Kommentare und doch erinnert es unangenehm daran, dass wir uns als Frauen* nicht in die Öffentlichkeit begeben können, ohne für unser körperliches „Frau*-Sein“ bewundert zu werden. Eine Bewunderung, die häufig unangenehm ist, die zu Angst vor Übergriffen und das konkrete Erleben solcher führt. [...] Eine Entfernung oder Ersetzung des Gedichtes wird an unserem Sicherheitsgefühl nichts ändern. Dennoch wäre es ein Fortschritt in die Richtung, dass es unsere Degradierung zu bewunderungswürdigen Objekten im öffentlichen Raum, die uns Angst macht, nicht auch noch in exakt solchen Momenten poetisch würdigen würde." Zu dem spanischen Gedicht (hier mit deutscher Übersetzung) kann sich jeder ein Urteil bilden:

avenidas
avenidas y flores
flores
flores y mujeres
avenidas
avenidas y mujeres
avenidas y flores y mujeres y
un admirador
  Alleen
Alleen und Blumen
Blumen
Blumen und Frauen
Alleen
Alleen und Frauen
Alleen und Blumen und Frauen und
ein Bewunderer

199) Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" gründet eine AG „Schule“ (18.01.2018)

Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" veröffentlicht seinen Beschluß vom 10.11.2017, eine Arbeitsgruppe „Schule“ einzurichten. Zu seinen – von jeher postulierten – Aufgaben zählt der "Rat" die "ständige Beobachtung der Schreibentwicklung, die Klärung von Zweifelsfällen (der Rechtschreibung) und die Erarbeitung und wissenschaftliche Begründung von Vorschlägen zur Anpassung des Regelwerks an den allgemeinen Wandel der Sprache". Als Aufgabenfelder der AG Schule nennt der "Rat" die "Beobachtung des Schreibgebrauchs, indem sie Ergebnisse zu schulischen Erhebungen bereitstellt" und die "Weiterentwicklung des amtlichen Regelwerks, indem sie vor einer beabsichtigten Änderung eine Folgenabschätzung für den schulischen Bereich vornimmt" und ergänzt: "Die AG Schule ist im Hinblick auf die Vermittlung und Akzeptanz der Ratsergebnisse nach außen unverzichtbar." Kommentar:
    Die "Beobachtung" eines Schreibgebrauchs, der durch Notengebung gegen Abhängige durchgesetzt wird, könnte ja Sinn machen als Feststellung der Rechtschreibleistung an Schulen. Die "Folgenabschätzung für den schulischen Bereich" beweist jedoch, daß der schulische Sprach- und Schreibunterricht weiterhin nicht dem Erlernen der beobachteten Schreibpraxis der Erwachsenenwelt dient, sondern – wie zu Beginn der "Rechtschreibreform" – als Vorwand für staatliche Eingriffe in die Rechtschreibung und als Vehikel ihrer allgemeinen Durchsetzung.


198) BVerfG: weiterer positiver Geschlechtseintrag im Personenstandsrecht (08.11.2017)

Die Medien verbreiten einen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (Aktenzeichen: 1 BvR 2019/16), der vom Gesetzgeber bis Ende 2018 umzusetzen ist: In Zukunft soll es einen dritten Geschlechtseintrag im Geburtenregister geben, also neben männlichen und weiblichen auch intersexuellen Menschen möglich sein, ihre geschlechtliche Identität "positiv" eintragen zu lassen. Grund: Menschen, die mit uneindeutigem Geschlecht geboren wurden, dürfen nicht gezwungen werden, sich entweder dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen zu müssen, denn das verstoße gegen das Personenstandsgesetz und somit auch gegen die Persönlichkeitsrechte. Kommentar:
    Die Entscheidung ist logisch und konsequent – und bringt nun jene Pseudofeministen in die Bredouille, die grammatisch männliche Personenbezeichnungen auf biologisch männliche Personen beschränken und deshalb um grammatisch weibliche Bezeichnungen ergänzen möchten: Wer z.B. "Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen" sagt, diskriminiert damit vorsätzlich intersexuelle Arbeitnehmer!


197) DIE WELT: Interview mit Peter Eisenberg (09.07.2017)

Die überregionale Tageszeitung DIE WELT des Axel-Springer-Verlages veröffentlicht unter der Überschrift "Duden war weise, die Reform frech" ein langes Interview mit Peter Eisenberg. Der Linguist war u. a. von 1990 bis 1992 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft (DGfS), 1993 bis 2005 Professor für Deutsche Sprache der Gegenwart an der Universität Potsdam, 1997 bis 1998 Mitglied der "Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung", aus der er unter Protest gegen die Kultusminister austrat, und 2005 bis 2013 Mitglied im "Rat für deutsche Rechtschreibung", den er ebenfalls unter Protest verließ. Vorgestellt wird er im Interview mit dem einleitenden Satz: "Niemand weiß mehr über das Deutsche als der Linguist Peter Eisenberg." Er sei "der Mann, den Sprachwissenschaftler zitieren, wenn sie anderen Sprachwissenschaftlern beweisen wollen, dass etwas richtig ist." Anlaß für das Interview ist sein neues Buch: Deutsche Orthografie: Regelwerk und Kommentar, wo er u. a. schreibt, die "Reform" sei von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen.
    Eisenberg versucht, die Entstehung der "Rechtschreibreform" zu erklären, und wird mit der Aussage zitiert: "In den Gremien saßen fast nur sogenannte ,Orthografieexperten'. Die haben das Sprachgefühl ignoriert, das die Sprecher im primären Spracherwerb und dann im sekundären in der Schule entwickeln. Eine normative Regelung darf dieses Sprachgefühl nicht konterkarieren und die Leute zwingen, etwas zu schreiben, was sie nicht empfinden." Als Beispiel führt Eisenberg an: " Im Laufe der letzten hundertfünfzig Jahre ist im allgemeinen immer häufiger kleingeschrieben worden. Für einen Grammatiker ist das Ausdruck der Tatsache, dass die Sprecherinnen und Sprecher das Empfinden hatten, hier stehe kein Substantiv: Und in der Tat können Sie zu im allgemeinem beispielsweise keine Attribute hinzufügen. Deswegen hat sich die Kleinschreibung immer weiter durchgesetzt. [...]" Aus dem "Rat für deutsche Rechtschreibung" ausgetreten sei er im Zorn darüber, daß die "Reformulierung des amtlichen Regelwerks" aufgegeben wurde zugunsten einer jahrelangen Erforschung ihrer Schwächen.
    Kommentar: Weiß wirklich niemand "mehr über das Deutsche" als Peter Eisenberg? Wenn er der "Rechtschreibreform" so kritisch gegenübersteht, wie er behauptet, warum schreibt er dann im Titel seines Buches das Wort Orthografie mit f ? Wenn er deskriptiv formuliert "Wir haben immer gesagt: Die Sprache ist, wie sie ist, und wir wollen sie verstehen" und Respekt fordert für das, "was in der Struktur der geschriebenen Sprache an Sprachwissen aufgehoben ist", warum hat er sich dann zweimal an (präskriptiven) Eingriffen in die Sprache beteiligt?


196) Neues "Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung" (29.06.2017)

Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" teilt in einer Pressemitteilung mit, daß das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung in einer aktualisierten Fassung vorliegt. Diese setzt die im "Bericht des Rats für deutsche Rechtschreibung über die Wahrnehmung seiner Aufgaben in der Periode 2011 bis 2016" enthaltenen Änderungen um. Regeln und Wörterverzeichnis betreffen den Großbuchstaben für das ß, die Groß- und Kleinschreibung bei Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv und ungebräuchliche Schreibungen von Fremd- bzw. Lehnwörtern.


195) Dritter Bericht des "Rates für deutsche Rechtschreibung" (08.12.2016)

Zum Ende seiner zweiten Amtszeit übergibt der "Rat für deutsche Rechtschreibung" (namentlich der scheidende Vorsitzende, Prof. Dr. h.c. Zehetmair, und der künftige, Dr. Josef Lange) zusammen mit dem Direktor des Instituts für Deutsche Sprache (Prof. Dr. Ludwig Eichinger) seinen dritten Bericht der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in Deutschland. Der Bericht, der auch an das deutschsprachige Ausland verschickt wird, dokumentiert laut Pressemitteilung des "Rats" "ausführlich, wie die Untersuchung des Schreibens der Medien, in Schriftstücken der Verwaltung, aber auch in schulischen und sonstigen Kontexten, vorging und was sie an Ergebnissen erbracht hat." U. a. empfiehlt der Rat die Einführung eines Großbuchstabens für das ß und die Wiedereinführung der Großschreibung in "Adjektiv-Substantiv-Fügungen" wie z. B. im (nicht unbedingt schwarzen) Schwarzen Brett. Kommentar:
    Die Beobachtung bzw. "Untersuchung" von Schreibungen, die durch Verwaltungshierarchien und Notengebung durchgesetzt werden, ist ein Widerspruch in sich. Immerhin haben laut Pressemitteilung die "Anhörungsverfahren" des "Rates" eine "allgemeine Zustimmung zu diesen Vorschlägen ergeben".


194) BKA: Bewerber scheitern am Deutschtest (03.12.2016)

Das Bundeskriminalamt (BKA) kann offene Stellen nicht besetzen, weil zu viele Bewerber trotz Abitur am Deutschtest scheitern. Wie z. B.  SPIEGELONLINE  berichtet, seien für 2017 im BKA 820 neue Stellen geplant, die Behörde habe jedoch Probleme, freie Stellen zu besetzen, weil viele der Bewerber am Deutschtest scheiterten, der zum Aufnahmeverfahren beim BKA gehöre. Der Grund dafür sei nach Angaben von Andre Schulz (Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, BDK) vor allem der Rechtschreibtest; wörtlich: "Wenn nun auch der Deutschtest reduziert oder gar abgeschafft wird, muss man sich schon fragen, was mit unserem Bildungssystem nicht in Ordnung ist." Das Bundesinnenministerium habe auf Anfrage mitgeteilt, es werde an den Sprachtests festhalten, die Anforderungen sollten allerdings "modernisiert" werden. — Kommentar: Was ist mit modernisiert wohl gemeint? ;-)


193) Schulische Rechtschreibleistungen vor und nach der Rechtschreibreform (07.08.2016)

Die Bild-Zeitung meldet online eine Neuerscheinung des Germanisten Dr. Uwe Grund: Orthographische Regelwerke im Praxistest. Schulische Rechtschreibleistungen vor und nach der Rechtschreibreform. Verlag Frank & Timme, Berlin (250 S., ISBN: 978-3-7329-0279-8, 36 €). Unter der Überschrift "Bilanz nach 20 Jahren Schlechtschreibreform · ‚Fehlerquote an Schulen hat sich vervielfacht’" meldet die Zeitung: "Zwanzig Jahre nach Einführung der Rechtschreibreform an allen deutschen Schulen ziehen Forscher ein vernichtendes Fazit!" und läßt Dr. Grund u. a. kommentieren: "Die größten Probleme treten beim Getrennt- oder Zusammenschreiben auf und bei der Groß- und Kleinschreibung – hier hat sich die Fehlerquote im Schnitt verdoppelt oder sogar vervielfacht" und "Beim ‚Herzstück’ der Reform – Änderungen bei ‚ss/ß’ – haben sich die Erwartungen offensichtlich nicht erfüllt. Bei ‚dass/das’ haben die Schüler, und nicht nur sie, mehr Probleme als früher." (Rezension)


192) Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" wählt einen neuen Vorsitzenden (24.06.2016)

Die Geschäftsstelle am Institut für Deutsche Sprache (IDS) gibt in einer Pressemitteilung die Wahl von Dr. Josef Lange zum Vorsitzenden des "Rates für deutsche Rechtschreibung" bekannt. Dr. Lange war u. a. Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz (1990–2000) und Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (2003–2013). Er wird am 1. Januar 2007 die Nachfolge von Prof. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair antreten, der dem "Rat" seit dessen Gründung 2004 vorsitzt. Dr. Zehetmair wird noch die Sitzung am 28. Oktober 2016 in Weimar leiten, wo der "Rat" seinen dritten Bericht verabschieden und einige Änderungen ("Anpassungen") empfehlen will.


191) "Als der Frisör zum Frisör wurde" (01.12.2015)

Der Bayerische Rundfunk veröffentlicht auf seiner Website (www.br.de) einen Rücklick auf "20 Jahre Rechtschreibreform" unter dem Titel "Als der Friseur zum Frisör wurde". Bereits diese Überschrift ist unsinnig, da schon der konventionelle Duden (z. B. seine 20., neu bearb. und erw. Auflage von 1991) beide Schreibweisen gleichberechtigt aufführt. Die beiden Autorinnen Leonie Sanke und Annette Walter lassen als Reform-Befürworter den Leiter der Sprachberatung bei der Gesellschaft für deutsche Sprache, Lutz Kunsch, u. a. mit dieser Aussage zu Wort kommen: "Was ich auch sehr gut finde, ist die Vereinheitlichung des Doppel-S vor kurzen Konsonanten, z.B. bei Kuss. Das gilt ja seit der Reform standardmäßig." (Kein Kommentar!)


190) Die F.A.Z. diagnostiziert "Chaos im Schreiben und Denken" (01.08.2015)

In der F.A.Z. (FAZ.NET) veröffentlicht Heike Schmoll, Politische Korrespondentin in Berlin, einen Kommentar zur "Rechtschreibreform": "Chaos im Schreiben und Denken". Kommentar zum Kommentar: Schon die ersten beiden unten zitierten Absätze sprechen Klartext, ihre Diagnose dürften so ziemlich alle Kritiker der "Reform" teilen. "Die Verantwortung dafür" tragen allerdings keineswegs nur die Kultusminister, sondern ebenso ihre Mitläufer – und zu diesen gehört bekanntlich auch die F.A.Z.

Zehn Jahre nach der offiziellen Einführung der Rechtschreibreform ist die Bilanz dieses obrigkeitlichen Gewaltaktes der Kultusbürokratie an der Sprache so ernüchternd wie eh und je. Die Rechtschreibreform hat nichts vereinfacht, die Fehler bei „dass“ und dem Relativpronomen „das“ haben sich vervielfacht und niemand wird behaupten können, das liege nur an den Rechtschreibprogrammen der Computer. Ganz im Gegenteil: Ausgerechnet die Kultusminister haben Schülern gegenüber mit langfristigem Erfolg den Eindruck vermittelt, Orthographie sei weniger wichtig, Zeichensetzung weitgehend dem eigenen Stilempfinden überlassen. Inzwischen werden sie die Geister, die sie riefen, nicht mehr los und müssen feststellen, dass Kinder am Ende der Grundschulzeit nicht einmal die kulturellen Standardtechniken beherrschen.
    Der Schaden an der Sprache wiegt weit schwerer. Was Sprachwissenschaftler, Rechtschreibkritiker und nicht zuletzt die Frankfurter Allgemeine Zeitung von Anfang an befürchteten, ist eingetreten. Die Rechtschreibreform hat ausgerechnet in einer Zeit, in der Gleichmacherei ohnehin auf allen Ebenen eingesetzt hat, zu einer sinnentstellenden Entdifferenzierung der Sprache geführt. Das gilt in besonderem Maße für die Getrennt- und Zusammenschreibung. Viele der feinen Unterschiede sind geradezu sprachlich und gedanklich planiert worden.
    Die Verantwortung dafür tragen die Kultusminister [...]


189) Drei Reformgegner fordern die Anerkennung der klassischen Rechtschreibung (31.07.2015)

Am 1. August 2005 war die "Rechtschreibreform" an Schulen eingeführt worden, 2006 zogen Bayern und Nordrhein-Westfalen nach. Nach zehn Jahren schlagen nun auf RP Online drei prominente "Reform"-Gegner in einer gemeinsamen Erklärung vor, "auch diejenige Rechtschreibung nicht als Fehler anzustreichen, wie sie vor der Rechtschreibreform 1996 in den Büchern allgemein verwendet wurde". Die drei Sprachschützer sind der Erlanger Germanist Theodor Ickler (Autor u. a. des Rechtschreib-Wörterbuchs Rechtschreib-Wörterbuchs), der Verleger Matthias Dräger und der als "Rechtschreibrebell" bekannte Friedrich Denk aus Bayern.


188) Ex-Kultusminister Zehetmair (CSU) nennt die "Rechtschreibreform" einen Fehler (29./31.07.2015)

Zeit ONLINE veröffentlicht ein Interview mit dem 2005 für die "Rechtschreibreform" mitverantwortlichen bayerischen CSU-Politiker Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, über das zuvor schon  SPIEGELONLINE  berichtete: Der ehemalige bayerische Kultusminister gibt zu, die Neuregelung sei überflüssig gewesen, und übt auch Selbstkritik: "Ich muss mir vorwerfen, dass ich als Kultusminister nicht frühzeitig die Tragweite erkannt und die Reform in geordnete Bahnen gelenkt habe. Auch viele andere haben Fehler gemacht, aber ich will mich hinter denen nicht verstecken." Der CSU-Politiker hält die Einmischung der Politik in die Rechtschreibung für einen Fehler: "Das sollte nie wieder vorkommen, die Lektion haben alle gelernt." Zehetmaier hatte allerdings schon vor Inkrafttreten der "Reform" geäußert, die Politiker hätten sie nicht machen dürfen; mitgemacht hat er trotzdem.


187) Interessenverband österreichischer Autoren": 16% für "Rechtschreibreform" (15.06.2015)

Das Börsenblatt (das Portal der Buchbranche) berichtet unter der Überschrift Wie Autoren schreiben über eine Umfrage des "Interessenverbands österreichischer Autorinnen und Autoren", die auf der letzten Tagung des "Rates für deutsche Rechtschreibung" vorgestellt wurde. Der Verleger Edmund Jacoby, Mitglied im Rat für den Börsenverein, schreibt u. a.:

Nur 16% der Befragten bekennen sich uneingeschränkt zur gültigen reformierten Rechtschreibung, während fast ebenso viele an der alten Rechtschreibung von vor 1996 festhalten. Die große Mehrheit gab an, von Fall zu Fall zu entscheiden und eigene Regeln zu befolgen. In den meisten Fällen akzeptieren die Verlage diese individuellen Orthographien. [...]
Woran die österreichischen Autorinnen und Autoren mit gutem Grund erinnert haben, ist dieses: Rechtschreibregeln haben nicht nur den Zweck, Schülern das Schreibenlernen zu erleichtern, sondern auch den, Texte möglichst lesbar zu machen. So plädieren sie für eine möglichst klare Satzgliederung durch Kommata, anders als die Reformrechtschreibung, die versucht hat, die Zahl der Kommata zu reduzieren.


186) Teure "Studierendenwerke Baden-Württemberg" (08.10.2014)

Nach Hamburg und Rheinland-Pfalz sollen sich auch die acht Studentenwerke in Baden-Württemberg umbenennen: Auf der Website www.stw-bw.de heißen sie fortan "Studierendenwerke Baden-Württemberg". Grund: Die Hochschulgesetznovelle sieht "geschlechtsneutrale" Bezeichnungen vor, die allerdings etwas kosten, wie der ZOLLERN-ALB-KURIER berichtet: Mit mehreren hunderttausend Euro sei zu rechnen, beklagten die Studentenwerksvertreter bei einer Anhörung im Landtag, da auch Briefköpfe, Schilder und Eintragungen in den Grundbüchern zu ändern seien. Einer Frage des Nürtinger CDU-Abgeordneten Thaddäus Kunzmann, ob amtlicherseits künftig auch mit Bewohnenden statt Bewohnern oder mit Autofahrenden statt Autofahrern zu rechnen sei, wich Wissenschaftsministerin Theresia Bauer mit Hinweis auf eine Verwaltungsvorschrift der Vorgängerregierung aus; danach solle die Gleichberechtigung auch in der Rechtssprache zum Ausdruck kommen, "vorrangig durch geschlechtsneutrale Formulierungen".
    Kommentar: Wieso Studentenwerke nicht geschlechtsneutral seien, wurde natürlich nicht erläutert, das versteht sich unter Ideologen von selbst. Es ließe sich auch nur erläutern, wenn man das grammatische Geschlecht des Studenten bzw. der Studenten mit den biologischen einfach gleichsetzte. Dann wiederum hätte man ein Problem zu erläutern, wo bei dem Tisch neben der grammatischen auch die biologische Männlichkeit zu finden sei. Daß für solchen Unsinn Steuergelder verschwendet werden, erinnert fatal an die "Rechtschreibreform".


185) Die linke Tageszeitung junge Welt schreibt jetzt mit "ss" (03.10.2014)

"In eigener Sache" und unter dem Untertitel "jW in neuem Layout" teilt die Redaktion der jungen Welt um 17:28 Uhr mit:

Mit dieser Ausgabe erscheinen Druck- und Internetausgabe der Tageszeitung junge Welt in neuer Gestalt. In beiden Varianten werden Schriften eingeführt, mit denen im Internet einfacher gearbeitet werden kann. Die Struktur der Seiten und die Abfolge werden im wesentlichen beibehalten, das »Thema« befindet sich ab jetzt auf den Seiten 12/13. Wir folgen damit einem häufig geäußerten Wunsch. Der Onlineauftritt wurde dagegen vollständig umgestaltet und erhielt eine neue technische Basis. In beiden Ausgaben führen wir die Rechtschreibung mit ss statt ß ein. Im übrigen kämpfen wir weiter um den Ruf, auf allen Gebieten dogmatisch zu sein – und das mit leichter Hand.

Kommentar: Fast könnte man den vorletzten Satz überlesen, der so ganz nebenbei auch die Einführung des "ss statt ß" verkündet: Sollte Rechtschreibung etwa ein Layout- oder Schriftenproblem sein? Auch die Formulierung irritiert: Sollte das ß wirklich grundsätzlich durch ss ersetzt werden? Ganz so dogmatisch ist die junge Welt tatsächlich nicht: Zitate leitet sie jetzt ein mit Darin heisst es:, dann zitiert sie aus dem Kriegsjahr 1914 "ein verheißungsvolles Vorzeichen, dass es gerade der deutsche Kronprinz gewesen ist [...]". "Im übrigen" scheint (neben Struktur und Abfolge) die übrige konventionelle Rechtschreibung "im wesentlichen" beibehalten zu werden.
    Ähnliches gilt für die Zeitschrift konkret, die in Heft 10/2014 VON KONKRET beiläufig meldet: "Außerdem verabschiedet sich die Redaktion vom ß – jedenfalls dort, wo der Buchstabe unter Lesern und Leserinnen zunehmend für Irritationen gesorgt hat [...]. Sonst bleibt jedoch alles beim alten – beziehungsweise bei der alten Rechtschreibung."


184) "Frank Schirrmachers Sturheit" im Nachruf (14.06.2014)

Am 12. Juni 2014 starb überraschend im Alter von nur 54 Jahren Frank Schirrmacher, Journalist, Essayist, Buchautor und vor allem: Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 2010 war er zum Journalisten des Jahres gewählt worden, 2013 hatte er mit seinem Buch Ego: Das Spiel des Lebens einen radikalen Egoismus ohne Moral des zum Monster gewandelten homo oeconomicus kritisiert. Stefan Augst (1994–2008 Chefredakteur des Spiegel) beleuchtet zwei Tage später in seinem Nachruf "Ein spätgeborenes Genie" in der F.A.Z. Schirrmachers Umgang mit der "Rechtschreibreform":

Wir trafen uns – eher zufällig – in der Paris-Bar mit Mathias Döpfner und regten uns gemeinsam über die Albernheiten der Rechtschreibreform auf. Die F.A.Z. hatte als einzige Publikation den Unsinn bis dahin nicht mitgemacht. Aber Schirrmacher wusste, dass er auf Dauer nicht allein beim „dass mit sz” bleiben konnte. Wir schmiedeten einen Dreier-Pakt zur Entrümpelung der Rechtschreibreform. Und schafften es am Ende, die größten Absurditäten zu beseitigen. Dann schaltete auch die F.A.Z. um – auf die reformierte Schreibreform. Ohne Frank Schirrmachers Sturheit, seinen Widerwillen gegen die Verhunzung der deutschen Schriftsprache, würde der Duden heute anders aussehen.

Kommentar: So entstehen Legenden. Tatsächlich hatten auch etliche andere Print- und Internet-Medien "den Unsinn bis dahin nicht mitgemacht" – einige haben es bis heute nicht. Und eine große, gemeinsame "Entrümpelung" durch F.A.Z., SPIEGEL und Springer hat es auch nicht gegeben: Von wenigen hauseigenen Schreibweisen abgesehen unterscheiden sich die Druckerzeugnisse der drei Häuser nicht von der offiziellen Schreibregelung; die wenigen Rücknahmen einzelner Schreibweisen wurden von anderen Akteuren durchgesetzt.


Sondermarke "Für Dich", 2014

183) Neue Sondermarke "Für Dich" (01.03.2014)

Die Deutsche Post AG veröffentlicht wieder ein Sonderpostwertzeichen "Für Dich". Das von Jahr zu Jahr wechselnde Herz-Motiv – diesmal mit Huhn und Hase vom Kölner Cartoonisten Peter Gaymann – soll zusammen mit den beiden Wörtern Für Dich "den Charakter des persönlichen Briefes als individuelle und stilvolle Botschaft betonen", wie eine überregionale Zeitung (sueddeutsche.de) vor Jahren schrieb. Persönliche Botschaften verlangen natürlich ein groß geschriebenes Personalpronomen.


182) Der Verein Deutsche Sprache befaßt sich mit der Rechtschreibung (28.02.2014)

Der Verein Deutsche Sprache e.V. (VDS) in Dortmund widmet erstmals ein Heft seiner Sprachnachrichten (aktuell Nr. 61: "Die Rächtschraib-Katerstrofe") der Rechtschreibung, allerdings in Schulschreibung. Auf den Seiten 3–5 ("Maximaldesaster Rechtschreibreform") kommen u. a. Prof. Peter Eisenberg, Prof. Dr. Jörg Meuthen, Stefan Stirnemann und Prof. Dr. Günther Thomé zu Wort. Professor Eisenberg (ehemaliges, jeweils zurückgetretenes Mitglied der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung und später des "Rates für Rechtschreibung") sagt u. a.: "Die sog. Orthographiereform war nicht von der Sache her, sie war politisch motiviert. An der Rechtschreibung selbst gab es ja – besonders im Vergleich zu den Orthographien anderer Sprachen – kaum etwas auszusetzen."


181) Prof. Eisenberg kündigt seine Mitarbeit im Rechtschreibrat (13.11.2013)

Der von der Akademie für Sprache und Dichtung entsandte Potsdamer Linguist Peter Eisenberg kündigt seine Mitarbeit im "Rat für Rechtschreibung". Der Grund ist, wie in der Tageszeitung DIE WELT zu lesen, die Vereinfachung der Kommaregeln, die von Teilen des Rechtschreibrates abgelehnt und nun nicht weiter bearbeitet wird. Dr. Eisenberg ist nicht der erste prominente Sprachwissenschaftler, der sich aus der (Reform der) "Reform" zurückzieht:


180) Dr. Uwe Grund: neue Studien zur "Rechtschreibreform" (02.11.2013)

Auf der Tagung der Forschungsgruppe Deutsche Sprache in Frankfurt/Main im dortigen Diakonissenhaus hält der Germanist Dr. Uwe Grund einen Vortrag: "Rechtschreibleistungen vor und nach der Rechtschreibreform. Versuch einer Bestandsaufnahme zu Klassenstufe 6". Grund hatte schon 2008 152 in einer umfangreichen Studie (Uwe Grund: Vergleichende Studien zu Rechtschreibleistungen in Schülertexten ...–Manuskript) nachgewiesen, daß sich die Fehlerquote in Schülerdiktaten und -aufsätzen im Vergleich zur Fehlerquote vor der Reform erhöht hat; Kritiker machten damals eine zu schmale Datenbasis geltend. Daher hat Grund die Datenbasis stark erweitert und zusätzliche Studien ausgewertet: zwei zum Leistungsstand bei Neuntklässlern (2008 und 2010 im Auftrag der Kultusministerkonferenz) und die vor wenigen Wochen veröffentlichte Erhebung des Gießener Germanistikprofessors Wolfgang Steinig über die Rechtschreibleistungen von Viertklässlern 1972/2001. Insgesamt kann sich Grund somit für diesen Bereich auf ein Korpus von 3,5 Millionen Wörtern stützen.
    Die Auswertung hat ergeben, daß sich die Falschschreibungen seit der Rechtschreibreform in etwa verdoppelt haben. Die Fehlerzahlen sind besonders stark in den Bereichen angestiegen, in denen die Reform eingegriffen hat, also vor allem in der Groß-/Kleinschreibung, der Getrennt-/Zusammenschreibung und der Schreibung von Wörtern mit Wechsel zwischen ss und ß. Beispiele für Falschschreibungen mit ss sind *Sarkassmus, *Kommunissmus oder *Nazissmus, die um so mehr vorkommen, je mehr die alten ß-Schreibweisen wie etwa in *Narzißmus nicht mehr bekannt sind.


179) Neue Osnabrücker Zeitung: "Rechtschreibreform mit Fehlern" (09.09.2013)

Die Neue Osnabrücker Zeitung veröffentlicht unter der Überschrift "Rechtschreibreform mit Fehlern" ein Interview mit dem niedersächsischen Landtagspräsidenten Bernd Busemann (CDU), der von 2003 bis 2008 niedersächsischer Kultusminister war. Nach der Einführung der "Rechtschreibreform" vor 15 Jahren war nach der FAZ auch die Axel Springer AG zur konventionellen Rechtschreibung zurückgekehrt, und neben Schriftstellern, Verlagen, Schulen und Eltern hatten auch etliche Politiker die "Reform" kritisiert. Busemann erläutert, warum die Hoffnungen der Kritiker dennoch enttäuscht wurden: "Weil bereits seit 1998 alle Schülerinnen und Schüler nach den neuen Regeln unterrichtet wurden, war eine vollständige Aufhebung der Reform nicht mehr durchsetzbar." So sei nur noch möglich gewesen, "die schlimmsten Auswüchse der Reform zu verhindern". Auch der Umstand, daß in Schulbuch- und anderen Verlagen bereits viele nach den neuen Regeln gedruckte Bücher druckreif vorlagen, soll nicht unerheblich zu der Entscheidung beigetragen haben.


178) Rechtschreibreform Friedrich Denk zu 15 Jahren Rechtschreibreform (01.08.2013)

Das Onlineportal GMX.net veröffentlicht unter der Überschrift "15 Jahre Rechtschreibreform: Friedrich Denk mag sie immer noch nicht" ein Interview mit dem bekannten, jetzt 70 Jahre alten "Rechtschreib-Rebellen". Denk unterrichtete bis zu seiner Pensionierung Deutsch an Schulen in München, Weilheim (Oberbayern) und London und wohnt heute in Zürich. Außerdem ist er Schriftsteller und Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. Auf die Frage nach seiner Kritik an der Rechtschreibreform antwortet Denk u. a. (Originalzitat nach "reformierten" Regeln): "Zum Ersten war es ein Eingriff von oben in eine gewachsene Schreibung, die sich fast 100 Jahre bewährt hatte. Hunderttausende Schüler, Behördenangestellte und Sekretärinnen mussten umlernen. Mein Sohn hat für seine Magisterarbeit errechnet, dass dadurch Kosten von mehreren Milliarden Euro entstanden sind. Außerdem sind die Regeln inhaltlich unbrauchbar [...]."


177) DER SPIEGEL: "Warum unsere Kinder nicht mehr richtig schreiben lernen" (17.06.2013)

Das Magazin DER SPIEGEL erklärt in einer auf der SPIEGEL-Website nicht frei zugänglichen Titelgeschichte "Warum unsere Kinder nicht mehr richtig schreiben lernen". (Titelbild: Kind mit Tafelanschrieb "Die Rechtschreipkaterstrofe") Der Einlauftext des Artikels lautet: "Die neue Schlechtschreibung · Seit vielen Jahren sind Grundschüler einem deutschlandweiten Feldversuch ausgesetzt: Reformer wollten kreativere Geschöpfe heranziehen. Nun lernen die Kinder nicht mehr richtig schreiben. Experten sprechen von einer Rechtschreibkatastrophe." Von der Rechtschreibreform allerdings ist gar nicht die Rede – ebensowenig von der wichtigen Rolle des heute oft vernachlässigten Lesens für den Rechtschreiberwerb.


176) Hans Zehetmair: "Die Rechtschreibreform ist kein Ruhmesblatt" (17.05.2013)

Der Donaukurier in Ingolstadt veröffentlicht unter der Überschrift "Die Rechtschreibreform ist kein Ruhmesblatt" ein Interview mit dem Vorsitzenden des Rats für deutsche Rechtschreibung und ehemaligen bayerischen Schulminister Hans Zehetmair. Dieser sagt darin unter anderem wörtlich:

Im Rückblick muss man sagen, dass die Rechtschreibreform kein Ruhmesblatt war und ist, weder für die Politik noch für die Wissenschaft. Der Fehler der Politik war, dass wir uns mit dieser Reform nicht befasst haben. [...] Ja, ich schließe mich da nicht aus. [...]
Ich habe das Thema genauso wenig geliebt wie die anderen 16 Kultusminister der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb haben wir die Wissenschaftler einfach machen lassen. [...]
Ich würde sagen, 100 Jahre nach der letzten Rechtschreibreform war es an der Zeit, die Orthografie fortzuschreiben. Dass die Politik das Thema an sich gezogen hat, das sollte sich aber nie mehr wiederholen. Das ist nicht Aufgabe der Politik, und dafür ist sie auch nicht kompetent.

Kommentar: Die zitierten wie auch weitere Äußerungen des CSU-Politikers sind erstaunlich offen, viel offener jedenfalls als zu der Zeit, als die "Rechtschreibreform" von der Politik und Bürokratie rücksichtslos gegen die breite Mehrheit der Bevölkerung in Schulen und Behörden umgesetzt wurde. Daß Politiker, Bürokraten und sogar Wissenschaftler über das, was sie durchsetzen, kaum informiert sind, ist ein Fehler wie auch Skandal, der sich auch für andere Politikfelder belegen läßt. Seine eigene jahrelange Beihilfe zur Vergewaltigung der deutschen Sprache kommentiert Zehetmair mit ein wenig (gespielter?) Selbstkritik – zu einer Zeit, da er aus verspäteten Erkenntnissen keine Konsequenzen mehr ziehen zu müssen glaubt.
    Interessant sind einige Details, etwa der Hinweis: "In der ersten Fassung der Reform waren die Satzzeichen völlig ausgemerzt." Den Hinweis, die "FAZ" weigere sich auch heute noch, Stengel mit ä zu schreiben, kommentiert Zehetmair so: "Zu Recht! Der Stängel gehört zu den Fällen, die wir noch korrigieren müssen."


175) Prof. Wolfgang Steinig: "dass die Rechtschreibung sich wirklich verschlechtert hat." (14.03.2013)

Der Deutschlandfunk veröffentlicht unter der Überschrift Schüler schreiben mit mehr Fehlern – aber fantasievoller ein Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Steinig von der Universität Siegen. Der Professor hat Schüleraufsätze von 1972 und 2002 verglichen und stellt in seiner Studie u. a. fest: " Schüler schreiben heute einfach anders als in den 70er-Jahren. Was wir auf jeden Fall sagen können, ist, dass die Rechtschreibung sich wirklich verschlechtert hat." Dieser Effekt sei allerdings sehr stark schichtspezifisch: Kinder aus der sozialen Unterschicht machen laut Prof. Steinig "enorm viele Fehler, sehr, sehr viel mehr Fehler als in den 70er-Jahren". Dafür gebe es viele Gründe, "auch ökonomisch driftet unsere Gesellschaft immer weiter auseinander." Die "Rechtschreibreform" wird mit keinem Wort erwähnt. Doch wurde nicht nur die Rechtschreibleistung in den genannten Jahren untersucht: "Texte aus dem Jahr 1972, die waren eher in einem nüchtern-berichtenden Modus geschrieben, die waren auch kürzer – nüchterner, kürzer, berichtender. 2002 wurden die Texte fantasievoller, kreativer, erzählerischer [...]."

    Nachtrag: Am 28.03.2013 berichtet  SPIEGELONLINE  in einem ausführlichen Artikel über die Studie.


174) "Karlsruher Straßennamen bald nach neuer Rechtschreibung" (13.10.2012)

Das Online-Medium ka-news.de berichtet in seinem Regionalteil: "Karlsruhe Straßennamen bald nach neuer Rechtschreibung". Danach hat der Karlsruher Gemeinderat "per Offenlage am 2. und 4. Oktober der Anpassung von Straßennamen an die neue Rechtschreibung zugestimmt." Für den stimmlosen s-Laut sei nach kurzem Vokal nun "ss" zu schreiben, Personen- und Städtenamen würden als Eigennamen betrachtet und daher nicht geändert; Flurnamen seien jedoch keine Eigennamen, folglich gebe es nun die "Oberrossweide", "An der Rossweid" etc.
    Kommentar: Unerwähnt bleibt, wie der Gemeinderat die Geldverschwendung für den "angepassten" Stadtplan und neue Straßenschilder vor dem Steuerzahler rechtfertigt. Hörigkeit könnte ein Grund sein, Wissen ist es sicher nicht: Die vermeintliche schlichte Regel, für [s] sei nach kurzem Vokal "ss" zu schreiben, wird immer gerne kolportiert, sie stimmt nur nicht und läßt sich leicht durch Beispiele wie Bus oder Zeugnis widerlegen. Die Unterscheidung zwischen Personen- und Städtenamen einerseits und Flurnamen andererseits ist linguistisch unsinnig und willkürlich: So wären etwa Roßweide oder Aufderhöhe als Stadt(teil), Kreis oder Dorf Eigennamen (Nomina propria), als Flur aber "nur" Gattungsnamen (Appellativa).


173) Der Duden-Verlag zieht von Mannheim nach Berlin (10.09.2012)

Die Frankfurter Allgemeine berichtet in ihrem Wirtschaftsteil: "Der angeschlagene Duden-Verlag zieht von Mannheim nach Berlin". Die in Berlin in der Mecklenburgischen Straße ansässige Franz Cornelsen Bildungsholding, bekannt für ihre Schulbuch-Verlage, übernahm 2009 Teile des Duden-Verlages. Dieser solle nur noch mit einem Restbestand von 30 Mitarbeitern in Mannheim bleiben. Der Duden "soll in Berlin weitergeführt und ausgebaut werden", wann die nächste Duden-Auflage komme, sei noch nicht sicher. Wörtlich endet der Artikel: "Eigentlich alle drei bis fünf Jahre; je nachdem wie schnell sich die Sprache verändere, werde der Duden neu aufgelegt."
    Kommentar: Die unkommentierte, unwidersprochene Formulierung, daß "sich" die Sprache quasi selbst verändere, ist gerade für die F.A.Z beschämend: Die große überregionale Tages- und Wochenzeitung hatte bekanntlich jahrelang die "Rechtschreibreform" kritisiert und bekämpft und sich ihr verweigert, bevor sie sich am 1.1.2007 FAZ der Schulschreibung beugte.


172) Hamburger Abendblatt: "Die Rechtschreibreform – ein Riesenfehler" (01.08.2012) Claudia Ludwig: Die Rechtschreibreform – ein Riesenfehler

Das Hamburger Abendblatt druckt einen reformkritischen Artikel von Claudia Ludwig, einer Lehrerin, Kommunikationstrainerin, Autorin und neuerdings Verlegerin, die Gegnern der "Rechtschreibreform" u. a. durch ein Büchlein aus dem Stolz-Verlag bekannt ist: Der große ›Blöff‹ · Neue deutsche Rechtschreibung: einfach unlernbar. Der Beitrag ist auch unter www.rechtschreibung.com veröffentlicht und wird dort wie auch unter www.sprachforschung.org kommentiert. Hier wird er auf einer Claudia Ludwig: Die Rechtschreibreform – ein Riesenfehler Extraseite archiviert.


171) Bundespräsident Christian Wulff tritt zurück (17.02.2012)

Ein günstiger Privatkredit, kostenlose Urlaube bei Unternehmern, die staatliche Mitfinanzierung einer Lobby-Veranstaltung etc.: Solche und andere Verdächtigungen und Vorwürfe führen zum Rücktritt des Bundespräsidenten, nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover einen Anfangsverdacht hegte und Wulffs Immunität aufheben lassen wollte. In der Kritik stand er über zwei Monate lang allerdings nicht als Bundespräsident, sondern als ehemaliger niedersächsischer Ministerpräsident. In dieser Funktion (und zugleich als stellvertretender CDU-Chef) ist er auch den Kritikern der Rechtschreib-"Reform" in schlechter Erinnerung:
   Mitte 2004 Nachricht 27 forderte er, bis auf wenige Ausnahmen zur bewährten Rechtschreibung zurückzukehren: Bei der korrekten Schreibweise dürfe es keine Grauzonen geben, bei der Getrennt- und Zusammenschreibung etwa sollten wieder die konventionellen Regeln verbindlich gelten, er wollte "lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende". Die Verantwortlichen griff Wulff damals scharf an: "Die Reform ist der Arroganz vermeintlicher Experten und der zuständigen Gremien geschuldet. Nie wurde beachtet, dass Sprache gewachsenes Kulturgut und dem Zugriff der Politik in hohem Maße entzogen ist." Den "Rat für deutsche Rechtschreibung" hielt er für überflüssig, die Regierungschefs der Länder sollten sich mit der Reform befassen, die Kultusministerkonferenz habe das Projekt jahrelang unkritisch gedeckt, von ihr sei Einsicht oder gar eine Rücknahme nicht zu erwarten.
    Im August 2004 Nachricht 41 verlieh ihm die Bild-Zeitung als erstem (und letztem) Preisträger den Orden "Retter der deutschen Sprache" – was sich schnell als doppelte Heuchelei erwies. Noch im September 2004 Nachricht 51 war ihm die mangelnde Akzeptanz der "Reform" in der Bevölkerung zu wichtig, um sie einfach zu übersehen. Er forderte, "endlich den Knoten zu durchschlagen und zur bewährten Rechtschreibung zurückzukehren".
    Im Oktober 2004 Nachricht 57 aber stimmte der niedersächsischer Ministerpräsident für die Einführung der "Reform" zum 1.8.2005 und ließ eine Petition Nachricht 75 Stellungnahme des Niedersächsischen Kultusministeriums gegen sie mit fadenscheinigen Begründungen abschmettern. Im Juli 2005 Nachricht 89 folgte er nicht einmal der Entscheidung Bayerns und Nordrhein-Westfalens, die Übergangszeit für die "Rechtschreibreform" wegen der anhaltenden Beratungen des "Rates für deutsche Rechtschreibung" über den 1. August hinaus zu verlängern. Am 30.03.2006 Nachricht 105 erklärte Wulff auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK): "Es ist viel Chaos angerichtet und bisher keines der Ziele der ursprünglichen Absichten erreicht worden." Die Rechtschreibung sei nicht klarer und einfacher geworden, es gebe nicht weniger, sondern mehr Fehler. Ob er damit auch seine eigenen Fehler in Sachen RSR meinte – oder gar in die Zukunft blickte?


170) KMK: "Rechtschreibreform" ohne Erfolgskontrolle (16.02.2012)

Die Mainpost berichtet unter der Überschrift "Mammutprojekt Rechtschreibreform ohne Erfolgskontrolle", eine nationale Vergleichsstudie zur "Rechtschreibreform" sei nie gemacht worden. Die Zeitung zitiert die Sprecherin der Kultusministerkonferenz (KMK), die auf Anfrage erklärte: "Leider haben wir niemanden im Haus, der über Leistungen von Schülern vor und nach der Reform oder Auswirkungen der Reform auf sie Auskunft geben könnte"; eine wissenschaftliche Untersuchung dazu sei nicht erhoben worden. Die KMK verweist an den 2004 eingesetzten "Rat für Rechtschreibung", dessen Geschäftsführerin, Dr. Kerstin Güthert, erklärte: "Werte von vor der Reform liegen nicht vor"; die Argumentation der Reformbefürworter, Schüler täten sich mit einer reformierten Rechtschreibung leichter, habe "sehr viel auf Annahme" beruht.
    Kommentar: Solche Eingeständnisse beweisen erneut den unwissenschaftlichen Charakter der "Rechtschreibreform" und geben denen recht, die immer wieder Dilettantismus und Sturheit der "Reformer" kritisiert haben. Der Zeitungsartikel selbst ist ebenso kritikwürdig, da er nicht-offizielle Vergleichsstudien (etwa die von Uwe Grund Nachricht 152) unerwähnt läßt und als erklärtes Ziel der "Rechtschreibreform" unkritisch zitiert: "Für Schüler sollte das Schreibenlernen leichter werden und für Schreibende die Schreibregeln leichter verständlich." Das entscheidende Kriterium für die Güte eines Schriftsystem ist jedoch nicht die Leichtigkeit seines Erlernens oder die Verständlichkeit seiner Regeln, sondern allein die Lesbarkeit bzw. Verständlichkeit geschriebener Texte. Wir schreiben, nicht um zu schreiben, sondern um verstanden zu werden.


169) Ratsvorsitzender Zehetmair "besorgt um deutsche Sprache" (29.11.2011)

Der Rat für deutsche Rechtschreibung stellt in einer Pressemitteilung zur deutschen Rechtschreibung fest, daß "im Umgang mit ihr nachlässig verfahren wird." Weiter formuliert die Geschäftsstelle am Institut für Deutsche Sprache (IDS) zu den Ergebnissen der zweiten Sitzung der neuen Amtsperiode des Rates:

In dieser Haltung ist mit eine Ursache dafür zu sehen, dass ungefähr zwanzig Prozent eines Jahrgangs der 15-Jährigen als Analphabeten gelten müssen; ein Zustand, der nicht hingenommen werden darf. Erforderlich ist es daher, dass sich die Sicht auf die Rechtschreibung ändern muss: „Rechtschreibung ist kein Gegenstand, der in Diktaten erlernt wird, sondern gemeinsamer Anstrengung bedarf“, so der Vorsitzende Hans Zehetmair. Rechtschreibung muss eine stärkere Rolle in Schule und Lehrerausbildung einnehmen. Der Rat weiß um die Schwierigkeiten, die bereits in der Vermittlung von Rechtschreibung liegen: Didaktisch an die jeweiligen Jahrgangsstufen angepasste Konzepte sind rar, oftmals wird der betreffende Sachverhalt eins zu eins aus dem amtlichen Regelwerk in die Schulbücher kopiert. [...]

Kommentar: Anpassung an die jeweiligen Jahrgangsstufen – das klingt nach der jedem Lehrer vertrauten didaktischen Reduktion, zeigt aber auch, was von der Propaganda übgriggeblieben ist, das neue Regelwerk mache gerade Schreibanfängern das Erlernen von Rechtschreibung leichter. Die Verantwortlichen an der Rechtschreibmisere machen für den Analphabetismus von angeblich 20% der 15jährigen Schüler die Schulen (mit)verantwortlich; die Lösung erwarten sie ausgerechnet von Lehrern. Wie aber soll jemand ein ideologisch motiviertes, inkonsistentes und fehlerhaftes Machwerk vermitteln, wenn er sich dessen Schwächen aufgrund sprachwissenschaftlicher Kenntnisse bewußter ist als viele andere?


168) "Lesen durch Schreiben" (LdS) produziert mehr Lese- und Rechtschreibschwäche (08.10.2011)

WELT ONLINE berichtet unter der Überschrift Wenn in der Schule Falsches richtig ist über die Methode "Lesen durch Schreiben" (LdS), mit der Schulanfänger Schreiben lernen sollen. Entwickelt wurde sie durch den Schweizer Jürgen Reichen († 2009), der sie am Hamburger Institut für Lehrerfortbildung vermittelte und zugleich als Lehrer unterrichtete. Traditionell lernen Kinder mit einer Lesefibel Buchstabe für Buchstabe und setzen diese dann zusammen. Nach diesem LdS-Konzept hingegen lernen Anfänger zunächst, so zu schreiben, wie sie sprechen: In einer "Anlauttabelle" suchen sie anhand von Bildern die ihnen zu einem Wort passend erscheinenden Buchstaben und schreiben das Wort selbst. 'Rad' wird so meist "Rat" geschrieben und 'Tor' z. B. "Toa", und je nach Aussprache ergeben sich weitere von der Norm abweichende Schreibweisen. Diese werden aber zunächst nicht beanstandet, erst in der dritten Klasse werden die Kinder in der Regel an die offizielle Orthographie herangeführt. Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit wird LdS bereits seit 1995 an deutschen Grundschulen angewendet.
    Anhänger der LdS machen geltend, jeder Schüler könne ohne Fibel nach seinem eigenen Tempo das Schreiben lernen. Daß die so eingeprägten Schreibungen nicht die der Erwachsenenwelt und daher für die Kommunikation ungeeignet sind, stört sie nicht. Kritiker warnen, daß Lese-Rechtschreib-Schwäche bei Kindern durch LdS nach bisherigen Erfahrungen nicht ab-, sondern deutlich zunimmt. Einer der Kritiker ist der pensionierte Lehrer und Fachleiter Günter Jansen, der die Website Grundschulservice betreibt.


167) Hans Zehetmair wird zum Vorsitzenden des Rechtschreibrates wiedergewählt (25.03.2011)

Der ehemalige bayerische Kultusminister Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair wird in geheimer und persönlicher Wahl einstimmig zum Vorsitzenden des "Rates für deutsche Rechtschreibung" wiedergewählt, dessen zweite Amtszeit bis 2016 dauern soll. Der Rat bestätigt die Einrichtung dreier Arbeitsgruppen zu den Themengebieten "Beobachtung des allgemeinen Schreibgebrauchs", "Beobachtung des schulischen Schreibgebrauchs" und "Linguistik" (siehe Pressemitteilung vom 23.03.2011).
    Kommentar: Tatsächlich werden als Erfolgkontrolle vor allem die Ignoranz der Presse und die Wirksamkeit ihrer Rechtschreibprogramme sowie die Dienstbeflissenheit der Lehrer "beobachtet".


166) Der Vorsitzende des "Rats für deutsche Rechtschreibung" zieht Bilanz (27.02.2011)

In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur GmbH (dpa) zieht Hans Zehetmair, der Vorsitzende des Rechtschreibrates, eine bekannte Bilanz. Die Nachrichten-Website www.news.de zitiert den ehemaligen bayerischen Kultusminister zunächst zu den Anfängen der "Reform":

Das ist jetzt meine subjektive Erfahrung: Der Ausgangspunkt, eine umfassende Rechtschreibreform im deutschsprachigen Raum auf den Plan zu bringen, war ein ideologischer. Dass die Politik dann versucht hat, par Ordre de Mufti Verordnungen zu bringen, das war meiner Meinung nach ein Fehler. Und ich habe auch immer gesagt, das darf sich nicht wiederholen. Aber die Emotionalität war eben da und es hat seine Zeit gedauert, bis man sich gegenseitig nicht mehr böse Absicht oder geringeres Wissen unterstellt hat.

Kommentar: Zehetmairs Eingeständnis der ideologischen Motivation der "Reform" bestätigt ebenso wie seine Kritik an ihrer Durchsetzung die Einschätzung der Kritiker. Der Wunsch, das obrigkeitsstaatliche Vorgehen möge sich nicht wiederholen, klingt allerdings seltsam aus dem Mund eines Mannes, der jenes bis heute stützt und in dem Interview behauptet, er habe es geschafft, den "Sprachfrieden" "wieder herzustellen". Entgegen inzwischen gewonnenen Erkenntnissen sagt er sogar über die Kinder in den Schulen:

Sie könnten es leichter haben. Einige Dinge sind leichter geworden: Zum Beispiel die Unterscheidung zwischen scharfem s und Doppel-s. Nach kurzem Vokal gibt es ein Doppel-s, nach langem ein scharfes s.

Kann es wirklich sein, daß der Vorsitzende des Rechtschreibrates bis heute die ss-Regel (und alles andere) nicht verstanden hat?


165) Der Rechtschreibrat reicht seinen zweiten Bericht ein (09.12.2010)

Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" übergibt seinen zweiten Bericht (Amtszeit 2004–2010) offiziell der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Zeitgleich wird er den staatlichen Stellen Österreichs, der Schweiz, des Fürstentums Liechtenstein, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens vorgelegt.
    Der Bericht sieht keine Modifikationen des amtlichen Regelwerks vor, er beschränkt sich auf Empfehlungen, 16 graphische Lehnwort-Varianten (sechs davon "Reform"-Schreibungen) zu streichen und dafür vier weitere zuzulassen. Sie stellen Anpassungen dar an solche bevorzuten Varianten, die im Schreibgebrauch anders dokumentiert worden sind als im bisherigen amtlichen Wörterverzeichnis. Untersucht wurde der Schreibgebrauch nur anhand der elektronischen Korpora des Instituts für Deutsche Sprache und der beiden Wörterbuchverlage Duden und Wahrig.
Empfohlene Streichung von Varianten Empfohlene traditionelle Varianten Empfohlene neue Schreibungen
Butike, Fassette, Kabrio, Katarr, Krem/Kreme, Kupee, Maffia, Maläse, Mohär, Myrre, Scharm (inkl. scharmant), Schikoree, Schose, Sketsch, Sutane, transchieren Boutique, Facette, Cabrio, Katarrh, Creme, Coupé, Mafia, Malaise, Mohair, Myrrhe, Charme (charmant), Chicorée, Chose, Sketch, Soutane, tranchieren Caprice, Clementine, Crème, Schmand: zusätzlich zu den verzeichneten Formen Kaprice/Kaprize (österr.), Klementine, Creme und Schmant
Die Kultusministerkonferenz stimmt der Anregung des Rechtschreibrates zu, ihm die Entscheidungsbefugnis über kleinere Veränderungen des Wörterverzeichnisses zu übertragen, die in der Vergangenheit bei den Wörterbuchverlagen lag. Bisher hat der Rat zehn Sitzungen abgehalten, an denen jeweils 20 bis 31 Mitglieder teilnahmen: jedes durchschnittlich an nur 6,6 Sitzungen.


164) Die SOK verlangt einen Sitz im Rechtschreibrat (13.11.2010)

Die Schweizer SOK hat ihre siebte Tagung im Rahmen des Literaturfestivals BuchBasel durchgeführt und dabei Anspruch auf einen Sitz im Rat für deutsche Rechtschreibung erhoben. Sie begründet dies mit ihrer Rolle als orthographisches Kompetenzzentrum in der Schweiz und der Unterstützung ihrer Empfehlungen durch den Verband Schweizer Presse und die Chefredaktorenkonferenz. Die beiden Erziehungsdirektoren der Kantone Basel-Stadt (Christoph Eymann) und Nidwalden (Res Schmid) haben ihre Unterstützung zugesagt. Während der Tagung hat die SOK ihren neuen "Wegweiser zu einer einheitlichen und sprachrichtigen deutschen Rechtschreibung" vorgestellt


163) Der Rat für deutsche Rechtschreibung tagt in Liechtenstein (02.07.2010)

Die 17. Sitzung des Rates für deutsche Rechtschreibung findet unter dem Vorsitz des Staatsministers a.D. Hans Zehetmair in der Hochschule Liechtenstein statt. U. a. soll es um die Weiterarbeit des Rates nach Ablauf der ersten Berichtsperiode im Oktober 2010 gehen.


162) Der Rat für deutsche Rechtschreibung tagt in Bern (23.04.2010)

Der Rat für deutsche Rechtschreibung, das offizielle Gremium aus Vertretern aus sechs Ländern, das 2004 die "Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung" ablöste, hält auf Einladung der Schweizerischen Bundeskanzlei eine Arbeitssitzung in Bern ab. U. a. soll es um seine Weiterarbeit nach Ablauf der ersten Berichtsperiode im Oktober 2010 gehen.


161) Die "Rechtschreibreform" macht die Rechtschreibung beliebig (17.10.2009)

Die Schwäbische Zeitung (SZ) veröffentlicht ein Interview ("Wir müssen die Leistungen der Jugend würdigen") mit dem baden-württembergischen Kultusminister Helmut Rau. Auf die Frage der SZ, "Woran hapert es heute?" [bei der aktuellen Schülergeneration], antwortet Rau: "Manches, was früher selbstverständlich war, ist es heute offensichtlich nicht mehr in dem Maß. Ein Thema ist die Rechtschreibreform, mit der wir selbst dazu beigetragen haben, dass Rechtschreibung beliebig geworden ist. Die Möglichkeiten und die Art und Weise, sich im Internet und auf dem Handy auszudrücken, tragen auch dazu bei. Ich bedaure diese Verwahrlosung von Sprache, aber Kommunikation ist trotzdem nicht unmöglich geworden."
    Kommentar zu diesem Kommentar: Die beklagte und eingestandene selbstverschuldete Beliebigkeit der offiziellen Rechtschreibung, verursacht durch die vielen, für Normalbürger kaum überschaubaren Varianten der "Reform", besteht zum Glück nur teilweise; sie trägt allerdings zu einer allgemeinen Geringschätzung der Rechtschreibung und dadurch weitgehenden Beliebigkeit der heutigen Schreibpraxis bei.


160) Die "Rechtschreibreform" wird an Schweizer Schulen verbindlich (01.08.2009)

Ungeachtet des Widerstandes der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) und der fehlenden Akzeptanz der Bevölkerung ist die aktuelle "Rechtschreibreform" nach einer Übergangsfrist von vier Jahren notenwirksam: Vom neuen Schuljahr an werden Schulkinder bestraft werden, wenn sie so schreiben, wie sie es täglich in vielen Büchern und Zeitungen lesen.


159) Klett stellt eine Rechtschreib-Datenbank ins Internet (27.07.2009)

Der Stuttgarter Klett-Konzern präsentiert ein neues Internet-Angebot: Unter www.pons.eu erreicht man ein neues "Sprachportal", das auch eine Rechtschreib-Datenbank mit 140.000 Stichwörtern enthält: Neben Funktionen für Übersetzungen in und aus sieben europäische(n) Sprachen gibt es einen Dienst "Französisch–Englisch / Englisch–Französisch" (alle mit automatischer Textübersetzung), ein Bildwörterbuch "Deutsch–Englisch" und "Englisch–Deutsch" und schließlich, als letzten Auswahlpunkt, die "Deutsche Rechtschreibung". Ein Fehler läßt sich dort auch schon ausmachen: 'Rußland' wird, obwohl ein Eigenname, "Russland" geschrieben. Die meisten Funktionen sind zunächst Beta-Versionen, Werbeeinblendungen sichern die Finanzierung, irritieren aber. Das Online-Rechtschreib-Angebot des Dudens ist kostenpflichtig.


158) Die 25. Auflage des Dudens erscheint zeitgleich mit dem neuen Wahrig (21.07.2009)

Die 25. Duden-Auflage enthält erstmals nicht mehr das amtliche Regelwerk, eine Überprüfung, ob die amtlichen Regeln korrekt umgesetzt sind, ist somit im Duden nicht mehr möglich. Die Reformschreibungen sind zudem nicht mehr, wie bisher, rot markiert; die vom Duden – gegen den Rat für deutsche Rechtschreibung – empfohlenen und nach seiner Auffasung rein orthographischen Varianten bleiben zwar gelb unterlegt, stehen aber nun jeweils an erster Stelle – und sind inkonsistent: Furcht einflößend, aber furchterregend, Energie sparend, aber platzsparend, Raum sparend, aber zeitsparend etc. In seinem Bemühen, bei Varianten meist die unübliche Schreibweise durchzusetzen, unterscheidet sich der Duden vom neuen Wahrig (7. Auflage), der die Reformschreibungen weiter in Blau kennzeichnet und sich meist an die von der dpa vorgeschlagene gemeinschaftliche Schreibweise für gedruckte Medien hält. Beide Wörterbücher kommen nun vom Cornelsen-Konzern.


157) Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) fordert ein Moratorium (05.06.2009)

Die SOK fordert die Schweizer Bundesregierung und Kantone auf, die Rechtschreibreform in den Schulen nicht, wie geplant, am 1. August 2009 notenwirksam werden zu lassen. Das amtliche Regelwerk von 2006 und die vorhandenen Lehrmittel seien widersprüchlich und fehlerhaft, so die Resolution der Sprachwissenschafter, Chefredaktoren, Korrektoren, Verleger, Lektoren, Schiftsteller, Politiker und Mitglieder des Rats für deutsche Rechtschreibung auf ihrer Tagung in Zürich. Die herkömmlichen Schreibweisen müßten in Schule und Verwaltung wieder anerkannt werden, auf die Bevorzugung der neuen Schreibweisen sei zu verzichten. Die SOK erklärt sich bereit, an einer Überarbeitung des Regelwerks von 2006 mitzuwirken. Das St. Galler Tagblatt berichtet, ebenso Bluewin.ch in einem gleichlautenden Artikel der Schweizerischen Depeschenagentur (sda) in Bern.


156) Der Duden geht an den Schulbuchverlag Cornelsen (23.03.2009)

Der Mannheimer Duden-Verlag hat einen neuen Eigentümer: 91 Prozent der Aktien des Duden-Mutterkonzerns Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG werden zum Sommer vom Berliner Schulbuch-Verlag Cornelsen übernommen, die Verträge wurden heute unterschrieben. 76 Prozent kommen aus dem Besitz der Langenscheidt-Gruppe, seit 1988 Mehrheitsaktionär im Mannheimer Duden-Verlag, 15 Prozent übernimmt Cornelsen aus dem Besitz der Familie Brockhaus, deren 200jährige Lexikon-Tradition damit zu Ende geht. Langenscheidt will die Fremdsprachen- und Reiseliteratur ausbauen und im Ausland (Südostasien und Pazifik, Australien, Hongkong, Singapur, Spanien und Lateinamerika) stark wachsen.


155) NRW: Lernstandserhebung mit Deutschtext in alter Rechtschreibung (05.03.2009)

Die Medien berichten von einem Chaos bei den Lernstandserhebungen in Deutsch und Englisch: Der Testteil 2 des Deutschtests (Untersuchung der Sprache und des Sprachgebrauchs) sei trotz gründlicher Vorbereitung weggelassen und nur das Leseverständnis getestet worden, ein Deutschtext sei in alter Rechtschreibung ausgegeben worden. Für die Materialien des Englischtests habe es 18 Korrekturen gegeben, der angekündigte Testteil 2, das Hörverstehen, sei weggelassen worden, weil die nötige CD nicht geliefert worden sei. Die GEW in NRW fordert jetzt den Stopp der Tests.
    Die jährlichen "Vergleichsarbeiten in der 8. Klasse" (VERA-8) gehen auf einen Beschluß der Kultusministerkonferenz zurück. Verantwortlich für die Entwicklung ist das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) in Berlin. Unklar bleibt in den Meldungen, was an einem Text in alter Rechtschreibung falsch sein soll: Fast die gesamte deutsche Literatur ist in "alter" Rechtschreibung verfaßt, viele Texte dürfen aufgrund des Urheberrechts gar nicht verfälscht werden.


154) CDU fordert Bekenntnis zur deutschen Sprache im Grundgesetz (02.12.2008)

Auf dem CDU-Parteitag in Stuttgart stimmt eine große Mehrheit für einen Antrag des Landesverbands Saar, den Artikel 22 des Grundgesetzes um die Formulierung zu ergänzen: "Die Sprache in der Bundesrepublik ist Deutsch." Der Beschluß widerspricht dem Willen der Bundeskanzlerin, Angela Merkel, und des nordrhein-westfälischen Integrationsministers, Armin Laschet. Kritik kam auch von der SPD und der Opposition.


153) 10 Jahre "Rechtschreibreform" in der Presse (01.08.2008)

10 Jahre nach der Einführung der "Rechtschreibreform" zieht die – fast vollständig "reformierte" – Presse eine ernüchternde Bilanz; zwei Beispiele:


152) "Reform"-bedingt mehr Fehler deutscher Schüler (26.07.2008)

In seinem Referat auf der Jahrestagung der Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS) im Haus des Klett-Verlages in Stuttgart kommt Dr. Uwe Grund zu dem Ergebnis, daß Schüler an deutschen Schulen seit dem ersten Inkrafttreten der "Rechtschreibreform" 1998 ca. doppelt so viele Fehler machen wie zuvor. Der Studie liegen ausreichend große Textkorpora zugrunde, die auch die Rechtschreibleistungen solcher Schüler belegen, die ausschließlich in der "Reform"-Schreibung sozialisiert wurden. Ergebnisse u. a.:
    Anders als vom Duden im Vorwort der 22. Auflage behauptet, hat die "Rechtschreibreform" das korrekte Schreiben in den Schulen nicht "erleichtert", sondern erschwert. Nach allen zitierten Studien (Dr. Grunds eigene Primärerhebungen und Auswertung vorhandener Fremddaten) ist je nach untersuchten Quellen und Vergleichszeitraum die Fehlerquote (orthographische Fehler je 100 in Schülerarbeiten niedergeschriebene Wörter) gegenwärtig höher um:

Hinsichtlich der Fehlerarten zeigt sich, daß die Fehler gerade dort überproportional gestiegen sind, wo die Reform regulierend in die Sprache eingegriffen hat. Bei der Groß- und Kleinschreibung haben sich die Fehler je 100 niedergeschriebene Wörter (Token) fast verdreifacht in den untersuchten gymnasialen Unterstufenklassen (Anstieg 1970/1972–2004/2006 um 176%) und mehr als verdoppelt in vierten Klassen der Grundschule (Anstieg 1990/91–2001 um 136%). Verstöße gegen die korrekte Schreibung des s-Lautes haben sich, bezogen auf je 100 Wörter (Stichprobe Vergleichsdiktate in Klasse 5 bis 7 der Höheren Schule), in etwa verdoppelt sowohl bei den jetzt nach Heyse (ss statt ß) zu schreibenden Wörtern wie bei den sonstigen Schreibungen des s-Lautes. Quelle: Uwe Grund: Vergleichende Studien zu Rechtschreibleistungen in Schülertexten ...–Manuskript.


151) Das ß ist als Großbuchstabe internationale Norm (25.06.2008)

Das ß ist, wie das Deutsche Institut für Normung (DIN) in Berlin mitteilt (heise, GMX etc.), seit dem 23.06.2008 als Großbuchstabe internationale Norm. Das DIN beantragte im Vorjahr bei der Internationalen Organisation für Normung (ISO), die Norm ISO/IEC 10646 um eine versale Variante des deutschen ß zu ergänzen; der Antrag wurde Ende Mai verabschiedet. Zuvor hatte am 4. April das die ISO beratende Unicode-Consortium die Unicode-Version 5.1 mit dem ß als Zeichen U+1E9E in Kraft gesetzt. Unklar ist noch, wie der neue Großbuchstabe auf den Tastaturen erzeugt werden soll, damit er sich im Schriftdeutschen etablieren kann. Die Schulschreibung allerdings stellt das große ß weiter als "SS" dar.


150) Mehrheit gegen die "neue Rechtschreibung" (20.04.2008)

Auf SÜDWEST AKTIV ist heute als "Topthema" über eine repräsentativen Studie des Instituts TNS Emnid zur "Rechtschreibreform" zu lesen:

Mehrzahl der Deutschen hat Probleme mit der neuen Rechtschreibung

dpa

Hamburg Die Mehrzahl der Deutschen hat nach wie vor Probleme mit der neuen Rechtschreibung. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Auftrag der «Bild am Sonntag». Demnach haben sich 62 Prozent aller Befragten noch nicht an die seit August 2006 geltende Rechtschreibung gewöhnt. Der Anteil in Westdeutschland liegt dabei höher als in Ostdeutschland. 67 Prozent der befragten Männer gestanden Probleme mit der Reform ein, dagegen nur 57 Prozent der Frauen.

Kommentar: Die im typischen Bildzeitungsstil verfaßte Kurzmeldung ist stark tendenziös: Die zwangsreformierte Schulschreibung kommt als seit August 2006 "geltende" und "neue Rechtschreibung" daher, mit der die Mehrheit "Probleme" habe, an die sie sich "noch nicht [...] gewöhnt" habe. Die unbequeme Wahrheit ist, daß die Mehrheit einfach die "Reform" nicht will. Ob übrigens Frauen wirklich die "besseren" Mitläufer oder nur nicht ehrlich sind?


149) Die Arbeit der Zwischenstaatlichen Kommission [...] (17.01.2008)

Der Georg Olms Verlag veröffentlicht in seiner Reihe Documenta Orthographica den Band Die Arbeit der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung von 1997 bis 2004, die Herausgeber sind die bekannten "Reformer" Gerhard Augst, Karl Blüml und Peter Gallmann. Auf seiner Internetseite schreibt der Verlag ohne Andeutung von Kritik zur (Zitat!) "ersten gelungenen Rechtschreibreform seit 1902":

Die „Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung“ hat im behördlichen Auftrag die Einführung der neuen Rechtschreibung von 1997 bis 2004 beobachtet. Dazu hat sie für die staatlichen Stellen im gesamten deutschsprachigen Raum im jeweils zweijährigen Abstand vier Berichte geschrieben. Aufgabe der Kommission war es vor allem, auf die Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung hinzuwirken und die Einführung der Neuregelung zu begleiten. Soweit erforderlich erarbeitete sie Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks.

In diesem Band der Reihe „Documenta Orthographica“ werden die vier Kommissionsberichte (mit zwei ergänzenden Dokumenten) der Sprachwissenschaft, der Sprachdidaktik und der interessierten Öffentlichkeit in inhaltlich unveränderter Form zugänglich gemacht. Nach dem Ende des hochemotionalen Streites um die Reform wird es so jedem möglich, sich sachlich über deren Inhalte (einschließlich möglicher Veränderungsvorschläge) zu informieren und sich ein eigenes faktengestütztes Urteil zu bilden. Diese vier Berichte sind außerdem eine unverzichtbare Quelle für die noch ausstehende Geschichtsschreibung zur ersten gelungenen Rechtschreibreform seit 1902.



148) Der Rat für deutsche Rechtschreibung in Wien (09.11.2007)

Der Rat tagt erstmals in Wien. Ein Thema der elften Sitzung ist die Forderung von ca. 700 österreichischen Autoren an den Gesetzgeber, das österreichische Urhebergesetz so zu ändern, daß die zwischen den Autoren und Verlagen vertraglich geregelten Originalschreibweisen auch in Publikationen für Schul- und Unterrichtszwecke nicht verändert werden dürfen; bislang fehlt dieser Schutz. Die Autoreninitiative wurde von namhaften österreichischen Schriftstellern unterzeichnet, u. a. Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, Gert Jonke, Anna Mitgutsch, Alfred Komarek, Friederike Mayröcker und Ferdinand Schmatz. Der Vorsitzende des Rates, Hans Zehetmair, erklärt hierzu: "Wir haben nicht den Auftrag, kreative Menschen in ein Korsett zu zwingen." Autorentexte nach den Regeln der Rechtschreibreform umzuschreiben, sei ein Eingriff in das Urheberrecht und die Vielfalt der Sprache. Die Autoren empfehlen die Abgabe der folgenden Erklärung (Rücksendungen bzw. Rückmeldungen an: Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren, Literaturhaus, Seidengasse 13, A-1070 Wien, Telefax: +43-(0)1/5262044-55, eMail: gr@literaturhaus.at). An österreichischen Schulen soll die "Rechtschreibreform" ab dem Schuljahr 2008/09 notenwirksam werden.

Ich untersage in allen deutschsprachigen Publikationszusammenhängen jegliche unabgesprochenen Eingriffe in die Gestalt meiner Texte bzw. als dessen/deren Rechtsnachfolger/in in die Gestalt der Texte von .................... – auch jene Eingriffe, die als orthographische Anpassung bezeichnet werden. Dies gilt insbesondere für den Abdruck in Schulbüchern und anderen pädagogischen Lehrmitteln.



147) Die SOK beschließt Empfehlungen (31.10.2007)

Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) beschließt im Zunfthaus zur Waag in Zürich ihre Empfehlungen an die Zeitungen der Deutschschweiz, um die Sprachrichtigkeit und Einheitlichkeit der Rechtschreibung in Presse und Literatur zu fördern. Auf früheren Tagungen empfahl die SOK bereits, von Varianten jeweils die herkömmliche zu verwenden und Umlautschreibungen und falsche Herleitungen (behände, Quäntchen) nicht zu verwenden. Hinzu kommt nun unter anderem die Empfehlung, die Tageszeiten (z. B. heute morgen) weiterhin klein zu schreiben. Teilnehmer der Tagung sind Zeitungen wie die NZZ, der Tages-Anzeiger, das St. Galler Tagblatt, die Schaffhauser Nachrichten, der Landbote, der Walliser Bote und die Schweizer Monatshefte, außerdem Vertreter der Politik wie Nationalrätin Kathy Riklin und Kantonsrätin Eva Nietlispach, Schriftsteller, Sprachwissenschaftler und Verleger sowie die Nachrichtenagentur SDA.


146) Die "Rechtschreibreform" wird an Schulen verbindlich (01.08.2007)

Ein Jahr nach der am 1. August 2006 in Kraft getretenen Korrektur der "Rechtschreibreform" endet in Deutschland die Übergangsfrist, in der die überholten Schreibweisen in den Schulen nicht als Fehler angerechnet wurden. Nach Auffassung der verantwortlichen Poltiker und "Reformer" ist diese Version "endgültig". Gleichzeitig liefern die deutschen Nachrichtenagenturen ab sofort ihre Texte in einer reformierten, aber weiterhin inkonsistenten Orthographie, die nur teilweise die konventionellen Schreibweisen wiederherstellt: Speisen sind hartgekocht, aber gar gekocht.


145) Der Rat für deutsche Rechtschreibung tagt (22.06.2007)

Der von Verlagen und "Reformern" dominierte Rat für deutsche Rechtschreibung trifft sich zu seiner zehnten Sitzung. Neue Korrekturvorschläge seien jedoch, so sagt Geschäftsführerin Kerstin Güthert, nicht zu erwarten – um die Leser nicht weiter zu verunsichern, wie der Ratsvorsitzende, der frühere bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (CSU), meint. Der Rat geht jetzt einer neuen Aufgabe nach: der Sprachbeobachtung. Vor allem die Fremdwortschreibung und Anglizismen sollen im Blickpunkt stehen. Die nächste Sitzung ist für den 9. November geplant.
    Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) hat den Rat indessen am 12. Juni aufgefordert, seine Korrekturarbeit fortzusetzen: "Unser gemeinsames Ziel sollte sein, die Schwachstellen des Regelwerks zu beheben. Es geht nicht um Politik, nicht um die Schule oder die Verlage – es geht um unsere Sprache. Wir brauchen eine sprachrichtige und einheitliche Rechtschreibung."


144) Das BIFAB wünscht Link auf www.duden.de (01.06.2007)

Das Bibliographische Institut & F.A. Brockhaus AG BIFAB regt per eMail eine Verlinkung von dieser Website (www.schriftdeutsch.de) auf www.duden.de an. Offenbar noch jemand, der von dieser Website "noch keine" genaue Kenntnis genommen hat. Vielleicht würde aber eine umgekehrte Verlinkung auf diese Website mehr "Sinn" machen?

Wir haben gesehen, dass Sie noch keinen Link von Ihrer Website http://www.schriftdeutsch.de/ auf www.duden.de gesetzt haben. Aus unserer Sicht würde eine Verlinkung von Ihrer Seite zu uns sehr viel Sinn machen. Wenn Sie einen Link auf unser Angebot setzen möchten, benutzen Sie doch bitte folgenden Satz und das angehängte Logo:
    www.duden.de: Website des Dudenverlags mit Infos und Service zur deutschen Rechtschreibung und zur deutschen Sprache allgemein, Lerntipps, Gewinnspielen, Verlagskatalog, Online-Bestellfunktion und Downloadshop. Mit der Duden-Suche können Sie online in ausgewählten Wörterbüchern des Dudenverlags nachschlagen.



143) Nachrichtenagenturen kündigen Umstellung an (21.05.2007)

Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen kündigen auf Ihrer Website die Umstellung Ihrer "Rechtschreibung" zum 1. August 2007 an. Unklar ist noch, ob die F.A.Z. bei ihrer Festlegung vom Jahresende 2006 bleibt oder erneut einknickt.

Rechtschreibreform

Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen AFP, AP, APA, Dow Jones, ddp, dpa, epd, KNA, sid und Reuters stellen am 1. August 2007 ihre Rechtschreibung um. Sie schreiben dann gemäß dem amtlichen Regelwerk, das im vergangenen Jahr nach den Vorschlägen des Rats für deutsche Rechtschreibung geändert wurde und im August in Deutschland verbindlich wird. In Österreich dauert die Übergangsfrist bis zum 1. August 2008.
    Das amtliche Regelwerk lässt – je nach Zählweise – bei etwa 2500 Wörtern unterschiedliche Schreibweisen wie „kennenlernen” und „kennen lernen” oder „Delphin” und „Delfin” zu. Diese Fälle machen etwa zwei Prozent der Wörter aus, die in den großen Wörterbüchern verzeichnet sind. Die beteiligten Agenturen haben sich jeweils für eine Schreibweise entschieden. Dabei bauen sie auf den Empfehlungen auf, die die beiden Wörterbuchverlage Duden und Wahrig für die Variantenschreibung geben (Duden 1, 24. Auflage, Mannheim 2006; Wahrig „Ein Wort – eine Schreibung”, Gütersloh 2006). Die Agenturen danken Duden und Wahrig für die Unterstützung und dokumentieren hier die Agenturschreibweisen. Duden und Wahrig bieten auch Korrekturprogramme an, mit deren Hilfe sich die Agenturschreibweisen umsetzen lassen. Die Schweizerische Depeschenagentur (sda) hat sich entschlossen, einen einen eigenen Weg zu gehen und hält das entsprechende Regelwerk auf ihrer Homepage vor.



142) Mannheim: "Hauptstadt der deutschen Sprache"? (6.03.2007)

Die Pressestelle der Stadt Mannheim kündigt eine gemeinsame Initiative mit der Dudenredaktion, dem Institut für Deutsche Sprache und dem Goethe-Institut Mannheim-Heidelberg an. Unter dem Titel "Hauptstadt der deutschen Sprache" solle deutlich gemacht werden, welche Kompetenz in Bezug auf die Erforschung, Erfassung, Vermittlung und Förderung der deutschen Sprache in Mannheim konzentriert ist. Nicht zuletzt tage auch der Rat für deutsche Rechtschreibung regelmäßig in Mannheim. Geplant seien auch gemeinsame Präsentationen im weltweiten Netz der Goethe-Institute oder auf Kongressen, Messen und Veranstaltungen. Das Projekt werde von der Heinrich-Vetter-Stiftung gefördert.
    Dr. Matthias Wermke, Leiter der Dudenredaktion, äußert zu dem Projekt: "Vielen Mannheimern mag gar nicht recht bewusst sein, dass von ihrer Stadt wesentliche Impulse für die Entwicklung und Pflege der deutschen Gegenwartssprache ausgehen. Am Institut für Deutsche Sprache wird sprachliche Grundlagenforschung betrieben. Das Goethe-Institut beherbergt Jahr für Jahr viele Hundert Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer aus aller Welt, die nach Mannheim kommen, um ihre Deutschkenntnisse zu erweitern. Schließlich wird in Mannheim mit dem Duden das wichtigste und am weitesten verbreitete deutsche Gebrauchswörterbuch gepflegt und fortgeschrieben. Genug Gründe für uns, die Aktion ‚Mannheim – Hauptstadt der deutschen Sprache’ tatkräftig zu unterstützen. Wo sonst in Deutschland wird so viel für die deutsche Sprache getan?"
    Professor Eichinger, Direktor des Instituts für Deutsche Sprache, meint: "Sprachwissenschaftler aus aller Welt kennen und besuchen Mannheim als Ort, an dem die deutsche Gegenwartssprache erforscht wird."
    (Kommentar: Daß von den genannten Institutionen "die deutsche Gegenwartssprache erforscht" werde, ist natürlich Unsinn: Seit ihrer Beihilfe für die "Reform" der deutschen Schriftsprache wird diese nicht mehr wissenschaftlich beschrieben, wie sie tatsächlich ist, sondern im staatlichen Auftrag "entwickelt", "fortgeschrieben" und vorgeschrieben. Nirgends sonst in Deutschland wird so viel gegen die deutsche Sprache getan!)


141) Wolfgang Denk legt Arbeit über die RSR vor (31.01.2007)

Wolfgang Denk, Sohn des RSR-Kritikeres Friedrich Denk, veröffentlicht seine im September 2006 an der Fachhochschule München fertiggestellte Master-Arbeit 10 Jahre Rechtschreibreform, Überlegungen zu einer Kosten-Nutzen-Analyse. PDF: Kosten-Nutzen-Analyse der Rechtschreibreform


140) Die F.A.Z. schreibt fortan falsch (01.01.2007)

Wie am 1. und 2. 12.2006Nachricht 132 angekündigt, erscheint die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) ab sofort nicht mehr in deutscher Rechtschreibung: Die letzte Ausgabe – die Sonntagszeitung (F.A.S.) vom Sylvestertag – wurde noch nach linguistischer Norm gedruckt; die Internet-Ausgabe (FAZ.NET) erscheint am ersten Tag 2007 in zwangsreformierter Schulschreibung – und auch das nicht (im falschen Sinne) "korrekt": Manchen Fehlern (Scheinetymologien und falschen Varianten) der Schulschreibung folgt sie nicht, andere fügt sie hinzu: Rußland ist zwar ein Eigenname und als solcher von der ss-Schreibung ausgenommen, erscheint jetzt aber als Russland. Die Druckausgabe folgt am 2.2.2007, die F.A.S. am 7.1.2007.


139) Zehetmair: "dass die Sprache ihre Sinnhaftigkeit wieder erhält" (31.12.2006)

Der Vorsitzende des Rates für Rechtschreibung und frühere bayerische Kultus- und Wissenschaftsminister, Hans Zehetmair, erklärt der ddp-Korrespondentin Nadine Emmerich: "Das Wichtigste ist, es ist endlich Ruhe eingekehrt. Ach wenn über das eine oder andere weiter in den Gelehrtenkreisen diskutiert wird, müssen die jungen Menschen Sicherheit haben." Daß dabei Sinn und Sprachrichtigkeit nicht so wichtig sind, stellt er gleich selbst unter Beweis: "Mir kommt es nicht darauf an, dass die Lehrer möglichst viel oder möglichst wenig anstreichen. Mir kommt es darauf an, dass die Sprache ihre Sinnhaftigkeit wieder erhält." (Wie kann Sprache etwas noch einmal erhalten, was sie als solche von Anfang an hatte?)
    Der Vorsitzende des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, meint unterdessen gegenüber der Nachrichtenagentur ddp: "Man hat sich mittlerweile mit der Realität abgefunden, dass die große Erleichterung nicht kommen wird." Er hält es für unrealistisch, daß sich die Fehlerquote in den Schulen wie erhofft um 50 bis 70 Prozent reduzieren werde, glaubt aber, "dass kein Politiker die Sache noch mal anfassen wird".


138) Die JUNGE FREIHEIT bleibt bei der Rechtschreibung (08.12.2006)

Die Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT (Berlin) kritisiert die Entscheidung der F.A.Z., "sich dem staatlichen Diktat zur eigentlichen Zerstörung der Spracheinheit" unterzuordnen, und erklärt: "Die JUNGE FREIHEIT verzichtet jedenfalls auch künftig darauf, sich dem kultuspolitischen Diktat zur Reformrechtschreibung unterzuordnen oder gar die Vielzahl existierender Hausschreibungen um eine exklusiv JF-eigene zu bereichern. Wir halten der bewährten Rechtschreibung, wie sie bis 1999 gültig war, auch weiterhin die Treue [...]."
    (Kommentar: Einfluß auf politische Entscheidungsträger kann diese kleine Bastion nicht mehr entfalten. Immerhin: Solange der Schwur hält, besteht noch die Möglichkeit, aktuelle Themen in deutscher Rechtschreibung zu lesen.)


137) Zehetmair begrüßt die Entscheidung der F.A.Z. (06.12.2006)

Der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung, Hans Zehetmair, begrüßt die Entscheidung der F.A.Z. und der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen, ihre Schreibung zum 1.1. bzw. 1.8.2007 "an das gültige amtliche Regelwerk anzupassen." Zehetmair betont, der Rat habe gerade im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung Variantenschreibungen zugelassen, "da es sich nicht um willkürliche Schreibweisen, sondern um inhaltsbestimmte Varianten handle, die dem Sprach- und Schreibgebrauch entsprechen."
    Demnach handelt es sich bei diesen "Varianten" wie in konventioneller Rechtschreibung um verschiedene Schreibungen für verschiedene Begriffe. Der Duden hingegen stellt diese Schreibungen als rein orthographische Varianten dar und empfiehlt in vielen Fällen sinnunabhängig eine von ihnen.


136) Sachsen-Anhalt investiert 600.000 € in "neue Rechtschreibung" (5.12.2006)

Das Kultusministerium von Sachsen-Anhalt teilt in einer Presseerklärung mit:

Willems begrüßt Erhöhung des Titels für Lehr- und Lernmittel um 600.000 Euro im Nachtragshaushalt

Magdeburg, 05.12.2006 In seiner Sitzung am 29. November 2006 hat der Finanzausschuss des Landtages von Sachsen-Anhalt über den Nachtragshaushalt 2006 beraten. Im Rahmen des Einzelplans 07 – Bildung und Kultur – wurden für Lehr- und Lernmittel zusätzliche 600.000 Euro bewilligt. Damit beträgt der neue Ansatz insgesamt 4.538 Mio. Euro.
    Begründet wurde diese einmalig für das Schuljahr 2007/08 für alle Schulformen geltende Aufstockung mit der abschließenden Einführung der Rechtschreibreform. Der erhöhte Verfügungsrahmen ist von den Schulen zum gezielten Austausch veralteter Lernmittelbestände einzusetzen.
    Staatssekretär Winfried Willems begrüßte diese Entscheidung. „Nur wenn die Lehr- und Lernmaterialien an unseren Schulen so schnell wie möglich auf den neuesten Stand gebracht werden, werden sich die Schülerinnen und Schüler die geänderte Rechtschreibung wirklich aneignen können und die Diskussionen über dieses Thema werden zur Ruhe kommen.”


135) Die Agenturen verschieben die Umstellung auf den 1.8.2007 (04.12.2006)

dpa meldet, was Prof. Ickler in seinem Rechtschreibtagebuch schon am 18.11.2006 angekündigt hatte:

Hamburg (ots) – Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen AFP, AP, APA, ddp, Dow Jones, dpa, epd, KNA, Reuters und sid stellen ihre Rechtschreibung gemäß dem gültigen amtlichen Regelwerk zum 1. August 2007 um. Zu diesem Zeitpunkt endet die Übergangsfrist, in der in den Schulen Abweichungen vom Regelwerk noch toleriert werden. [...]
    Die Agenturen haben sich entsprechend entschieden, bei ihrer Hausorthografie ganz weitgehend auf die Kompetenz der Wörterbuchverlage Duden und Wahrig zu bauen. Beide Verlage haben Schreibempfehlungen für die Varianten-Wörter entwickelt, und die Agenturen übernehmen diese Empfehlungen dort, wo sie bei beiden Verlagen übereinstimmen. Das ist bei etwa 75 Prozent der 3000 Variantenwörter der Fall.
    Die übrigen Wörter, bei denen die Empfehlungen von Wahrig und Duden nicht übereinstimmen, gehören hauptsächlich zum Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung. Hier haben sich die Agenturen weitgehend für Vor-Reform-Schreibweisen entschieden. So halten sie unter anderem an der Zusammenschreibung bei übertragener Bedeutung fest. Zum Beispiel bleibt beim Verb "sitzen bleiben" dadurch der Bedeutungsunterschied zwischen "auf dem Stuhl sitzen bleiben" und "in der Schule sitzenbleiben" sichtbar." [...]
    In den Fällen außerhalb der Getrennt- und Zusammenschreibung, in denen Duden und Wahrig unterschiedliche Lösungen empfehlen, werden sich die Agenturen ebenfalls auf eine gemeinsame Variantenschreibweise festlegen. [...]
    Die Agenturen dokumentieren ihre Entscheidungen zur Rechtschreibung auf der Internetseite www.die-nachrichtenagenturen.de.


134) Die F.A.S. kündigt Umstellung auf Schulschreibung an (03.12.2006)

In eigener Sache

F.A.S. FRANKFURT. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung wird ihre Rechtschreibung zum 7. Januar 2007 den in den Schulen gebräuchlichen Schreibweisen anpassen. Die Redaktion wird dabei, wo immer es möglich ist, die wieder zugelassenen Schreibweisen der bewährten Rechtschreibung verwenden. Dieser Schritt wurde möglich, weil der Rat für Rechtschreibung berechtigte Einwände der Reformgegner berücksichtigt hat. In einigen Fällen, in denen dies bisher nicht geschehen ist, behält sich die Redaktion vor, weiterhin der bewährten Rechtschreibung zu folgen. Auch künftig wird es also weder „Stängel” noch „Quäntchen”, sondern nur „Stengel” und „Quentchen” in der Zeitung geben. Diese Entscheidung ist mit dem „Spiegel” und mit der „Süddeutschen Zeitung” abgestimmt.


133) Die F.A.Z. kapituliert (02.12.2006) Die F.A.Z. kapituliert

Wie die F.A.Z. in eigener Sache Die F.A.Z. kapituliert erklärt, wird sie ihre Rechtschreibung zum 1. Januar 2007 den in den Schulen gebräuchlichen Schreibweisen weitgehend anpassen. Dieser Schritt diene der Einheitlichkeit der Rechtschreibung; er sei möglich geworden, weil Einwände der Reformgegner im reformierten Regelwerk berücksichtigt worden seien. Im Falle mehrerer zulässiger Varianten werde sie sich künftig vor allem an Wahrigs Wörterbuch Die deutsche Rechtschreibung orientieren, das "in der Regel die bewährten Schreibweisen empfiehlt, während die Duden-Redaktion entgegen den Empfehlungen des Rates für Rechtschreibung überwiegend der reformierten Schreibweise den Vorzug gibt." Die F.A.Z. kündigt somit "um der Einheitlichkeit willen" einen anderen Reformkurs an als der Springer-Verlag; einige der Volksetymologie zum Opfer gefallene Wörter werde sie sogar "weiter bewährt" schreiben. Ein Kommentar – "Um der Einheitlichkeit willen" – versucht, die Kapitulation zu rechtfertigen. Diese wurde bereits am Vorabend auf der Website der F.A.Z angekündigt und löste sofort heftige Reaktionen von Lesern aus. Die F.A.Z. war am 1.8.2000 als erste große Zeitung zur konventionellen Schreibung zurückgekehrt Nachricht 11 und hatte gleichzeitig die kostenlose Broschüre FAZ: Die Reform als Diktat Die Reform als Diktat herausgegeben.


132) Die NZZ kündigt eine neue Hausorthographie an (30.11.2006)

Als Ergebnis ihrer Mitarbeit in der Schweizer Orthographischen Konferenz (SOK) kündigt die Neuer Zürcher Zeitung (NZZ) in einem Artikel eine neue Hausorthographie an, die in etlichen Fällen von der "Reform"-Schreibung abweicht und in einer PDF: Die Umsetzung der Rechtschreibreform in der NZZ-Datei herunterzuladen ist: Die Umsetzung der Rechtschreibreform in der NZZ. Gleichzeitig stellt sie eine 160seitige Bröschüre vor: "Vademecum: Der sprachlich-technische Leitfaden der NZZ".


131) Rechtschreibrat gegen Duden-Empfehlungen (22.09.2006)

Der Rat für deutsche Rechtschreibung spricht sich in München bei der Getrennt- oder Zusammenschreibung für ein Festhalten an den zugelassenen Varianten aus; diese müsse, so der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair, in manchen Fällen wegen des unterschiedlichen Sinnes offenbleiben; die Variantenempfehlung des Dudens habe zu Irritationen geführt. In einem förmlichen Beschluß des Rates heißt es: "Es ist nicht Intention des Rates für deutsche Rechtschreibung, dass vom Rat beschlossene Varianten in den allgemeinen Rechtschreibungswörterbüchern durch Empfehlung nur einer Variante eingeschränkt werden."
    Der Rat will am 22. Juni 2007 zu seiner nächsten Sitzung in Mannheim zusammenkommen, um sich unter anderem mit der Schreibweise von Anglizismen und anderen Lehnwörtern zu befassen.


130) FAZ-Herausgeber: "Das ’ß’ ist kein Dogma." (11.09.2006)

In einem Tagesschau-Interview erklärt FAZ-Herausgeber Werner D’Inka:

Der Rechtschreibrat hat viele Erwartungen nicht erfüllt oder – so, wie er zusammengesetzt war – nicht erfüllen wollen und können. Er hat aber dort, wo die Reform schlimme Sinnentstellungen brachte, vor allem bei der Getrennt- und Zusammenschreibung, manches verhindert. Wir prüfen derzeit die Wörterbücher und reden mit Kollegen in namhaften Redaktionen darüber, wie wir in einem abgestimmten Verfahren möglichst viel von dem Sprachschatz und dem Nuancenreichtum erhalten. Den Unterschied zwischen "wohlerzogen" und "wohl erzogen" werden wir beispielsweise weiterhin machen, und banausenhafte Schreibweisen ("Schimäre"), Herleitungen ("Tol(l)patsch" kommt nicht von "toll") oder Trennungen ("Subs-tanz") werden Sie auch künftig in der FAZ nicht lesen. Über alles andere kann man reden, auch über das "scharfe S", weil es hier nicht um Sinn geht, sondern um Konvention. Das "ß" ist kein Dogma.

Kommentar: Der konstruierte Gegensatz von Sinn und Konvention zeigt, daß auch die Herausgeber der FAZ nicht verstehen, was jeder Student in einem linguistischen Proseminar lernt: daß Konvention gerade die Voraussetzung für (gesprochene und geschriebene) Sprache und folglich für Verständigung ist. Natürlich läßt sich eine Konvention (’Zusammen- bzw. Übereinkommen’) durch eine andere Konvention ersetzen, schließlich ist sie als solche willkürlich; im Falle der Rechtschreibung aber soll sie durch den Zwang eines Erlasses, durch staatliche Willkür ersetzt werden. Die Sehnsucht des Mitläufers nach Konformität hat auch die FAZ befallen.


129) ComputerBild erhofft einheitliche Falschschreibung (07.08.2006)

In ihrer ersten wieder in Schlechtschreibung verfaßten Ausgabe versucht Springers ComputerBild eine Rechtfertigung. Diese sei hier stellvertretend für alle Blätter des Verlags zitiert – die Redaktion schreibt in Heft 17/2006 unter "ComputerBild informiert":

Jetzt hat der „Tipp“ sein zweites „p“ – und zwar „100-prozentig“ (mit Bindestrich): COMPUTERBILD schreibt ab sofort nach den Regeln der neuen deutschen Rechtschreibung. Es war aber auch ein Alp- (Pardon!) Albtraum: Die Kultusbürokratie wollte gegen den Widerstand von Fachleuten, Presse und Schriftstellern eine Reform durchpeitschen, die an allen Ecken und Enden klemmte. Immerhin, es gab eine Reform der Reform – ein Kompromiss, der erträglich ist, aber alles andere als ein großer Wurf. Manche freut′s: So gibt es für viele Zeitgenossen, die mit Rechtschreibung und Zeichensetzung auf Kriesgfuß stehen, immer noch große und kleine Fluchten in Word 2006 – in der Rechtschreibreform reloaded gibt es jede Menge Schreibweisen zur Wahl. Schwierig war und bleibt das für die Schüler.
    Die Blätter im Verlag Axel Springer werden sich jedenfalls nach den Duden-Empfehlungen richten. In der Hoffnung, dass, wenn schon der Gesetzgeber versagt, die gelebte Praxis zu einer einheitlichen Rechtschreibung führt.

Kommentar: Die Kultusbürokratie "wollte" nicht nur, sie will auch weiterhin "eine Reform durchpeitschen", und Springer hilft dabei. Ob die "Reform der Reform" – der "Kompromiss", an dem die Schreibgemeinschaft selbst gar nicht beteiligt war – "erträglich" ist, ist Ansichtssache; unerträglich aber ist die Unterstellung, Springer habe etwas erstritten: Die Orientierung ausgerechnet an den Duden-Empfehlungen ist vielfach die Orientierung an der ursprünglichen "Reform" von 1996 und damit die Mißachtung der "Reform der Reform"; das Ziel der einheitlichen Rechtschreibung widerspricht den Agenturen, die bekanntlich die konventionellen Varianten bevorzugen; die "gelebte Praxis" ist nur die des Verlages, nicht die seiner Leser; sie führt, wie Springer hofft, geradewegs zur einheitlichen Falschschreibung von 1996, wie sie der Duden empfiehlt.


128) Die korrigierte "Rechtschreibreform" tritt in Kraft (01.08.2006)

Die "Reform" der "Reform" tritt in Kraft. Damit wollen die Kultusminister offiziell einen "Schlussstrich" unter dieses Streitthema ziehen. Allerdings beeinhaltet die offizielle Wörterliste ca. 3000 Varianten. Die meisten Verlagshäuser wollen in diesen Fällen die klassische Schreibung bevorzugen, der Duden-Verlag hingegen gibt teilweise abweichende Empfehlungen. Schon im September sollen die Beratungen des staatlich bestellten Rates für deutsche Rechtschreibung weitergehen.


127) Springers Bild-Zeitung erscheint in Duden-Deutsch (31.07.2006)

Mit demonstrativem "muss" in der Titel-Schlagzeile erscheint das populistische Flaggschiff des Axel Springer-Verlags, die Bild-Zeitung, nach zwei Jahren Rechtschreib-Protest wieder in Schlechtschreibung. Das Massenblatt, das im Sommer 2004 selbstbewußt getitelt hatte: "Schluß mit der Schlechtschreib-Reform! BILD kehrt zurück zur alten Rechtschreibung" Nachricht 37, übernimmt nun ausgerechnet die Vorgaben des Duden-Verlages, der die Korrekturen des Rates für deutsche Rechtschreibung bewußt teilweise unterläuft.
    Auch seine anderen Medien (AudioVideoFotoBild, ComputerBild, Die Welt etc.) stellt Springer um. Abonnenten will der Verlag zum Lesen seiner Artikel in zwangsreformierter Schulschreibung zwingen: Kündigungen wegen der Umstellung werden nicht sofort wirksam, sondern erst zum Ende der regulären Laufzeit. Nur durch eine Beschwerde an den Springer-Chef persönlich ist eine Ausnahme möglich.


126) Zehetmair: Der Duden unterläuft die Neuregelungen des Rates (28.07.2006)

Der Vorsitzende des Rechtschreibrates, der frühere bayerische Wissenschaftsminister Dr. Hans Zehetmair, kritisiert in einem Interview mit der Welt, "daß einige Neuregelungen des Rats, insbesondere im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung, durch die Variantenempfehlung unterlaufen werden", was Sinnunterschiede ignoriere. Auf die Frage, ob er eine politische Intrige wittere, meint Zehetmair wörtlich: "Ich habe den Eindruck, daß der Duden-Verlag den Versuch unternimmt, sich bewußt abzusetzen, um seinen Monopolanspruch geltend zu machen."


125) Der Duden erscheint mit Empfehlungen der Redaktion (22.07.2006) Duden-Rezension

Rund sechs Wochen nach dem neuen Wahrig und wenige Tage vor dem bundesweiten Inkrafttreten der Neuauflage der "Rechtschreibreform" am 1. August 2006 erscheint die 24. Auflage des Duden und damit bereits seine vierte "Reform"-Auflage. In mehrfacher Hinsicht unterscheidet sie sich von ihren Vorgängern; neu sind vor allem die durch gelbe Unterlegung signalisierten "Empfehlungen" der Redaktion in jenen ca. 3000 Fällen, in denen der staatliche "Rat für deutsche Rechtschreibung" Varianten festgeschrieben hat. Allerdings beharrt die Duden-Redaktion in vielen Fällen auf den "reformierten" Schreibweisen von 1996 und ignoriert damit die Korrekturen des Rechtschreibrates. Näheres auf der Duden-Seite Duden-Rezension
    Für die Schule ist der neue Duden vorläufig nur eingeschränkt geeignet, da er einen Teil der seit zehn Jahren an den Schulen gelehrten "Reform"-Schreibweisen nicht mehr verzeichnet, obwohl die KMK im März 2006 beschloß: "Bis zum 31. Juli 2007 werden Schreibweisen, die durch die Amtliche Regelung (Stand 2006) überholt sind, nicht als Fehler markiert und bewertet."


124) Springer folgt den Duden-Empfehlungen (28.06.2006)

Die Axel Springer AG kündigt erneut an, in ihren Publikationen zum 1. August 2006 eine "Reform"-konforme Rechtschreibung umsetzen. Dabei werde, angeblich um die Einheitlichkeit der Schreibung der deutschen Sprache wiederherzustellen, alle Print- und Online-Medien des Verlages den Schreibempfehlungen des Dudens in seiner neuen Auflage folgen. Der neue Duden wird in allen Fällen, in denen die neuen Rechtschreibregeln mehrere Schreibvarianten zulassen, die von der Duden-Redaktion jeweils empfohlene Schreibung besonders ausweisen. Die Entscheidung des Springer-Verlages erfolgt Wochen vor dem Erscheinen der 24. Duden-Auflage am 22. Juli 2006, also ohne Kenntnis der empfohlenen Varianten.


123) Bundestagspräsident: "Landessprache ist deutsch" (25.06.2006)

Bundestagspräsident Norbert Lammert will Deutsch als Landessprache im Grundgesetz verankern. Im Zuge der Föderalismusreform solle, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtet, der Artikel 22 (Bundesflagge) um den Zusatz "Landessprache ist Deutsch" ergänzt werden.
    Der Vorstoß kommt ausgerechnet zu einer Zeit, in der die deutsche Sprache durch die (von der Bevölkerungsmehrheit abgelehnte) zwangsreformierte Schulschreibung und ihre Übernahme durch Legislative und Exekutive mutwillig mißachtet und beschädigt wird.


122) Die Schweiz übernimmt die korrigierte "Rechtschreibreform" (22.06.2006)

Die Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) der Eidgenossenschaft beschließt in Bern die Übernahme der Korrekturen der Rechtschreibreform, die der Rat für deutsche Rechtschreibung im Februar vorgeschlagen hatte. In Deutschland, Österreich und der Schweiz tritt die modifizierte "Reform"-Schreibung am 1. August offiziell in Kraft, allerdings mit unterschiedlichen Übergangsfristen: In Deutschlands Schulen werden noch ein Jahr lang ehemalige "Reform"-Schreibweisen nicht als Fehler gewertet, in Österreich zwei Jahre und in der Schweiz sogar drei Jahre bis zum 31. Juli 2009.


121) Nachrichtenagenturen bevorzugen konventionelle Varianten (10.06.2006)

Wie die Presse meldet, bevorzugen die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen apa, afp, ap, ddp, dpa, epd, Dow Jones, kna Reuters und sid im Falle ausgewiesener Varianten die Schreibweisen vor 1996. Die Agenturen hatten 197 deutsche und 80 österreichische Kunden befragt, von denen 123 bzw. 20 antworteten. Die Kunden bevorzugen grundsätzlich die sogenannte neue Rechtschreibung, in jenen Fällen allerdings, in denen die alte und eine neue Schreibweise möglich sind, mit großer Mehrheit (104 bzw. 19 Kunden) die alte.


120) Schweizer Orthographische Konferenz für Konvention (01.06.2006)

Die Schweizer Orthographische Konferenz verabschiedet auf ihrer Tagung in Zürich eine Empfehlung an die Presse und Buchverlage in der Schweiz, bei Varianten in der Rechtschreibung die herkömmliche Schreibweise zu verwenden; dies sei die beste Voraussetzung dafür, eine größere Einheitlichkeit in der Rechtschreibung von Presse und Buchverlagen zu erreichen. Der Grundsatz "bei Varianten die herkömmliche" bedeutet, daß beispielsweise aufwendig statt aufwändig, kennenlernen statt kennen lernen, fleischfressende statt Fleisch fressende Pflanzen, er hat recht statt hat Recht geschrieben wird. Die Empfehlung wird auch der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), der Bundeskanzlei und dem Rat für deutsche Rechtschreibung übermittelt.


119) Konventionelle Schreibung in Braunschweig weiter gültig (24.05.2006)

Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Hoffmann lehnt die Rechtschreibreform weiter ab, scheut aber die letzte Konsequenz. In der Braunschweiger Zeitung (Online-Ausgabe) erklärt er: "Ich fand die Art und Weise, wie die Rechtschreibreform durch die Kultusministerkonferenz durchgedrückt wurde, skandalös. Ich habe mich vor einem Jahr für die Beibehaltung der alten Rechtschreibung ausgesprochen – wie zahlreiche Zeitungen und Schriftsteller. Leider haben die Ministerpräsidenten nicht den Mut gehabt, die Reform ganz zu stoppen.
    Viele der jetzt beschlossenen Änderungen gehen aber immerhin in die richtige Richtung. Ich habe meine Mitarbeiter nun angewiesen, die korrigierte Reform im dienstlichen Schriftverkehr umzusetzen. Soweit Mitarbeiter noch mit der alten, bewährten Rechtschreibung vertraut sind, können sie unbeanstandet darin fortfahren. Auch ich selbst schreibe weiterhin ,ß’ auch nach kurzem Vokal.
    Diese Vielfalt wird eine Sprache schon aushalten. Und der Prozess ist ja nicht abgeschlossen. Auch der Rat für Rechtschreibung soll ja weiterarbeiten. Wer weiß, wohin sich unsere Sprache und damit die Rechtschreibung noch entwickelt."


118) Das BVerfG nimmt Verfassungsbeschwerde nicht an (02.05.2006)

Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Beschwerde eines Frankfurter Privatmanns gegen den Beschluß der Kultusministerkonferenz vom März 2006, die zwangsreformierte Schulschreibung in der Fassung von 2006 ab dem 1. August verbindlich einzuführen, nicht zur Entscheidung an. Zur Begründung heißt im zweiten Absatz:

"Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil Annahmegründe gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Beschwerdeführer hat eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit nicht dargelegt.
    Der Beschwerdeführer greift mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz eine Entscheidung an, die keine unmittelbaren rechtlichen Auswirkungen hat, sondern der Umsetzung in den einzelnen Bundesländern bedarf. Diese Umsetzungsakte betreffen unmittelbar Schüler und gegebenenfalls Bedienstete staatlicher Behörden, denn diese sollen dadurch zur Beachtung der von der Kultusministerkonferenz beschlossenen Rechtschreibregeln verpflichtet werden. Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die reformierte Schreibung zu verwenden; sie sind rechtlich vielmehr frei, wie bisher zu schreiben (vgl. BVerfGE 98, 218 <261 f.>). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschluss der Kultusministerkonferenz einen Appell an alle Verlage und Publikationsorgane enthält, sich an die veränderten Rechtschreiberegeln zu halten."


117) Schweiz: Weiterbildung mit Professor Ickler verboten (05.04.2006)

Wie das St. Galler Tagblatt und andere Schweizer Zeitungen berichten, hat der St. Galler Erziehungsdirektor und Präsident der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) Hans Ulrich Stöckling einen Weiterbildungskurs zur Rechtschreibung für Lehrer verboten. "Von alt zu neu – von neu zu alt: Die neue Rechtschreibung – Hinweise, Klärungen und Stellenwert", so der Titel. Kursleiter sollte der Deutschprofessor Mario Andreotti sein, als Referenten waren der deutsche Germanist Professor Theodor Ickler und der in Gossau SG unterrichtende Gymnasiallehrer Stefan Stirnemann vorgesehen, zwei international bekannte Fachleute und "Reform"-Kritiker. Diese Besetzung nur mit Kritikern sei zu einseitig und Lehrern und Eltern gegenüber ein falsches Signal und bedeute, "jetzt erneut Unsicherheit zu schüren." (Unbekannt ist, was der Erziehungsdirektor wohl zu einer Veranstaltung nur von Reformern gesagt hätte.)


116) Ein Sprachverein will auch Eigennamen zwangreformieren (04.04.2006)

Wie die Berliner Zeitung in einem Artikel berichtet, will die „Gesellschaft für deutsche Sprache” auch Eigennamen zwangreformieren. Nach der beschlossenen Korrektur der Schulschreibung drängt das Blatt auf eine "Korrektur" auch der Straßennamen. Zwar sind Eigennamen von der zwangsreformierten Schulschreibung ausgenommen, und mit den Beschlüssen der Kultusminister haben Straßennamen rechtlich gar nichts zu tun. (Laut Ausführungsvorschriften zur Straßenbenennung richtet sich die Schreibweise einer Straße nach der Rechtschreibregel zum Zeitpunkt der Benennung.) Dennoch behauptet der Vorsitzender der „Gesellschaft für Deutsche Sprache”, Prof. Hoberg, in dem Blatt das Gegenteil: Eine Roßstraße z. B. dürfe nur dann Roßstraße bleiben, wenn sie vom Personennamen Roß abgeleitet sei; eine vom Roß = ′Pferd′ stammende Straße müsse hingegen "Rossstraße" heißen. Eine Umbenennung sei "nur eine Korrektur". Daß auch Straßennamen natürlich Eigennamen sind, hat der Herr Professor offenbar nicht gelernt.


115) Die Ministerpräsidenten billigen neue Schulschreibung (30.03.2006)

Die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer billigen auf ihrer Konferenz (MPK) die vom Rat für deutsche Rechtschreibung empfohlenen Änderungen der reformierten Schulschreibung. Die Entscheidung bestätigt den Beschluß der KMK vom 2. März und erfolgt wie dieser einstimmig und ohne Prüfung und Kenntnis der Details. Ab dem 1. August, also mit Beginn des neuen Schuljahres, werden somit wieder bundesweit einheitliche Schreibregeln an den Schulen gelten. Für die Änderungen gilt ein einjährige Übergangsfrist, in der die derzeitigen Schreibungen gültig bleiben.
    Jürgen Rüttgers (CDU), MPK-Vorsitzender und NRW-Regierungschef, der als Oppositionsführer im bevölkerungsreichsten Bundesland die Rückkehr zur konventionellen Rechtschreibung angekündigt hatte, hofft, daß für weitere Änderungen ein Verfahren gefunden werde, an dem die Politik nicht mehr beteiligt sein müsse. Er fordert, sich an anderen Ländern zu orientieren, in denen Rechtschreibung kontinuierlich verändert werde. Christian Wulff (CDU), niedersächsischer Regierungschef, erklärt: "Es ist viel Chaos angerichtet und bisher keines der Ziele der ursprünglichen Absichten erreicht worden." Die Rechtschreibung sei nicht klarer und einfacher geworden, es gebe nicht weniger, sondern mehr Fehler.


114) Appell von Schriftstellern und Rechtswissenschaftlern (29.03.2006)

Schriftsteller und Rechtswissenschaftler sowie die Bayerische Akademie der Schönen Künste appellieren an die Ministerpräsidenten, bei ihrer Entscheidung am 30. März über die Vorschläge des Rates für deutsche Rechtschreibung an der deutschen Rechtschreibung festzuhalten. In ihrem Bericht erwähnt die F.A.Z. auch, beim Bundesverfassungsgericht sei eine Verfassungsbeschwerde gegen die Rechtschreibreform eingegangen. Dt. Schriftsteller appellieren an Ministerpräsidenten
    Neben den Unterzeichnern des Appells gibt es viele weitere Gegner der "Rechtschreibreform", etwa Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, den das Magazin Cicero auf Rang 1 seiner Liste der 500 wichtigsten Intellektuellen deutscher Sprache setzt, oder Elfriede Jelinek als beste Frau.


113) Reiner Kunze obsiegt gegen bayerischen Schulbuchverlag (14.03.2006)

Der bekannte Schriftsteller und Kritiker der "Rechtschreibreform" Reiner Kunze setzt sich gegen einen bayerischen Schulbuchverlag durch, der seine Texte eigenmächtig in zwangsreformierter Schulschreibung drucken ließ. Der Verlag, der mehrfach einer Vorlage des Hessischen Kultusministeriums folgte, das Kunzes Text eigenmächtig angepaßt hatte, wird durch Abmahnung und eine Unterlassungserklärung bei Meidung einer Vertragsstrafe dazu verpflichtet, Kunzes Texte nur in der Originalfassung, also in konventioneller Rechtschreibung, abzudrucken.


112) DEV startet Unterschriftensammlung (10.03.2006) PDF: DEV-Unterschriftenblatt PDF: DEV-Unterschriften-Sammelliste

Der Deutsche Elternverein (DEV) startet eine Unterschriftensammlung mit dem Text: "Klassisch schreiben heißt richtig schreiben. Das muß auch an unseren Schulen so bleiben." Erstunterzeichner ist der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass. Der Vereinsvorsitzende, Dr. Ulrich G. Kliegis, bittet darum, das Blatt PDF: DEV-Unterschriftenblatt herunterzuladen, auszudrucken und zu kopieren und unterschriebene Exemplare möglichst bis zum 25. März 2006 richtig frankiert an die Vereinsadresse schicken: Deutscher Elternverein e.V., Konsul-Lieder-Allee 36, 24226 Heikendorf. Für mehrere Unterschriften gibt es eine Sammelliste PDF: DEV-Unterschriften-Sammelliste. Auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 30. März sollen die Unterschriften überreicht werden.


111) Prof. Ickler kommentiert die Empfehlungen des Rates (09.03.2006) PDF: Prof. Icklers Anmerkungen zu den Empfehlungen des Rates Seite zu Prof. Icklers Anmerkungen zu den Empfehlungen des Rates

Auf der Website der Forschungsgruppe Deutsche Sprache (FDS) kommentiert Professor Ickler, der kürzlich aus dem staatlichen Rat für deutsche Rechtschreibung austrat, unter der Überschrift "Viel Spaß mit den neuen Regeln!" die Empfehlungen des Rates. Für diese Website hat er seine Anmerkungen neu formatiert Seite zu Prof. Icklers Anmerkungen zu den Empfehlungen des Rates


110) Springer-Verlag kündigt Umstellung auf Reform-Schreibung an (07.03.2006)

Der Rundfunk und Online-Medien melden, der Axel-Springer-Verlag werde die im Jahre 2004 aus Protest gegen die "Rechtschreibreform" wiedereingeführte alte Rechtschreibung aufgeben und im Sommer 2006 auf "Reform"-Schreibung umstellen. Der Herausgeber von Bild, Die Welt etc. wolle sich einer einheitlichen Orthographie nicht verschließen. Der Beschluß erfolgt noch vor der Ministerpräsidentenkonferenz am 30. März.
    Am selben Tag richtet der Deutsche Elternverein (DEV) einen Offenen eMail-Brief PDF: DEV-Appell an alle MDB an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages.


109) Der SPIEGEL täuscht seine Leser (06.03.2006)

In seiner "Hausmitteilung" verbreitet das Magazin die folgenden Falschmeldungen. Eine Richtigstellung folgt im Anschluß.

Die "Frankfurter Allgemeine", der SPIEGEL, der schon 1996 in einem Titel über den "Schwachsinn Rechtschreibreform" berichtet hatte, und der Axel-Springer-Konzern erklärten nach und nach, zur tradierten Rechtschreibung zurückkehren zu wollen – es sei denn, die Reform werde in wesentlichen Teilen reformiert. Mit dieser Aktion gelang es, die Kultusminister von der verbindlichen Einführung der Rechtschreibreform abzubringen. Stattdessen wurde der "Rat für deutsche Rechtschreibung" gegründet, der, unter dem Vorsitz des ehemaligen bayerischen Kultusministers Hans Zehetmair, die neuen Regeln gründlich überarbeitete. Vorige Woche stimmten die Kultusminister den letzten Änderungen zu, die neuen Regeln wurden weitgehend zurückgenommen. Was bleibt, ist die nach wie vor umstrittene "ß/ss"-Regelung. Der SPIEGEL war bei den unsinnigen, auch vom Duden klammheimlich korrigierten Neuerungen bereits zur alten Schreibweise zurückgekehrt, Anfang des Jahres hatte er zudem die vom Rat für deutsche Rechtschreibung vorgeschlagenen Verbesserungen übernommen. Die noch fehlenden Korrekturen legte der Rat jetzt vor, der SPIEGEL berücksichtigt sie von dieser Ausgabe an. Die neue, weitgehend alte Rechtschreibung soll nun vom 1. August an gelten.
  1. Es gelang keineswegs, "die Kultusminister von der verbindlichen Einführung der Rechtschreibreform abzubringen." Die "Reform" wurde am 1. August 2006 außer in Bayern und NRW überall verbindlich eingeführt.
  2. "[...] die neuen Regeln gründlich überarbeitete. [...] die neuen Regeln wurden weitgehend zurückgenommen." Die behauptete gründliche Überarbeitung und weitgehende Zurücknahme gab es nicht: Die Fremdwort-Schreibung, die Laut-Buchstaben-Zuordnung und vor allem die fehlerträchtige ss-Schreibung, das Markenzeichen der "Reform", wurden auf Druck der KMK allenfalls angesprochen, aber nicht behandelt.
  3. "Was bleibt, ist die nach wie vor umstrittene ′ß/ss′-Regelung." Diese falsche Behauptung suggeriert bewußt, außer der ß/ss-Regelung sei von der "Reform" nichts geblieben. Da große Teile der "Reform" nicht revidiert wurden, wurden sie auch nicht "weitgehend zurückgenommen". Die Getrennt- und Zusammenschreibung, Groß- und Kleinschreibung, Worttrennung am Zeilenende und die Zeichensetzung wurden zudem nur teilweise auf den Stand vor der "Reform" zurückgesetzt, während Varianten die "Reform"-Schreibung weiterhin erlauben.
  4. "[...] Anfang des Jahres hatte er zudem die [...] vorgeschlagenen Verbesserungen übernommen." Das hat der SPIEGEL in der Tat getan – noch bevor die "Verbesserungen" offiziell wurden. Außerhalb des SPIEGEL nennen manche solches Verhalten "vorauseilenden Gehorsam".
  5. Die "noch fehlenden Korrekturen" werden nicht erläutert – welche sollen das gewesen sein?
  6. "Die neue, weitgehend alte Rechtschreibung" ist ein vorsätzlicher Täuschungsversuch, wie allein schon die nicht zurückgenommene ss-Schreibung zeigt: "Die neue, weitgehend alte Reformschreibung" käme der Wahrheit näher. Was bleibt, ist der Versuch des SPIEGEL-Herausgebers, sein Mitläufer-Image mit der Maske eines Streiters für die deutsche Sprache zu kaschieren.

108) Die KMK beschließt korrigierte Reform der Schulschreibung (02.03.2006)

Die Kultusministerkonferenz (KMK) stimmt in Berlin den Änderungsvorschlägen des Rates für deutsche Rechtschreibung zu. Diese betreffen einige Regelungen der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung sowie der Worttrennung am Zeilenende. Andere Bereiche – etwa die Schreibung von Fremdwörtern und die Laut-Buchstaben-Zuordnung, vor allem die fehlerträchtige ss-Schreibung – waren im Auftrag der KMK gar nicht erst behandelt worden. Die neuen, dann bundesweit einheitlichen Regeln sollen vom 1. August an umgesetzt werden, allerdings mit einjähriger Übergangsfrist für die Änderungen der Änderungen. Die KMK kündigt an, der Bundesregierung und den internationalen Partnern die gemeinsame Übernahme der Empfehlungen vorzuschlagen.
    Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz (parteilos) plädiert in einem Deutschlandfunk-Interview dafür, daß sich die Politik künftig aus der deutschen Rechtschreibung heraushält. Dennoch stimmt er der nachgebesserten "Rechtschreibreform" zu – auch deswegen, "weil damit der gordische Knoten durchschlagen und vielleicht auch das Elend beendet ist". Er habe schon immer kritisiert, "daß sich die Politik daran macht, die Muttersprache zu normieren". Das sei ein Fehler gewesen, der aber jetzt weitgehend behoben sei. Ansonsten würde er der KMK einen Beschluß empfehlen, der laute: "Wir machen sowas nie wieder."
    Bundestagspräsident Norbert Lammert bezeichnet die Korrektur der Rechtschreibreform durch die Kultusministerkonferenz als mehr als überfällig. Für ihn sei das Verfahren "ein famoses Beispiel dafür, wie mühsam die Politik gelegentlich Lösungen für Probleme sucht, die sie selbst ohne Not geschaffen hat", meint er im 3sat-Magazin "Kulturzeit". Schon vor Beginn dieser jahrelangen quälenden Debatte habe man wissen können, daß "die Sprache eines Volkes, eines Landes und folgerichtig auch deren Schreibung sich schlechterdings politischen Kommandos entzieht".


107) Der DEV fordert Rückkehr zur klassischen Rechtschreibung (28.2.2006) PDF: Deutscher Elternverein an KMK

Der Deutsche Elternverein (DEV) fordert die Ministerpräsidenten und Kultusminister in einem Offenen Brief auf, die klassische Rechtschreibung als uneingeschränkte Schreibweise an den Schulen wieder zuzulassen. Außerdem sollten alle Erlasse zurückgezogen werden, in denen die alte Rechtschreibung als Fehler angekreidet wird. Hintergrund ist die Ende der Woche zu erwartende Entscheidung der Kultusminister über Korrekturen an der Rechtschreibreform. Das Schreiben DEV-Appell an die KMK


106) Der Rechtschreibrat übergibt der KMK seine Empfehlungen (27.02.2006)

Der Vorsitzende des staatlichen Rates für deutsche Rechtschreibung, Dr. Hans Zehetmair, übergibt am Rosenmontag in Berlin der Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Ministerin Ute Erdsiek-Rave, die Empfehlungen des Rates zur Rechtschreibung an Schulen. Das Wörterverzeichnis selbst wurde jedoch nicht vom Rat erstellt oder wenigstens begutachtet, sondern durch seine Geschäftsführerin und drei im Rat vertretene Wörterbuch-Redaktionen. Regeln und Wörterliste sollen zum Schuljahresbeginn 2006/07 bundesweit für alle Schüler(innen) gelten.
    Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache stellt in einer Wörterliste der FDS-Wörterliste die neue Regelung der normalen und der alten von 1996 gegenüber.


105) Die GEW warnt vor Korrektur der RSR (26./27.02.2006)

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die die RSR ohne Rücksicht auf die Kosten von Anfang an als Erleichterung für Kinder propagierte, warnt am Sonntag gegenüber dpa die Kultusminister vor einer "voreiligen Korrektur der Rechtschreibreform". Die vom Rat für deutsche Rechtschreibung vorgeschlagenen Änderungen bei der Getrennt- und Zusammenschreibung, Zeichensetzung und Worttrennung am Zeilenende stellten keine so wirklich bedeutsamen Verbesserungen dar, meint die GEW-Vize-Vorsitzende Marianne Demmer, "dass sie eine nochmalige kostspielige Korrektur der Lehr- und Lernmittel und der Wörterbücher rechtfertigten". Außerdem will sie widerspenstige Verlage unter Druck setzen: Die Kultusminister sollten den Korrektur-Vorschlägen des Rates nur dann folgen, "wenn zuvor von Seiten der maßgeblichen Printmedien auch verbindlich erklärt wird, dass dann der vollständige Regelstand einschließlich der geänderten ′s-Schreibung′ auch übernommen wird".


104) Professor Ickler steigt aus (24.02.2006)

Der international bekannte Erlanger Germanist und Rechtschreibreform-Gegner Professor Theodor Ickler steigt aus dem Rat für deutsche Rechtschreibung aus. Der Autor des Ickler, der deskriptiven Konkurrenz zum Duden, saß bisher für den Schriftstellerverband P.E.N im Rechtschreibrat und ist überzeugt, daß sich dort nichts mehr bewegen läßt, nachdem die Arbeit des Rates unter dem Druck der Kultusminister vorzeitig beendet wurde. Diese wollen bereits Anfang März eine Entscheidung fällen.
    Der Vorsitzende des Rates, Hans Zehetmair, kommentiert Icklers Schritt mit der Bemerkung, dieser sei "nicht kompromißfähig": Zur Demokratie gehörten Mehrheitsentscheidungen und damit auch Kompromisse. Die in repräsentativen Umfragen immer wieder dokumentierte Mehrheit der deutschen Bevölkerung gegen diese "Reform" meint Zehetmair damit jedoch nicht, und ein Wissenschaftler ist ohnehin kein Mensch des Kompromisses, sondern der Erkenntnis, des Wissens.


103) Der Rechtschreibrat befindet über Groß- und Kleinschreibung (03.02.2006)

Der staatliche Rat für deutsche Rechtschreibung entscheidet auf seiner achten und letzten Sitzung mit einer Gegenstimme über Änderungen der Groß- und Kleinschreibung. Diese soll nun der schreibenden Bevölkerung etwas weniger "angst und bange machen", an den Schulen soll wieder zwischen substantivischem und adjektivischem Gebrauch unterschieden werden. Das "Schwarze Brett" soll wie die "Erste Hilfe" die jeweilige Bedeutung eines feststehenden Begriffs dokumentieren, und auch das Anredepronomen Du darf wieder groß geschrieben werden. Nicht korrigiert werden sollen grammatisch falsche oder sinnentstellende Schreibungen wie heute Abend, im Allgemeinen, bei Weitem, Letzterer, Verschiedenes. Die fehlerträchtige und altertümliche Heysesche ss-Schreibung wird nicht einmal diskutiert.
    Die gemessen an der konventionellen deutschen Rechtschreibung sehr unvollständigen Änderungen der Schulschreibung sind den geforderten Zweidrittelmehrheiten im Rat geschuldet, die allerdings nicht die mehrheitliche Meinung der deutschsprachigen Bevölkerung wiederspiegeln. Dies gilt auch für die Einbindung der Verbände, die über die Weihnachtsferien Stellung zu einer "Reform" nehmen konnten, die sie durch ihre Mitgliedschaft in der "Zwischenstaatliche Kommission" und im "Rat" selbst zum großen Teil mitentwickelt hatten.
    Deutliche Kritik und Ablehnung kommen vom deutschen P.E.N-Club, den der bekannte Erlanger Sprachwissenschaftler Theodor Ickler im Rat vertritt, von der Forschungsgruppe Deutsche Sprache und vom Dachverband der Schweizer Lehrer.


102) Der Deutsche Elternverein kommentiert Rats-Vorschläge (02.02.2006) PDF: Deutscher Elternverein an Rat

Der Deutsche Elternverein (DEV) nimmt in einem 17seitigen Papier, das dem staatlichen Rat für deutsche Rechtschreibung schon am 25.01.2006 zuging, Stellung zu den bekanntgewordenen Änderungsvorschlägen des Rates. In seinem Fazit schreibt der Vorsitzende, Dr. Ulrich G. Kliegis:

Der Deutsche Elternverein bittet den Vorsitzenden des Rates für deutsche Rechtschreibung, seiner besonderen Verantwortung für den Erhalt und die Wiederherstellung der Schriftsprachsicherheit und -fähigkeit der Schülerinnen und Schüler weiterhin gerecht zu werden und die Kultusminister mit größtem Nachdruck aufzufordern, alle Schreibweisen der herkömmlichen Rechtschreibung ab sofort wieder als richtig anzuerkennen, also nicht nur nicht als Fehler zu werten, sondern auch auf Anmerkungen wie ‚überholt‘ und ähnliches zu verzichten.
    Die Sprachwirklichkeit in Deutschland folgt nicht den Regeln der „Rechtschreibreform“, sondern dem gewachsenen und sich stetig weiterentwickelnden Sprachgebrauch. Unsere Kinder haben einen Anspruch darauf, die gleiche Rechtschreibung zu lernen, wie sie von der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung benutzt wird. Die Lehrinhalte müssen dem angepaßt werden."

101) Der SPIEGEL kehrt teilweise zurück (02.01.2006)

Das Magazin Spiegel teilt in seiner "Hausmitteilung" mit: "Von dieser Ausgabe an folgt der SPIEGEL den bisherigen Ergebnissen der Zehetmair-Kommission, insbesondere den Änderungen in der Getrennt- und Zusammenschreibung." Chefredakteur Stefan Aust meint: "Sie sind eine Rückkehr zur Vernunft." Der SPIEGEL werde "die weiteren Empfehlungen sorgfältig analysieren und ebenfalls übernehmen, wenn sie so vernünftig sind wie die bisherigen." Unklar bleibt, wie sich der SPIEGEL orientiert, falls die KMK einigen Ergebnissen der "Zehetmair-Kommission" nicht folgt. Unklar bleibt vor allem, wie sich das Magazin in den Fällen verhält, in denen der Rechtschreib-Rat die "Rückkehr zur Vernunft" nicht vollzieht.
    In derselben Ausgabe wird Johanna Wanka zitiert, die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Brandenburgische Kultusministerin seit 2000: "Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war. Aus Gründen der Staatsräson ist sie nicht zurückgenommen worden."


100) Niederländische Medien widersetzen sich der Sprachbehörde (21.12.2005)

Die F.A.Z berichtet über einen neuerlichen Streit um die niederländische Rechtschreibung: Die zwischenstaatliche Sprachbehörde "Nederlandse Taalunie" sollte nach dem Beitritt der ehemaligen niederländischen Kolonie Surinam nur den Wortbestand des Groene Boekje aktualisieren. Die vor gut zwei Monaten erschienene Fassung propagiert jedoch – vorgeblich im Interesse der Schüler – vor allem eine Rechtschreibreform (die fünfte nach 1934, 1947, 1955 und 1995), die knapp drei Prozent aller Einträge umfaßt und ähnlich inkonsequent wie die deutsche ist (sociaaldemocraat, aber sociaal psycholoog, coassistent, aber co-educatie etc.). Die Zeitungen de Volkskrant, NRC Handelsblad und Trouw, das Nachrichtenmagazin Elsevier sowie der öffentliche Rundfunk haben angekündigt, sich der "Reform" zu widersetzen, die am 1. August 2006 in Kraft treten soll.


99) Die FDS resümiert die Arbeit des Rechtschreibrates (13.12.05) PDF: Beurteilung des Rechtschreibrates PDF: Juristen zur Rechtschreibreform PDF: Prof. Quambusch gegen Verwaltungsdeutsch PDF: Prof. Quambusch gegen Schuldeutsch

Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V. (FDS) verbreitet im Internet zwei PDF-Dokumente: Das erste enthält eine knappe Beurteilung der vom staatlichen Rat für deutsche Rechtschreibung erarbeiteten Empfehlungen unter Einschluß der (noch) nicht behandelten Gebiete. Das Ergebnis des Urteils: Die in Aussicht gestellten Reparaturmaßnahmen weisen zwar in die richtige Richtung, sind insgesamt aber nicht dazu geeignet, eine konsensfähige Rechtschreibung herzustellen. Da die Vorschläge nicht dem Urteil der gesamten Schreibgemeinschaft unterworfen, sondern ausgewählten Verbänden und Interessenvertretern Stellungnahme vorgelegt werden, ist eine weitere Verwässerung zu befürchten.
    Das zweite PDF-Dokument resumiert zwei Beträge in der Neuen Juristische Wochenschrift (49/2005): Dr. Wolfgang Kopke, Arbeitsrichter und Autor der Arbeit Rechtschreibreform und Verfassungsrecht (1995), kommentiert die jüngsten Beschlüsse des OVG Lüneburg. Er kritisiert u. a. "die dürftige Argumentation", die dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1998 zugrunde lag, und die auffällige Eile dieser Entscheidung mit dem Ziel, "dem BVerwG zuvorzukommen" und "der KMK beizuspringen". Kopke erläutert, daß ihr "keine Bindungswirkung hinsichtlich der Auslegung von Landesrecht zukommt"; das Urteil von 1998 beruhe auf Annahmen, "die zwischenzeitlich widerlegt sind, nämlich den jeweiligen Prognosen der Kultusminister, die Reform erleichtere den Rechtschreibunterricht und werde sich auch außerhalb der Schule allgemein durchsetzen".
    Dr. Klaus Ferdinand Gärditz, Assistent an der Universität Bayreuth, gesteht, wie schon die Karlsruher Richter, dem Staat eine gewisse orthographische Regelungskompetenz zu und glaubt, daß die Rechtschreibung im Unterschied zur gesprochenen Sprache "zu einem maßgeblichen Teil Derivat des schulisch vermittelten Bildungsauftrags des Staates" sei. Andererseits stellt er u. a. fest, daß die von der Reform und ihrer sanktionsbewehrten Einführung betroffenen Schüler durchaus in ihren Grundrechten berührt seien: "Die Schreibfreiheit ist ein Ausdruck der auch sprachgeprägten Persönlichkeit des Schreibenden und wird daher dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts [...] zugeordnet." Zugleich werde durch die Reform "mittelbar-faktisch" auch in das grundgesetzlich geschützte Erziehungsrecht der Eltern eingegriffen.
    Zuvor schon hatte Professor Dr. Erwin Quambusch, Staats- und Verwaltungsrechtler an der FH Bielefeld, im Jahre 2003 und am 05.12.2005 auf www.sprachforschung.org/ den staatlichen Versuch als rechtswidrig kritisiert, die Amtssprache an die neue Schriftsprache der Schule anzupassen, da sie die gebräuchlichen Schreibweisen der Sprachgemeinschaft ignoriere; die Schriftsprache der Schule widerspreche dem Recht auf korrekten Schreibunterricht.


98) Rat für Rechtschreibung korrigiert Groß- & Kleinschreibung (25.11.2005)

Der Rat für Rechtschreibung mahnt in seiner siebten Sitzung eine Korrektur der Groß- und Kleinschreibung an. Feststehende Begriffe wie Große Koalition oder Schwarzes Brett sollten groß geschrieben werden, ebenso auf allen Vieren und das vertrauliche Anredepronomen (Du, Dich, Dir). Eine bestehende Arbeitsgruppe solle hierzu Vorschläge erarbeiten, die in der nächsten Sitzung des Rates am 3. Februar 2006 beschlossen und dann bis März 2006 der Kultusministerkonferenz vorgelegt werden könnten.
    Der Rat hat außerdem die geänderte Silbentrennung am Zeilenende und die überarbeiteten Interpunktionsregeln beschlossen, um Lesbarkeit und Sinn von Texten zu gewährleisten. Der Vorstoß einiger Ratsmitglieder aus Österreich und der Schweiz, das ß ganz abzuschaffen zugunsten eines ss, wurde von den deutschen Mitgliedern des Rates entschieden abgelehnt.


97) Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens will Mitgliedschaft (24.11.2005)

Der belgische Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz äußert in München gegenüber dem Vorsitzenden des Rates für deutsche Rechtschreibung, Dr. Hans Zehetmair, den Wunsch, daß die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens als vollwertiges Mitglied an den Beratungen dieses Gremiums teilnehmen kann.


96) Das BiBB sieht Verschlechterung der Rechtschreibkompetenz (28.10.2005)

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) in Bonn veröffentlicht die Ergebnisse eines "Expertenmonitors": einer Befragung von 482 Fachleuten aus verschiedenen Bereichen der beruflichen Bildung zur "Ausbildungsreife", deren Merkmale aufgelistet und prozentual gewichtet werden, und der Bewerberqualifikation in den letzten 15 Jahren.
    Die negativen Entwicklungen werden mit 87% angeführt von einer schlechteren Beherrschung der (jetzt reformierten) Rechtschreibung, gefolgt von einer Verschlechterung des schriftlichen Ausdrucks (85%), des einfachen Kopfrechnens (84%), der Konzentrationsfähigkeit (80%), der Prozentrechnung (77%), der Dreisatzrechnung (76%), der Längen-, Flächen- und Volumenberechnung (76%), der Grundrechenarten (72%), des Durchhaltevermögens (72%), der Sorgfalt (62%) und Höflichkeit (62%). Verbessert haben sich die Grundkenntnisse im IT-Bereich (87%), die Selbstsicherheit (61%), die Grundkenntnisse der englischen Sprache (57%) sowie die Kommunikationsfähigkeit (44%) und Teamfähigkeit (40%).


95) Der Rat korrigiert die Worttrennung und Interpunktion (28.10.2005)

Der Rat für deutsche Rechtschreibung berät in Mannheim die Worttrennung am Satzende und die Interpunktion. Zur Worttrennung beschließt er:

  1. keine Trennung einzelner Buchstaben am Statzende (E+sel, A+bend),
  2. keine irreführenden Trennungen (Anal+phabet, Urin+stinkt),
  3. Beibehaltung der Trennung vor ck statt kk-Trennung (Da-ckel, schme-cken).

Bei der Interpunktion, die im November verabschiedet werden soll, sieht der Rat "in vorderster Linie den Leser und nicht nur den Schreiber", weil sich alle Zeitungen im Interesse der Leser nicht an die vereinfachte Schreibung mit Weglassen der Kommata halten; Beispiel: "Sie suchte(,) den etwas ungenauen Stadtplan in der Hand(,) ein Straßenschild", wo alternativ nach "Stadtplan" eine Sprechpause bzw. ein Komma möglich wäre. Auch beim erweiterten Infinitiv mit zu soll das Komma nun wieder gesetzt werden.
    Der Vorsitzende des Rates, Dr. h. c. Hans Zehetmair, wörtlich: "Insgesamt ist der Rat – das ist mein Eindruck – zunehmend der Auffassung, die Sprache wird sich selber im Sprachgebrauch wieder durchsetzen." Man wolle nicht durch übermäßige Anordnungen das wiederholen, was von der Bevölkerung nicht goutiert werde, und die deutsche Sprache weder für Kinder noch für Ausländer erschweren. Dr. Zehetmair bekennt sich außerdem zum groß geschriebenen Anredepronomen: "Dein Hans" etc. In der Sitzung am 25.11.2005 wird sich der Rat mit der Groß- und Kleinschreibung und s- bzw. ß-Schreibung befassen. Die weiteren Termine sind der 03.02. und 24.03.2006.


94) Neuerscheinungen: Der große "Blöff" (19.10.2005), Lob der Rechtschreibung

Zwei bekannte Streiterinnen für die deutsche Rechtschreibung bringen ein Buch heraus, das sich mit (Hinter-) Gründen der "Rechtschreibreform", ihren oft unsinnigen Regeln und nicht zuletzt ihrem Markenzeichen, dem ss bzw. dass befaßt: Das 96 Seiten starke Werk belegt an zahlreichen Beispielen, daß die allgemein kolportierte Regel "ss nach kurzem Vokal" ein Irrtum ist und nur denen als logisch erscheint, die von der konventionellen Rechtschreibung auf Schulschreibung umlernen. Claudia Ludwig & Karin Pfeiffer (2005): Der große "Blöff" · Neue deutsche Rechtschreibung: einfach unlernbar. Stolz-Verlag, Düren.
    Etwa zeitgleich erscheint ein Lob der Rechtschreibung: Der bekannte Erlanger Germanistik-Professor Munske setzt sich in dieser weiteren Neuerscheinung mit dem Sinn der Rechtschreibung auseinander und zeigt anhand der Laut-Buchstaben-Beziehungen, der Stamm-, ss- und Groß- und Kleinschreibung etc., daß das, was dem Schreiber Schwierigkeiten macht, dem Leser das Verstehen erleichtert. Horst Haider Munske (2005): Lob der Rechtschreibung. Warum wir schreiben, wie wir schreiben. Verlag C. H. Beck, München.


93) Oberverwaltungsgericht für akzeptierte Rechtschreibung (13.09.2005)

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht bekräftigt, wie seine Pressestelle mitteilt, in zwei Verfahren am 7. und 13. September 2005 (13 LA 209/05 + 13 MC 214/05) seine Rechtsprechung, wonach Schüler nach dem Schulrecht Anspruch darauf haben, in der Rechtschreibung unterrichtet zu werden, die in der Gesellschaft allgemein praktiziert wird. "Diesem Grundsatz widerspreche es, wenn im Wege einer Rechtschreibreform geänderte Schreibweisen (schon) dann allein für verbindlich erklärt würden, wenn sie sich noch nicht allgemein durchgesetzt hätten. Letzteres sei hinsichtlich der Reform von 1996, die – von der Öffentlichkeit eher unbemerkt – im Jahre 2004 durch eine neue Reform ersetzt worden ist, der Fall."
    Somit wurde die Berufung einer Schülerin aus Oldenburg gegen ein Urteil des Nachricht 82 Verwaltungsgerichts Hannover zugelassen. Dennoch lehnte das Oberverwaltungsgericht den Erlaß einer einstweiligen Anordnung auf sofortigen Stopp der Reform ab mit der Begründung, die Antragstellerin habe "schwerwiegende Nachteile" nicht zu befürchten, wenn ihre den herkömmlichen Rechtschreibregeln entsprechenden Schreibweisen im Schulunterricht beanstandet würden. Den Anspruch der Schülerin müssen ihre Eltern also erst noch vor Gericht erkämpfen.


92) Die "Rechtschreibreform" wird eingeschränkt verbindlich (01.08.2005)

Die "Rechtschreibreform" tritt in 14 von 16 deutschen Bundesländern als für Schulen verbindliches Regelwerk nur eingeschränkt in Kraft: Die Getrennt- und Zusammenschreibung, Silbentrennung und Zeichensetzung werden zunächst nicht verbindlich, da der staatliche "Rat für deutsche Rechtschreibung" diese überarbeitet. In Bayern und Nordrhein-Westfalen bleibt die Übergangsregelung bestehen, bis der "Rat" auch die übrigen "Reform"-Teile bewertet hat.
    Die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer lobt, daß die große Mehrheit der Bundesländer "standhaft geblieben" sei und dem jüngsten "überfallartigen Erpressungsversuch von Bayern, Nordrhein-Westfalen und dem Springer-Verlag" nicht nachgegeben habe. Die ablehnende Haltung der großen Mehrheit der Bevölkerung interessiert Frau Demmer nicht.


91) Das Innenministerium veröffentlicht falsche Erklärung zur "RSR" (22.7.2005)

Das Bundesministerium des Inneren veröffentlicht im Internet folgende falsche Erklärung:

22. Jul 05
Bundesverwaltung übernimmt Neuregelung der deutschen Rechtschreibung

Der Bund setzt das Verfahren zur Einführung der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung für die Verwaltungssprache entsprechend dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) um. Dies geht zurück auf einen Beschluss des Bundeskabinetts vom 27. Januar 1999 über die Einführung der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung in den amtlichen Schriftverkehr zum 1. August 1999. Die dort festgelegte Übergangsfrist bis zum 31. Juli 2005 läuft nun aus. Ab 1. August diesen Jahres erlangen somit die Teile des Regelwerkes, die der Rat für deutsche Rechtschreibung beschlossen hat, dauerhafte Gültigkeit für die Bundesverwaltung.

Die Übergangsfrist soll jedoch für diejenigen Teile des Regelwerks vorerst erhalten bleiben, in denen der Rat für deutsche Rechtschreibung seine Beratungen noch nicht abgeschlossen hat und Änderungsvorschläge zu erwarten sind. Dies betrifft die Getrennt- und Zusammenschreibung, Worttrennung und Interpunktion.

Die feste Übernahme der Neuregelung liegt im Interesse einer Einheitlichkeit des Sprachgebrauchs von Schulen und Verwaltungen.

Der aktuelle Stand des Regelwerks und des Wörterverzeichnisses ist im Internet (unter www.rechtschreibkommission.de) und im Buchhandel zugänglich.

Falsch ist diese Erklärung gleich mehrfach: Die Verbindlichkeit der Reform ist nach dem Nachricht 1 Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1998 "auf den Bereich der Schulen beschränkt", die "Einheitlichkeit des Sprachgebrauchs von Schulen und Verwaltungen" ist konstruiert: Sie läßt sich leicht durch die Rücknahme der Zwangsreform an den Schulen herstellen. Außerdem hat der "Rat für deutsche Rechtschreibung" keine "Teile des Regelwerkes" beschlossen: Nur die Kultusministerkonferenz (KMK) hat Beschlüsse gefaßt – u. a., um den "Rat" an weiteren Beschlüssen zu hindern. Unklar ist, ob das Innenministerium diese Falschinformationen aus unwissender Solidarität mit der KMK herausgibt oder mit Absicht.


90) Braunschweiger Bürger gegen "Rechtschreibreform" (20.07.2005)

Die Aussage des niedersächsischen Ministerpräsidenten, er müsse sich der Mehrheit der Bundesländer und ihrer Kultusminister beugen, mißachtet offenbar die Mehrheit der eigenen Bevölkerung: Bei einer Telefon-Umfrage der Braunschweiger Zeitung stimmen ihre Leser elf Stunden lang (von 6 bis 17 Uhr) über die Frage ab: "Sind Sie mit der Rechtschreibreform zufrieden?". Das Ergebnis: 91 Prozent der Anrufer sind unzufrieden mit der "Reform", nur 9 Prozent sind es nicht.


89) Niedersachsen macht die "Reform" am 1. August verbindlich (19.07.2005)

Niedersachsen folgt nicht der Entscheidung Bayerns und Nordrhein-Westfalens, die Übergangszeit für die "Rechtschreibreform" wegen der anhaltenden Beratungen des "Rates für deutsche Rechtschreibung" über den 1. August hinaus zu verlängern. Ministerpräsident Wulff läßt somit eine "Reform" verbindlich werden, die er angeblich entschieden ablehnt und die, wie er noch am Wochenende im Fernsehen gesagt hatte, nicht in die Hände der Politik gehöre. Ob Änderungen, die der staatliche "Rat" in den nächsten Monaten empfiehlt, für den Schulunterricht übernommen werden, erscheint nun fraglich. Somit bleiben Bayern und NRW die einzigen Länder, in deren Schulen die herkömmliche Rechtschreibung ab August nicht als Fehler gewertet wird.


88) Bayern & NRW machen die "RSR" am 1. August nicht verbindlich (16.7.2005)

Die "Rechtschreibreform" wird in Bayern und Nordrhein-Westfalen am 1. August nicht verbindlich. Die Ministerpräsidenten beider Länder, Edmund Stoiber und Jürgen Rüttgers, setzen sich damit über den Beschluß der Kultusministerkonferenz von Anfang Juni Nachricht 80 hinweg. Stoiber teilt der Presse mit, er wolle warten, bis der "Rat für deutsche Rechtschreibung" seine Beratungen abgeschlossen habe, und dann deren Ergebnisse übernehmen; es sei nicht sinnvoll, die "Reform" verbindlich einzuführen und dann im nächsten Jahr wieder Änderungen vorzunehmen. Er ruft die anderen Bundesländer auf, dem Beispiel Bayerns und Nordrhein-Westfalens zu folgen.
    Dies scheint sich bereits abzuzeichnen: Der niedersächsische Ministerpräsident, Christian Wulff, hält eine befristete Beibehaltung der Übergangsregelung für besser als die Neuregelung; den Schulen solle eine fertige Regelung, kein Stückwerk präsentiert werden. Kritik bleibt allerdings nicht aus: Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident, Kurt Beck (SPD), beklagt den Verlust "politischer Verläßlichkeit", ohne zu sagen, worauf man sich nicht verlassen könne. Die KMK-Präsidentin Johanna Wanka (Brandenburg, CDU) kritisierte, die Menschen wollten "endlich Klarheit"; daß die Bürger die Reform mehrheitlich nicht wollen, sagt sie nicht. Wankas Vorgängerin, Doris Ahnen, hat "kein Verständnis" für das Vorgehen in Bayern und NRW.


87) Ehemaliger Verfassungsrichter hält die "RSR" für "verkorkst" (13.07.2005)

Der ehemalige Verfassungsrichter Gottfried Mahrenholz (SPD) erklärt zur "Rechtschreibreform" in einem Interview mit der Zeitung DIE WELT: "Im Grunde war die ganze Geschichte von vornherein total verkorkst" und ergänzt: "Rechtschreibung ist eine Frage des Common sense und der Sprachentwicklung, keine Frage, die man von oben verordnen kann." Mahrenholz glaubt, die Entscheidung wäre 1998 in Karlsruhe ganz anders ausgefallen, wenn er noch Bundesverfassungsrichter gewesen wäre: "Ich hätte einen ganz einfachen Gesichtspunkt geltend gemacht, der bei den Richtern in der Regel durchschlägt: Man kann so etwas nicht machen ohne einen wirklich gründlichen öffentlichen Prozeß. Die Notwendigkeit der Öffentlichkeit dieser ganzen Geschichte ist ja einer der Gründe, weshalb der Parlamentsvorbehalt existiert. Das Öffentlichkeitsmoment ist überhaupt nicht berücksichtigt worden. Ich hätte mich auf alle Fälle im Gericht gegen das ganze Verfahren gewehrt."


86) Allensbacher IfD-Umfrage ermittelt 8% für "Rechtschreibreform" (Juli 2005)

Das Institut für Demoskopie in Allensbach stellt in seinen "allensbacher berichten" 2005 / Nr. 11 die neueste Umfrage zur "Rechtschreibreform" vor: In den ersten zwei Juli-Wochen ermittelten die Demoskopen nur noch acht Prozent für die "Reform": so wenige wie nie zuvor; 61% sind dagegen, 31% unentschieden. Nur 41% der Bevölkerung haben ganz oder teilweise auf die neuen Regeln umgestellt. Weiteres unter "Umfragen".


85) Michael Klett zur "Reform": "Überhaupt absolut gar nichts" (Juni/Juli 2005)

Der Schulbuchverleger Michael Klett macht aus seiner Ablehnung der "Rechtschreibreform" keinen Hehl. Im Gespräch mit Stefan Stirnemann äußert er sich auch über Kosten, Planungssicherheit, Vorschläge und Wünsche. Auszug aus dem Interview in den Schweizer Monatsheften Klett gegen die RSR


84) Ministerpräsidenten verhindern Verschiebung der "Reform" (23.06.2005)

Auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) in Berlin fordern die Ministerpräsidenten der unionsgeführten Länder einstimmig ein Moratorium der "Rechtschreibreform": Die Konferenz solle die Kultusminister anweisen, die "Rechtschreibreform" ein Jahr lang auszusetzen, um dem von ihnen installierten "Rat für deutsche Rechtschreibung" Gelegenheit zu geben, seinen Auftrag zu erledigen. Obwohl sich der Rat selbst dieser Forderung anschließt, verweigern die wenigen SPD-regierten Länder ihre Zustimmung. Da die Konferenz Einstimmigkeit verlangt, gilt der Antrag als abgelehnt. Es scheint, als wolle der erst am Vortag gewählte NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sein Wahlversprechen brechen, das Inkrafttreten der "Reform" am 1. August zu verhindern. Das Recht, die "Reform" in Nordrhein-Westfalen zu stoppen, hat er, da die Kultur Ländersache und die Ministerpräsidentenkonferenz kein Verfassungsorgang ist.


83) Akademien der Künste warnen vor verbindlicher "Reform" (22.06.2005)

Die Akademien der Künste Berlin, München und Dresden warnen eindringlich davor, die "reformierte" Rechtschreibung zum 1. August an den Schulen verbindlich zu machen. In einer gemeinsamen Erklärung kritisieren sie, die Kultusminister stellten Schüler und Lehrer damit vor eine "unlösbare Aufgabe": Die zweite Fassung der "Reform" von 2004 werde in noch keinem Schulbuch vollständig dargestellt. Weiterer betonen die Akademien: "Jene Bereiche der Neuregelung, welche die Kultusminister eigenmächtig für unstrittig erklären, waren es nie und sind es auch heute nicht."
    Morgen (Donnerstag) treffen sich in Berlin die Ministerpräsidenten der Länder, auch um noch einmal über den Beschluß der KMK zu beraten.


82) Schülerin unterliegt vor dem Verwaltungsgericht Hannover (09.06.2005)

Die 16jährige Josephine Ahrens scheitert vor dem Verwaltungsgericht Hannover mit ihrem Begehren, ihre konventionelle Rechtschreibung von den Lehrern ihres Oldenburger Gymnasiums nach dem 1. August nicht als Fehler werten zu lassen. Das Gericht verweist in seiner Begründung auf die angebliche "Bindungswirkung" des Verfassungsgerichtsurteils vom 14. Juli 1998, das die Akzeptanzprognose des Kieler Kultusministeriums billigte. Da die zwangsreformierte Schulschreibung jedoch tatsächlich mehrheitlich nicht akzeptiert ist und etliche Zeitungen und Zeitschriften inzwischen zur deutschen Rechtschreibung zurückgekehrt sind, wird Familie Ahrens das Oberverwaltungsgericht Lüneburg anrufen.


81) Der "Rat" empfiehlt mehr Zusammenschreibung (03.06.05)

Der "Rat für deutsche Rechtschreibung" in Mannheim einigt sich auf Änderungsvorschläge für die Getrennt- und Zusammenschreibung: Es soll wieder mehr zusammengeschrieben werden, was zusammengehört. Der Vorsitzende Hans Zehetmair erklärt: "Wir müssen wieder mehr auf den Sprachgebrauch der Leute achten."


80) Die KMK beschließt die Verbindlichkeit der "Reform" am 1. August (2.6.2005)

Die Kultusministerkonferenz (KMK) berät in Quedlinburg über die Umsetzung der "Rechtschreibreform". Fazit: Was bisher nur als angeblich "veraltet" gekennzeichnet wurde, soll nun an den Schulen als Fehler gewertet werden – auch wenn es weiter dem Sprachgebrauch entspricht. Ausgenommen werden vorläufig die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Zeichensetzung und Silbentrennung, dafür gibt es verlängerte Übergangsfristen, bis der "Rat für deutsche Rechtschreibung" jeweils ein Empfehlung ausgesprochen hat. Solche Teile hingegen, die der "Rat" noch gar nicht beraten hat, sollen sofort gültig werden.


79) Die CDU gewinnt mit "Reform"-Gegner Rüttgers die NRW-Wahl (22.05.2005)

Die CDU gewinnt mit einem Erdrutschsieg die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und kann mit der FDP eine Regierungskoalition im größten und mit weitem Abstand bevölkerungsreichsten Bundesland bilden. Der künftige Ministerpräsident, Jürgen Rüttgers, ist ein erklärter Gegner der "Rechtschreibreform". Im August 2004 erklärte er in der Presse: "Die neuen Regeln dürfen auf keinen Fall endgültig in Kraft treten, was am 1. August 2005 der Fall wäre. Dafür werde ich sorgen, wenn ich Ministerpräsident bin." Da die FDP sich noch radikaler gegen die RSR ausgesprochen hat, darf man gespannt sein, ob das Versprechen gehalten wird.


78) Die Kultusministerkonferenz bremst den Rat (12.04.2005)

Die KMK will weitere Beratungen des "Rates für deutsche Rechtschreibung" unterbinden: Zu den meisten Bereichen der "Reform" sind Änderungsvorschläge unerwünscht. Die KMK-Präsidentin, Professor Dr. Johanna Wanka, wörtlich:

  1. Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, die 1996 eingeführt wurde, bleibt nach dem Ende der für die Fehlerkorrektur in den Schulen eingeräumten Übergangszeit am 01.08.2005 verpflichtende Grundlage des Unterrichts. Hierzu gehören die Laut-Buchstaben-Zuordnungen (z.B. die s-Schreibung, das Zusammentreffen dreier Konsonanten und die Fremdwortschreibung), die Schreibung mit Bindestrich oder die Groß- und Kleinschreibung. Die strittigen Themen machen nur einen relativ geringen Teil des Gesamtumfangs aus.
  2. Zu Teilbereichen der Getrennt- und Zusammenschreibung, Zeichensetzung und Worttrennung am Zeilenende hat der Rat für deutsche Rechtschreibung am 08.04.2005 nach seiner 3. Sitzung angekündigt, den staatlichen Stellen Änderungsvorschläge vorlegen zu wollen. Zur Getrennt- und Zusammenschreibung will er bereits Anfang Juni Beschlüsse fassen.
  3. Änderungen in diesen Teilbereichen können nach Beschlussfassung im Rat und öffentlicher Anhörung von Verbänden zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt nach dem 01.08.2005 Grundlage des Unterrichts werden. Bei der Einführung der Änderungen sind die Belange der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen. Die Kultusministerkonferenz würdigt mit diesem Vorgehen die intensive Arbeit des Rates. Sie erwartet vom Rat bis Anfang Juni eine Übersicht, bis zu welchem Zeitpunkt er seine Änderungsvorschläge ausgearbeitet vorlegen und deren Auswirkungen darlegen kann, um diese insgesamt bewerten und deren Umsetzung auch mit den staatlichen Stellen in den übrigen deutschsprachigen Staaten abstimmen zu können.


77) "Rat für deutsche Rechtschreibung" für mehr Zusammenschreibung (8.4.05)

Die besonders umstrittene Getrenntschreibung soll überwiegend wieder zurückgenommen werden. Wie der Vorsitzende des staatlichen "Rates für deutsche Rechtschreibung", der ehemalige bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair, nach der heutigen Sitzung des Rates bekanntgibt, zeichnet sich dort eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die erneute Zusammenschreibung von Wörtern ab, die eine Sinneinheit bilden. Demnach sollen heiligsprechen, kaltstellen, kranklachen, krankschreiben, leidtun, richtigstellen, übrigbleiben, verlorengehen, vollquatschen, zufriedenbstellen etc. nicht mehr getrennt geschrieben werden. Endgültige Beschlüsse will der Rat im Juni fassen.


76) Der Städte- und Gemeindebund in NRW ist gegen die "Reform" (16.03.2005)

Der StGB NRW weist die Städte und Gemeinden Nordrhein-Westfalens mit seiner Mitteilung 235/2005 in deutlichen Worten darauf hin, daß sie nicht verpflichtet sind, ab 01.08.2005 die reformierte Rechtschreibung anzuwenden. Im Original:

Neue Rechtschreibung in Kommunalverwaltungen
Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen sind nicht verpflichtet, die neue Rechtschreibung einzuführen. Vielmehr ist diese Entscheidung den Kommunen selbst überlassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Urteil vom 14.07.1998, 1 BVR 1640/97, kommt der Einführung der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung lediglich rechtliche Verbindlichkeit zu, soweit sie sich auf den Bereich der Schulen beschränkt. Personen außerhalb dieses Bereichs seien rechtlich nicht gehalten, die neuen Rechtschreibregeln zu beachten und die reformierte Schreibung zu verwenden. Sie seien vielmehr frei, wie bisher zu schreiben. Somit bezieht sich die Übergangszeit für die Einführung bis zum 31.07.2005 auch nicht auf Kommunalverwaltungen. Vor dem Hintergrund der vielfältigen Defizite und Widersprüchlichkeiten der reformierten Rechtschreibung möchte die Geschäftsstelle empfehlen, diese Form der kultusministeriell beschlossenen Legasthenie im kommunalen Verwaltungsverfahren nicht anzuwenden.
Az.:I/1 011-22-1


75) Die "Volksinitiative für die Rücknahme der RSR" gibt auf (10.03.2005) Stellungnahmen des Kultusministeriums

Die am 1. August 2004 gegründete Nachricht 35 niedersächsische "Volksinitiative für die Rücknahme der Rechtschreibreform" gibt ihr Ende bekannt. Wie eine ihrer Sprecher, Gabriele Ahrens, mitteilt, hatte die Initiative aus zwei Gründen keinerlei Aussicht mehr auf Erfolg:
    Erstens hatte Ministerpräsident Wulff die Reformgegner im Oktober im Stich gelassen, als er in der Ministerpräsidentenkonferenz für die Einführung der Reform zum 01.08.2005 stimmte – sich also nicht einmal der Stimme enthielt; viele Menschen haben seither resigniert. Zweitens und vor allem: Petitionen aus dem Jahre 2004 gegen die "Reform" wurden im Landtag mit fadenscheinigen Begründungen Stellungnahmen des Kultusministeriums ohne Rücksicht auf die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung abgeschmettert; selbst wenn die geforderten 70.000 Unterschriften zustande kämen, würde der dadurch erzwungene Beschluß des Landtages kaum anders lauten.


74) Prof. Theodor Ickler vertritt den P.E.N. im "Rat" (01.03.2005) Prof. Icklers Forderungen

Nachdem das "Reform"-kritische P.E.N.-Zentrum Deutschland in Darmstadt zunächst zögerte Nachricht 35, den für sie reservierten Sitz im "Rat für deutsche Rechtschreibung" einzunehmen, will es dem Rat nun doch beitreten und sich dort von dem renommierten Sprachwissenschaftler Professor Theodor Ickler aus Erlangen vertreten lassen. Ickler fordert seit der Einführung der "Reform" ihre Rücknahme und veröffentlichte 2000 im Leibniz-Verlag (St. Goar) "Das Rechtschreibwörterbuch". "Reform"-Kritiker verbinden mit seiner Teilnahme die Hoffnung auf ein Ende der Geheimniskrämerei des Rates. Icklers Forderungen Prof. Icklers Forderungen


73) Lesemeßgerät im "Guckomobil" soll Lesefreundlichkeit testen (15.02.2005)

Mit ihrem neuen mobilen Blickbewegungslabor testen Psychologen um Prof. Dr. Arthur Jacobs (Freie Universität Berlin) an Berliner Grundschulen unter anderem, ob Schülern das Lesen bzw. Lesenlernen seit der Schreibreform leichter fällt. Das in einem Lieferwagen, dem "Guckomobil", installierte Meßgerät des Herstellers SMI zeichnet in einer etwa halbstündigen Untersuchung die Augenbewegungen, Pupillenveränderungen und das Lesetempo beim Lesen eines normierten Textes auf und wertet die Daten aus. So lassen sich Leseschwächen und -störungen objektiv diagnostizieren, und es zeigt sich, ob die Augen an Wörtern in konventioneller Schreibung länger hängenbleiben als an solchen in Schulschreibung. In zwei Wochen wird die Untersuchung abgeschlossen sein, erste Ergebnisse sollen im April vorliegen.
    Interessant an dieser Untersuchung ist, daß ihr Fokus nicht auf dem leichten Schreiben, sondern auf dem wichtigeren Lesen bzw. Lesenlernen liegt. Unverständlich ist, warum sie nicht schon vor der Schreibreform durchgeführt wurde. Ihr Wert hängt davon ab, inwieweit sie von der Vorprägung der Leser abstrahiert: Was man kennt, liest man flüssiger als das, was man nicht kennt ...


72) Der staatliche "Rat für Rechtschreibung" konstituiert sich (17.12.2004) Mitgliederliste

Im Institut für Deutsche Sprache in Mannheim konstituiert sich der neue "Rat für deutsche Rechtschreibung". Als Vorsitzender wird auf Wunsch der Kultusminister der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair gewählt. Ebenso wie ihre Vorgängerin, die "Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung" mit ihren Beiräten, ist der neue Rat organisatorisch an das Institut für Deutsche Sprache angebunden. Auch seine Aufgabe ist identisch, er soll "die Entwicklung der Schreibpraxis beobachten und die Rechtschreibung auf der Grundlage des orthographischen Regelwerks im notwendigen Umfang weiterentwickeln." Selbst die Mitglieder sind überwiegend die alten Kommisionsmitglieder: Mitgliederliste Extraseite.


71) Hans Zehetmair will Reformschwachstellen beseitigen (03.12.2004)

Die Kultusminister sehen Hans Zehetmair als Vorsitzenden des geplanten staatlichen "Rates für deutsche Rechtschreibung" vor. Zehetmair war als bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus sowie Präsident der Kultusministerkonferenz an der Einführung der Rechtschreibreform beteiligt.
    In einem Beitrag für die F.A.Z. kündigt er an, "bei der Suche nach einer konsensfähigen Lösung behilflich zu sein." Zehetmair nennt für ein solches "langfristig arbeitendes Gremium" zwei Voraussetzungen: "Staatsferne und größtmögliche Pluralität" und behauptet, der Rat sei aufgrund seiner Zusammensetzung "kein staatliches Organ". Er beabsichtigt, die Bevölkerung "schließlich doch noch für eine sinnvolle Reform zu gewinnen." Den umgekehrten Weg, nämlich die Anpassung der Reform an den mehrheitlichen Willen der Volkes (also ihre Abschaffung), schließt er aus: "Bei aller berechtigten Kritik an der bestehenden Reform wird es eine völlige Rückkehr zur alten Rechtschreibung nicht geben. Es darf nicht übersehen werden: Die derzeit praktizierte Reform enthält durchaus sinnvolle Korrekturen, wie beispielsweise die neue ′s′-Schreibung."


70) Der Bundestag debattiert über die "Rechtschreibreform" (02.12.2004) Zitate aus der Bundestagsdebatte

Der Bundestrag debattiert den Antrag der CDU/CSU "Klarheit für eine einheitliche Rechtschreibung" und den fraktionsübergreifenden Antrag "Die Einheit der deutschen Sprache bewahren". Die kontroverse Debatte ist geprägt von kämpferischem Engagement der FDP, Einsichten und mangelnder Konsequenz der CDU/CSU, Inkonsequenz und Zaudern der Grünen und Polemik und Pöbeleien der SPD. Zitate und Kommentare Zitate aus der Bundestagsdebatte


69) Rechtswissenschaftler appellieren an Bundestagsfraktionen (25.11.2004) PDF: Rechtswissenschaftler appellieren an den Bundestag

Dr. Johannes Wasmuth, der Koordinator einer Initiative von mehr als 70 Professoren der Rechtswissenschaft aus Deutschland, Österreich und der Schweiz für die bewährte Rechtschreibung Nachricht 22: Rechtsprofessoren und Gründungsmitglied des unabhängigen "Rates für deutsche Rechtschreibung e.V."Nachricht 45: Rat für deutsche Rechtschreibung, wendet sich in einem ausführlichen Schreiben an die Bundestagsfraktionen mit der Bitte, "im Deutschen Bundestag zu beschließen, der Rechtschreibreform und ihren administrativen Umsetzungsakten, jedenfalls soweit sie den Bund betreffen, umgehend ein Ende zu bereiten." PDF: Rechtswissenschaftler appellieren an den Bundestag
    Auch der Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Professor Dieter Borchmeyer, und Reinhard Markner, der Vorsitzende der "Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.", wenden sich jeweils mit Schreiben an die Bundestagsabgeordneten.


68) Antrag der CDU/CSU · KMK-Präsidentin bestreitet alles (22.11.2004) KMK-Präsidentin Ahnen leugnet alles

Die CDU/CSU-Fraktion bringt im Bundestag einen Antrag zur Rechtschreibung ein, mit dem sich dieser voraussichtlich am 3. Dezember befassen wird. Die Rückkehr zur alten Schreibweise wird darin nach der Intervention CDU-regierter Länder Nachricht Nr. 66 vor zwei Wochen nicht verlangt – diese Forderung sei in der Fraktion nicht durchzusetzen gewesen. Die Kultusministerkonferenz wird nur aufgefordert, dafür zu sorgen, daß der "unbefriedigende und verunsichernde Zustand durch eine klare Entscheidung über eine verbindliche Rechtschreibung auf allen staatlichen Ebenen beendet wird".
    Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Doris Ahnen, bestreitet in einem heute veröffentlichten SPIEGEL-Interview (Heft 48/04) alle Einwände gegen die "Reform". Der Wortlaut des Interviews KMK-Präsidentin Ahnen leugnet alles


67) Fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag (21.11.2004) Fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag

Die Zeitung Bild am Sonntag meldet, auf Antrag einer fraktionsübergreifenden Initiative von 45 Abgeordneten werde sich der deutsche Bundestag erneut mit der Rechtschreibreform befassen. Die Bundesregierung solle damit verpflichtet werden, bei den Bundesländern auf eine Rücknahme der Rechtschreibreform zum 1. August 2005 zu dringen. Der Antrag im Wortlaut Fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag


66) Diskussionsverbot: CDU-Chefin verhindert Antrag im Bundestag (9.11.2004)

Die Fraktionschefin der CDU/CSU zieht einen Antrag zurück, den Deutschen Bundestag über die "Rechtschreibreform" diskutieren zu lassen und die rot-grüne Bundesregierung aufzufordern, in Abstimmung mit den Ländern dafür zu sorgen, daß "der unbefriedigende Zustand durch eine klare Entscheidung über eine verbindliche Rechtschreibung auf allen staatlichen Ebenen beendet wird." Die Reform habe ihr Ziel nicht erreicht, die deutsche Rechtschreibung leide zunehmend an Unverbindlichkeit und verunsichere weite Teile der Bevölkerung. Der Antrag wurde zuvor von den Bildungspolitikern der Union einstimmig verabschiedet und trägt auch den Namen von Fraktionschefin Angela Merkel. Mit ihrem überraschenden Schritt beugt sich die CDU-Chefin dem Druck unionsgeführter Länder, die eine Befassung des Bundestages ablehnen.


65) ComputerBild kehrt zur konventionellen Rechtschreibung zurück (1.11.2004)

Die auflagenstärkste Computer-Zeitschrift, ComputerBild (Springer-Verlag), erscheint seit Heft 23/2004 wieder in der alten Rechtschreibung. Ihr Chefredakteur verweist zur Begründung auf unsinnige Schreibweisen der "Schlechtschreibreform" und den "Initiativpreis Deutsche Sprache", den diese Zeitschrift 2001 erhielt. In Kürze wird auch die AudioVideoFotoBild wieder in deutscher Rechtschreibung gedruckt: Diese größte monatlich erscheinende Audio-, Video- und Fotozeitschrift hat mit weit über 400.000 Exemplaren fast dieselbe Auflage wie alle elf Konkurrenten zusammen.


64) Auch das P.E.N-Zentrum sagt der KMK ab (28.10.2004)

Nach der "Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung" verzichtet auch das P.E.N.-Zentrum Deutschland in Darmstadt auf einen Sitz im neuen "Rat für deutsche Rechtschreibung". Grund: Es gehe nur um eine formelle Einbindung der Kritiker, die Resultate der Beratungen stünden bereits fest. Gemäß der Entschließung des P.E.N. vom Nachricht 25: 14.05.2004 14. Mai 2004 wiederholte Generalsekretär Wilfried F. Schoeller die Forderung, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren: "Der Mangel an verbindlichen Normen für die deutsche Schriftsprache und die Unklarheiten, die sich für eine Generation von Schülern durch unausgereifte Reformpläne ergeben haben, können nur auf diesem Weg behoben werden."


63) Die "Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung" sagt ab (22.10.2004)

Die "Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung" sagt der KMK ab: Sie werde sich nicht am offiziellen "Rat für deutsche Rechtschreibung" beteiligen. Obwohl die Akademie der KMK selbst mit einem weitgehenden Kompromißentwurf entgegengekommen war, hält sie den offiziellen "Rat für deutsche Rechtschreibung" in seiner geplanten Form zur ungeeignet. Sie will ihre Absage allerdings nicht als Abkehr von ihrer bisherigen Haltung verstanden wissen: Wie Akademiepräsident Klaus Reichert betont, sei man weiterhin bereit, Vertreter in ein nichtstaatliches Gremium zu entsenden, das für die Einheitlichkeit und Stimmigkeit der deutschen Rechtschreibung zu sorgen habe. Dieses müsse von bisher 36 auf nicht mehr als sechs Sitze verkleinert werden und mit ausreichender Entscheidungsbefugnis ausgestattet werden, um die Unstimmigkeiten und Mängel der Reform zurücknehmen zu können. KMK-Präsidentin Doris Ahnen bedauert die Entscheidung: "Ich verstehe die Kritik nicht."


62) Nobelpreisträgerin für Boykott des "Rechtschreib-Rates" (21.10.04) Boykottaufruf der Literaturnobelpreisträgerin

In einem von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) am nächsten Tag veröffentlichten Offenen Brief ruft die neue Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ihre Kollegen von der "Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung" zum Boykott des geplanten "Rates für deutsche Rechtschreibung" auf. Die Akademie, die einen eigenen Kompromiß-Entwurf zur Rechtschreibreform vorgelegt hat und derzeit ihre Herbsttagung abhält, soll zwei der 36 Ratsmitglieder stellen dürfen. Boykottaufruf der Literaturnobelpreisträgerin


61) SPD berät Gesetzesentwurf für Volksabstimmungen

Die SPD-Fraktionsspitze im Bundestag berät einen Gesetzesentwurf zur Einführung von Volksabstimmungen, der eine Änderung des Grundgesetzes voraussetzt und Grundlage von Gesprächen mit der Opposition werden soll. Die von rund 70 Rechtsprofessoren Anfang August Nachricht 39: 09.08.2004 geforderte Volksabstimmung würde so möglich.


60) KMK beschließt "Rat für deutsche Rechtschreibung" (14.10.2004) Rat für deutsche Rechtschreibung

Die Kultusministerkonferenz beschließt den "Rat für deutsche Rechtschreibung" in der Erwartung, daß die zuständigen Stellen der Bundesregierung, Österreichs und der Schweiz zustimmen. Der Rat löst die aufgelöste Zwischenstaatliche Kommission ab und soll seine Arbeit noch in diesem Jahr beginnen. Unklar ist noch, wer dem Rat vorsitzen soll. Rat für deutsche Rechtschreibung


59) Auch der SPIEGEL knickt ein (11.10.2004)

Aus der Ankündigung des Spiegel-Verlags vom 6. August, "schnellstmöglich" zur bewährten Rechtschreibung zurückzukehren, wird wohl nichts: Auch das Hamburger Magazin reiht sich ein in die Schlange der Abwarter: Wie in seiner "Hausmitteilung" als Rechtfertigung zu lesen ist, hätten "sich die Ministerpräsidenten am Freitag voriger Woche von dem Beschluss distanziert, dem die Ankündigung des SPIEGEL (wie auch der Blätter des Springer Verlages und der „Süddeutschen Zeitung”) gegolten hatte". Die neue Ankündigung lautet nun: "Von der Besetzung des Gremiums sowie vom Ablauf und vom Ergebnis der Beratungen wird der SPIEGEL sein weiteres Vorgehen abhängig machen." Die voraussichtliche Zusammensetzung des Gremiums ist jedoch bekannt und das Ergebnis abzusehen ...


58) Die Länder halten an der "Rechtschreibreform" fest (08.10.2004)

Die Ministerpräsidenten beschließen auf ihrer Jahreskonferenz in Berlin, die Rechtschreibreform nicht zu kippen; sie solle aber durch einen "Rat für deutsche Rechtschreibung" überarbeitet werden, vor allem bei der Getrenntschreibung, Eindeutschung von Fremdwörtern, Interpunktion und Trennung. Niedersachsens Christian Wulff, der kurz vor der Konferenz eingeknickt war, sagte nach einer Meldung der WELT KOMPAKT mit Bezug auf das Einstimmigkeitsprinzip: "Es gibt keine Möglichkeit einer Rückkehr zur alten Rechtschreibung." Er unterschlug dabei die Kulturhoheit der Länder, die jedem Land einen eigenständigen Weg auch in der Rechtschreibung ermöglicht: Die Wähler in Schleswig-Holstein hatten es 1998 mit einem Volksentscheid vorgemacht, der ein Jahr später vom Landtag aufgehoben wurde.
    Die Entscheidung der Länder steht weiterhin im Gegensatz zur überwältigenden Bevölkerungsmehrheit: Die WELT KOMPAKT veröffentlicht eine TNS-Emnid-Umfrage, nach der 63 Prozent das Inkrafttreten der "Reform" ablehnen, während 21% es "nur mit einigen Veränderungen" und nur 15% vollständig befürworten.
    Die Zeitung berichtet außerdem ausführlich über die Studie des Leipziger Erziehungswissenschaftlers Harald Marx Nachricht 44: 21.08.2004 zur ß- bzw. ss-Schreibung: Ein Wort wie Schoß wurde demnach vor der Reform von 89 Prozent der Viertkläßler richtig geschrieben, 1996 noch von 73%, 1998 von 53% und 2004 nur noch von 35%.
    Einige Politiker und Schriftsteller fordern unterdessen einen Volksentscheid: Die CDU-Bildungsexpertin Katherina Reiche erklärte der Bild: "Bei einem so wichtigen Thema darf nicht über die Köpfe der Bürger hinwegentschieden werden." Auch die Generalsekräterin der FDP, Cornelia Pieper, verlangt, das Volk entscheiden zu lassen. Der Schriftsteller Günther Nenning wird mit dem Satz zitiert: "Gegen das Diktat der Schlechtschreibung hilft nur eine Volksbefragung." Der Dichter Günter Kunert meint: "Beamte und Bürokraten haben nicht das Recht, dem Volk übers deutsche Maul zu fahren."


57) Wulff und Süddeutsche machen Rückzieher (06.10.2004) · FDP-Antrag FDP-Antrag an hessischen Landesparteitag

Die neue, im kleineren Tabloid-Format und überwiegend in konventioneller Rechtschreibung erscheinende überregionale WELT KOMPAKT aus dem Springer-Verlag berichtet, Niedersachsens Ministerpräsident Wulff befürworte nicht mehr eine komplette Rücknahme der "Rechtschreibreform", vielmehr setze er darauf, daß es dem von der Kultusminister-Konferenz geplanten "Rat für Deutsche Sprache" gelingen werde, die "Reform" so "weiter zu entwickeln", daß sie mehr Akzeptanz finde. (Ob ′weiter entwickeln′ oder ′weiterentwickeln′ gemeint war, bleibt unklar.) Ferner habe sich Wulff für eine Verschiebung des Einführungstermins ausgesprochen.
    Auch die Süddeutsche Zeitung macht einen Rückzieher, sie will doch vorerst bei der neuen Schreibung bleiben, die Mehrheit der Redakteure habe sich für eine "Reform der Reform" ausgesprochen.
    Die Aachener Zeitung meldet, das "Grammatische Telefon" am Germanistischen Institut der RWTH Aachen, eine der meistkonsultierten Sprachberatungen im deutschsprachigen Raum, werde nach Angaben ihres Leiters, Professor Christian Stetter (zugleich Dekan der Philosophischen Fakultät) nur noch nach der alten Rechtschreibung beraten. Dem Staat spricht Prof. Stetter eine Regelungskompetenz in Sachen Orthographie ab, den Ministern bescheidet er: "Sie haben die Kompetenz, den Lehrplan festzulegen, aber nicht die Lehrinhalte. Und der Lehrplan muß einfach lauten: Die Kinder haben die herrschende Orthographie zu lernen. Punkt, aus. Wenn es schwierig ist, dann müssen sich die Didaktiker Wege überlegen, wie man es ihnen erklärt." Das "Grammatische Telefon" ist Mo–Fr 10–12 Uhr erreichbar unter 0241/80-96074.
    Die Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm verleiht den Nobelpreis für Literatur 2004 der österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek. Sie gehört zu den 100 ersten Unterzeichnern des heute veröffentlichten Frankfurter Appells für die Rücknahme der Rechtschreibreform.
    Vier hessische Bundestagsabgeordnete fordern in einem Antrag an den Landesparteitag der FDP die Rücknahme der "Rechtschreibreform" und ab 1. Januar 2005 die Rückkehr zur bewährten Entwicklung der Rechtschreibung ohne Einmischung des Staates. Sie erklären die Rechtschreibreform für gescheitert und verlangen vom hessischen Regierungschef Roland Koch, die Reform vollständig zurückzunehmen; das gelte auch für die von der Zwischenstaatlichen Kommission vorgenommenen "Detailanpassungen" mit "Variantenzulassungen", die zu einem erneuten Änderungsbedarf der Wörterbücher in rund 3000 Fällen führen würden. Der Wortlaut des in konventioneller Rechtschreibung verfaßten Antrages FDP-Antrag an hessischen Landesparteitag


56) Frankfurter Appell: 100 Prominente für Rücknahme der RSR (05.10.2004) Frankfurter Appell

100 prominente Schriftsteller, Verleger, Wissenschaftler und Künstler fordern auf der Frankfurter Buchmesse in einem Appell an die Ministerpräsidenten und Kultusminister der deutschen Länder die Rücknahme der Rechtschreibreform. Friedrich Merz, Finanzexperte und stellvertretender Unions-Fraktionsvorsitzender im Deutschen Bundestag, schließt sich der Initiative spontan an. Der am 6.10. veröffentlichte Appell Frankfurter Appell


55) Axel-Springer-Verlag kehrt zur Rechtschreibung zurück (03.10.2004)

Die Zeitschriften und Zeitungen des Axel-Springer-Verlages kehren zur deutschen Rechtschreibung zurück. Den Anfang macht heute am "Tag der deutschen Einheit" die Bild am Sonntag, am kommenden Montag werden Bild, Die Welt, Hamburger Abendblatt, Berliner Morgenpost und B.Z. folgen und am Sonntag, dem 10. Oktober, die Welt am Sonntag und B.Z. am Sonntag. Die zahlreichen Zeitschriften des Verlags werden schrittweise zur klassischen Rechtschreibung zurückkehren. Der Spiegel-Verlag, der ebenfalls seine Rückkehr angekündigt hat, wird technisch bedingt etwas später umstellen.


54) Allensbach: Mehr Gegner der "Rechtschreibreform" (September 2004)

Das Institut für Demoskopie in Allensbach stellt Anfang Oktober aufgrund seiner Umfrage vom September 2004 fest: "Die Gegner der neuen Rechtschreibung haben Zulauf erhalten, und das Lager der Befürworter, das vorher schon schwach war, ist schwächer geworden." 1997 hatte die Zustimmung bei 10 Prozent gelegen, bis Mai 2004 war diese Zahl lediglich um 3 Prozentpunkte auf 13% gewachsen, jetzt ist sie aufgrund der aktuellen Diskussion wieder auf 11% gesunken. Der Anteil der Gleichgültigen ist von 38% auf 29% gefallen, 60% sprechen sich wieder gegen die "Reform" aus. Näheres unter "Umfragen".


53) Bundestagsvizepräsidentin fordert Entschuldigung für die RSR (24.09.2004)

Die Vizepräsidentin des deutschen Bundestages, Antje Vollmer (B90/Grüne), erklärt im Reichenhaller Tagblatt: "Was jetzt fällig ist, ist eine Entschuldigung bei den Kindern dafür, dass sie das falsch lernen mussten." Die Fehlerquote scheine sogar noch höher zu sein als bei der alten Rechtschreibung: "Also ist der menschenfreundliche Ansatz der Reform auch gescheitert." Nach Überzeugung der Vizepräsidentin kann die weitere Umsetzung der "Reform" verhindert werden. Die Ministerpräsidenten hätten eine Mitverantwortung, weil sie die Kultusminister hätten laufen lassen: "Ich appelliere an alle Länderchefs, die Rechtschreibreform zu stoppen." Frau Vollmer weiter: "In der Alltagssprache halte ich sie schon für gestoppt, weil die Leute weiter so schreiben werden, wie sie wollen."


52) FDP stellt Antrag im NRW-Landtag (23.09.2004) FDP-Antrag im NRW-Landtag

Die FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag beantragt, die "Sinnhaftigkeit" der neuen Rechtschreibung vor Ablauf der Erprobungsphase bis zum 30. Juli 2005 gründlich zu evaluieren. Insbesondere sei zu erheben, in welchem Umfang die Ziele erreicht oder verfehlt worden seien. Bei der Entscheidung über eine Rücknahme der Reform sei etwa die "Nutzerakzeptanz" zu berücksichtigen, der Abwägungsprozeß müsse "ergebnisoffen und unideologisch" erfolgen. Die FDP formuliert wörtlich: "Heute wissen wir: Die neue Rechtschreibreform hat ihren eigenen Anspruch weit verfehlt." Der in konventioneller Rechtschreibung verfaßte Antrag im Detail FDP-Antrag im NRW-Landtag


51) Niedersachsens Ministerpräsident Wulff für Rückkehr (20.09.2004) MP Wulff für Rücknahme

Ministerpräsident Christian Wulff ist die mangelnde Akzeptanz der "Rechtschreibreform" in der Bevölkerung zu wichtig, um sie einfach zu übersehen. Eine alte Forderung Dudens, nämlich die Einheitlichkeit der Schreibung zu wahren, statt Beliebigkeit zuzulassen, will er wieder stärker in den Vordergrund gestellt sehen. In der größten deutschen Sprachzeitung, der Deutschen Sprachwelt, fordert er, "endlich den Knoten zu durchschlagen und zur bewährten Rechtschreibung zurückzukehren". Die Aussage "Niedersachsen allein kann diese Reform nicht umkehren." zeigt aber auch seine Bereitschaft, den "Reformern" nachzugeben. MP Wulff für Rücknahme
    Unabhängig davon droht Wulff mit der Kündigung des Abkommens über das Sekretariat der Kultusminister-Konferenz (KMK) aus dem Jahr 1959, das immer noch am Einstimmigkeitsprinzip festhält.


50) Schulministerium NRW: Lügen oder Legasthenie? (September 2004) Antwort der Schulministerium NRW

Die Schulministerin in Düsseldorf läßt einem Bürger ihres Bundeslandes, der sich über das sture Festhalten an der "Rechtschreibreform" beschwert hatte, unter dem Datum "September 2004" u. a. mitteilen,

Alle diese Aussagen sind falsch Antwort der Schulministerium NRW. Auf die Vorhaltung des erwähnten Bürgers, daß die "Reform" neben der Schreibung auch die Bedeutung von Wörtern verändere und Schülern nicht plausibel gemacht werden könne und daß sie bis heute keine Mehrheit in der Bevölkerung finde, geht die Ministerin mit keinem Wort ein.


49) Braunschweig kehrt zur alten Rechtschreibung zurück (31.08.2004)

Der Verwaltungsausschuß der niedersächsischen Großstadt beschließt mit Mehrheit, den Vorschlag ihres Oberbürgermeisters Dr. Gert Hoffmann sofort umzusetzen, in der Braunschweiger Stadtverwaltung wieder die alte Orthographie anzuwenden. Der Beschlußtext lautet: "Die Stadtverwaltung kehrt wieder zu den alten Rechtschreibregeln zurück. Die Anwendung der neuen Regeln wird bis zu einer abschließenden Regelung der Ministerpräsidenten toleriert." Der Oberbürgermeister kündigt an, die alten Rechtschreibregeln über eine Organisationsverfügung im Laufe der Woche in der Verwaltung wieder einzuführen. Bediensteten der Verwaltung, die sich in der neuen Rechtschreibung sicherer fühlten, werde gestattet, sie anzuwenden, bis es in Deutschland eine endgültig akzeptierte Regelung gibt.


48) Darmstädter Akademie wiederholt Kompromißvorschlag (30.8.2004) Kompromißvorschlag der Akademie

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung wiederholt ihren seit März 2003 Nachricht 19: März 2003 bekannten Vorschlag zur "Rechtschreibreform". Dieser fordert den Rückbau falscher Schreibweisen, akzeptiert aber zugleich die neue ss-Regelung nach Kurzbuchstaben, u. a. um den Neudruck von Schulbüchern zu vermeiden.
    Während die Kultusministerkonferenz (KMK) teilweise Einigkeit, teilweise aber auch "nicht überwindbare Gegensätze" zwischen ihr und der Akademie sieht und deren Vorschlag weitgehend unberücksichtigt lassen will, wenden sich 37 Mitglieder der Akademie gegen das wiederholte Kompromißangebot Kompromißvorschlag der Akademie.


47) 23. Auflage des Rechtschreib-Dudens (28.08.2004)

Die 23. Auflage des Dudens – die dritte präskriptive Auflage seit 1996 – wird am 25. August 2004 vorgestellt und liegt drei Tage später in den Buchläden. Sie wird eingeleitet durch eine Zusammenfassung der Änderungen am amtlichen Regelwerk, die die Kultusministerkonferenz (KMK) Anfang Juni bewilligt hat. Im Sprachgebrauch der Redaktion sind dies nur "Präzisierungen und Ergänzungen", während die KMK selbst behauptete: "Durch die Änderungen werden bisherige Schreibweisen nicht falsch." Durch die teilweise Rückkehr zu den konventionellen Formen sind nun deutlich mehr Varianten als zuvor gelistet, wobei die Erfindungen der "Reformer" aber jeweils an erster Stelle stehen.
    Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kurt Beck teilt unterdessen mit, es habe auch in der SPD Reform-Kitiker gegeben, die Partei sei aber nicht damit einverstanden, das Rad zurückzudrehen.


46) Wiener Sitzung zur Rechtschreibreform (23.08.2004)

Verwaltungsbeamte aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein beraten in Wien im österreichischen Bildungsministerium über die Zusammensetzung und die künftigen Aufgaben eines Gremiums mit beratender Funktion, das die bisherige "Zwischenstaatliche Kommission" 2005 ablösen wird und den Titel "Rat für deutsche Rechtschreibung" tragen könnte. Die Namenskollision mit dem am Vortag gegründeten Verein könnte aber für den geplanten Rat eine Namensänderung zur Folge haben.


45) Unabhängiger "Rat für deutsche Rechtschreibung" gegründet (22.08.2004)

Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gründen in München einen (von den Kultusministern) unabhängigen "Rat für deutsche Rechtschreibung". Dieser werde sich "dem erklärten Willen der Bevölkerungsmehrheit entsprechend [...] für die Wiederherstellung der einheitlichen Rechtschreibung einsetzen, wie sie vor der Rechtschreibreform üblich war".
    Zum Vorsitzenden des multinationalen Vereins wird der bekannte Journalist Hans Krieger gewählt, zu Stellvertretern Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren in Wien, und der Schweizer Gymnasiallehrer Stefan Stirnemann. Weitere Gründungsmitglieder sind der Weilheimer Deutschlehrer Friedrich Denk, der Verleger Walter Lachenmann, Prof. Bernd Rüthers, Rechtswissenschaftler in Konstanz, und Dr. Johannes Wasmuth, Rechtsanwalt und Lektoratsleiter in München. Ehrenmitglieder sind u. a. die Schriftsteller Elfriede Jelinek, Wulf Kirsten, Günter Kunert und Reiner Kunze.
    Die Gründungsversammlung wendet sich gegen den Plan der Kultusminister-Konferenz, "eine weitere Rechtschreibkommission zu berufen, deren einzige Aufgabe es sein kann, das offenkundige Scheitern der Rechtschreibreform hinauszuzögern". Die Rückkehr zur bewährten Schreibung, die allen, auch den Schülern, nach wie vor bekannt ist, sei der einfachste, sicherste und wirtschaftlich vernünftigste Weg zu einer zweckmäßigen und modernen Orthographie, heißt es in der Presseerklärung des Vereins.


44) Langzeitstudien belegen: Rechtschreibung wurde erschwert! (21.08.2004)

Die Neue Osnabrücker Zeitung veröffentlicht ein Interview mit dem bekannten Erziehungswissenschaftler und Schriftsprachforscher Prof. Dr. Harald Marx von der Universität Leipzig, der in jahrelangen Vergleichsstudien die Rechtschreibleistung von Grundschülern vor (1996) und nach der Rechtschreibreform (1998, 2001, 2003 und 2004) untersucht hat (s. Artikel 1999). Die Untersuchung bezog sich auf die ß-Schreibung und ergab:

Marx erklärt den Übergeneralisierungseffekt psychologisch damit, daß die veränderten Schreibungen zunächst nur dem Duden und den "Rechtschreibreformern" selbst bekannt gewesen seien. Journalisten, Autoren und andere Vielschreiber folgten entweder weiter alten Regeln oder einer Mischung von alten und neuen oder Eigenkreationen. Lernpsychologisch betrachtet führe das zu einer viel längeren Abspeicherungen von Schreibmustern. Dadurch habe sich jetzt ein Nebeneinander verschiedener Schreibungen etabliert. Marx sieht seine vor Jahren aufgestellte Gegenhypothese bestätigt, daß es zu einer sich ausbreitenden Verwirrung kommen werde. Er plädiert dafür, den Termin 2005 für die Verbindlichkeit der Reform auszusetzen und es zunächst bei der Gültigkeit von Alt und Neu zu belassen, langfristig aber die Empirie und die Zeit entscheiden zu lassen, welche der Schreibungen sich häufiger durchsetzt. Das sei dann ein natürlicher Ausleseprozeß, denn das Lernen vollziehe sich nicht nach den Regeln der Sprachwissenschaftler, sondern auf der Ebene der Wahrnehmung des Einzelnen.
    Rückblickend meint Marx, statt die Rechtschreibreform offiziell zu verkünden, wäre es wesentlich sinnvoller gewesen, man hätte die Änderungsvorschläge als Alternativen zu der bisherigen Schreibweise in einen neuen Duden eingearbeitet. Dann hätte man schauen können, wie sie angenommen werden.


43) Duden-Redaktion für "Holzhammermethode" (20.08.2004) Duden-Redaktion für Holzhammermethode

Die Zeitschrift tv Hören und Sehen (Nr. 35/2004) veröffentlicht ein Interview mit Dr. Matthias Wermke, seit 1995 Leiter der Duden-Redaktion. Dieser empfiehlt gegen die Rechtschreibschwäche vieler Schüler nicht etwa vermeintlich leichte Regeln, sondern mehr Übung: Sätze mit zu vielen Kommafehlern etwa sollten mehrmals fehlerfrei geschrieben werden: "Eine Holzhammermethode, aber sie würde vielleicht auch heute noch wirken." Weitere Erkenntnisse aus der Duden-Redaktion Duden-Redaktion für Holzhammermethode


42) TNS Emnid: Die Mehrheit will die Reform kippen (12.08.2004)

Das bekannte Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid stellt fest: 66 Prozent wollen die "Rechtschreibreform" kippen, so daß nichts von ihr bleibt, 21 Prozent sprechen sich für eine abgeschwächte Form aus; nur zwei Prozent der Deutschen wollen starr an ihr festhalten. Näheres unter "Umfragen".
    Die Illustrierte News veröffentlicht das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Gallup-Instituts in Österreich: 62 Prozent aller Erwachsenen wünschen die Rücknahme der "Reform", nur 12 Prozent sind auf die neue Schreibweise umgestiegen, 32 Prozent verwenden eine Mischung aus beiden.
    In Nordrhein-Westfalen nennt das Solinger Tageblatt das Ergebnis einer eigenen, nicht repräsentativen Ted-Umfrage vom Vortage: 69% stimmten für die Rückkehr, 20% dagegen, 11% wollen eine Überarbeitung.
    Die Kronen Zeitung, die 43 Prozent aller Österreicher erreicht, titelt: "Schluß mit neuer Rechtschreibung". Ihr Herausgeber, Hans Dechant, schreibt, die "in überflüssiger bürokratischer Regelungswut" entstandene "Reform" sei ein "großer Fehler": "Jetzt bleibt nicht mehr viel Zeit, ihn gutzumachen, denn im August nächsten Jahres wird der uns aufgezwungene Irrsinn verbindlich." Auf der Website der Zeitung stimmen Dreiviertel der Teilnehmer für die konventionelle Rechtschreibung.


41) Bild-Orden "Retter der deutschen Sprache" (11.08.2004)

Die Springer-Presse berichtet täglich über und gegen die "Rechtschreibreform", allerdings weiterhin in "Reform"-Schreibung. Die BILD-Zeitung etwa nennt "7 Wahrheiten über die Schlechtschreib-Reform" und verleiht den Orden "Retter der deutschen Sprache". Erster Preisträger ist Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff. Ob diese merkwürdige Aktion nützt, also die so beglückten psychologisch am "Umfallen" hindert, wird sich dann zeigen, wenn die Ministerpräsidenten zwecks Entscheidung zusammenkommen.
    Die Süddeutsche Zeitung erkärt am selben Tag, sie strebe "eine Regelung an, die vernünftige Neuerungen – etwa die ß- und ss-Schreibweise – übernimmt, es andererseits aber bei wesentlichen Teilen der alten Rechtschreibung belässt."


40) Lehrerverband hält Reformstopp für verkraftbar (10.08.2004) · Prominente Prominente gegen die RSR

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, erklärt gegenüber der Bild-Zeitung, die genannten Kosten einer Rückkehr zur alten Schreibweise seien "aufgebauscht" und "nicht gigantisch". Ein Austausch der Lehrmaterialien an Schulen sei kein Problem, da viele Bücher "sowieso nach fünf bis sechs Jahren zerfleddert" seien und ausgetauscht werden müßten.
    Kraus erwartet im Falle einer Rückkehr zur klassischen Rechtschreibung keine Probleme, ein Stopp der Rechtschreibreform sei Lehrern und Schülern durchaus zumutbar. "Von den 700 Wörtern Grundwortschatz, den Viertklässler schriftlich beherrschen müssen, brauchen sie gerade einmal 20 Wörter neu zu lernen"; ein "viel größeres Chaos gibt es, wenn wir weiter eine Orthographie lehren, die außerhalb der Schule immer weniger praktiziert wird".
    Auf dem Titelblatt der Bild-Zeitung sprechen sich Prominente aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens für die konventionelle Rechtschreibung aus – Zitate Prominente gegen die RSR.


39) Volksabstimmung gegen Schlechtschreib-Reform? (09.08.2004)

Rund 70 Rechtsprofessoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz fordern eine Volksabstimmung zur Rechtschreibung; den Kultusministern müsse die Entscheidungsbefugnis hierzu genommen werden. Der Schriftstellerverband PEN erneuert seine Forderung nach einer Rücknahme.
    Von den Reformern selbst sind fast nur noch Sekundärargumente zu hören: Die Präsidentin der Kultusminister-Konferenz etwa, Doris Ahnen (SPD), reagiert auf die genannte Forderung mit der Bemerkung, das Volk habe "ganz andere Sorgen", und es gehe auch um Verläßlichkeit, man könne "nicht ständig die Richtung wechseln". Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Stange, läßt im Rundfunk verbreiten, sechs Schülergenerationen seien inzwischen in der reformierten Schreibung unterrrichtet worden; durch eine Rückkehr entstünden Chaos und immense Kosten. (Solche Argumente hatten die GEW vor Jahren nicht daran gehindert, die Einführung der "Rechtschreibreform" zu fordern.) Die 12-Uhr-Nachrichten melden, Bundeskanzler Schröder habe sich gegen eine Rücknahme der "Reform" ausgesprochen.


38) Doris Ahnen (KMK-Präsidentin): nur 2% der Wörter betroffen ... (08.08.2004)

In der ARD-Sendung mit Sabine Christianen verteidigt die Präsidentin der Kultusminister-Konferenz die "Rechtschreibreform" erneut und hebt hervor, sie betreffe nur 2% der deutschen Wörter, und zu 95% seien dies Veränderungen von ß zu ss.
    Was als Beschwichtigung zugunsten der "Reform" gedacht ist, bedeutet aber auch: Der Umlern-Aufwand ist für Schüler vernachlässigenswert gering, auch bei der Rückkehr zur konventionellen Rechtschreibung!


37) Bild-Unterschriftenaktion gegen Schlechtschreib-Reform (07.08.2004)

Die BILD-Zeitung titelt in ihrer Samstagsausgabe: "Schluß mit der Schlechtschreib-Reform! BILD kehrt zurück zur alten Rechtschreibung". Auf ihrer zweiten Seite berichtet BILD über die Entscheidung der Verlage Springer und Spiegel sowie die Ankündigung der Süddeutschen Zeitung und des Hamburger Bauer-Verlages und läßt die Chefin des Suhrkamp-Verlages zu Wort kommen. Außerdem können Leser den folgenden Coupon ausschneiden und an die Bild-Redaktion senden:

  BILD-Coupon gegen die Schlechtschreibreform

Der Verweis auf Goethe und Schiller ist allerdings etwas problematisch, da damals etwas anders geschrieben wurde als heute. Der Brief läßt sich auch aus dem Internet herunterladen, ausdrucken und unterschrieben einsenden an: BILD-Leserservice, Postfach 3440, 20350 Hamburg.


36) 06.08.2004: Spiegel, Springer & Süddeutsche wollen der F.A.Z. folgen

Freitag mittag melden die Nachrichten den Beschluß des Spiegel-Verlags und der Axel-Springer-AG, die 60% der Deutschen erreichen, "schnellstmöglich" zur bewährten Rechtschreibung zurückzukehren; am Abend schließt sich die Süddeutsche an. Das erklärte Ziel ist die Wiederherstellung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung. Die Entscheidung löst sofort ein großes Echo aus:


35) 1. August 2004: Volksinitiative gegen die RSR in Niedersachsen Unterschriftenbogen der Volksinitiative gegen die "RSR"

In Niedersachsen wird eine "Volksinitiative für die Rücknahme der Rechtschreibreform" gegründet. Die Sprecher sind Gabriele und Prof. Dr. Carsten Ahrens, Mitstreiter sind einige Mitglieder des Landtages und Bundestages der CDU, SPD und FDP. Die parteiübergreifende Initiative will bis zum 20.06.2005 70.000 Unterschriften wahlberechtigter Bürger sammeln und dem Landeswahlleiter einreichen, um eine Sitzung des zuständigen Ausschusses des Niedersächsischen Landtages zu erzwingen. Dieser wird nach Artikel 47 der Landesverfassung aufgefordert, "äußerste Anstrengungen zu unternehmen, um zu erreichen, daß zum schnellstmöglichen Zeitpunkt in den Schulen wieder die bewährte Rechtschreibung [...] unterrichtet wird".
    Da Druck und Versand sehr teuer sind und ausschließlich privat finanziert werden, bittet die Volksinitiative um Spenden auf das Konto 100176-002 bei der Raiffeisenbank Wesermarsch-Süd, BLZ 280 614 10. Kontakt-Adresse: Gabriele Ahrens, Bardenfleth 14, 26931 Elsfleth. Der Unterschriftenbogen ist hier PDF: Unterschriftenbogen der Volksinitiative gegen die "RSR" herunterzuladen.


34) Ende Juli 2004: Verleger halten Kosten für zu verkraften

Der Verleger des Deutschen Taschenbuchverlages (dtv), Wolfgang Balk, erklärt: "Die langfristige wirtschaftliche Belastung durch die weitgehend absurde Rechtschreibreform ist mit Sicherheit höher zu veranschlagen als die kurzfristigen Mehrkosten für eine Rückführung." Da Schulbücher häufig neu aufgelegt würden, müsse im allgemeinen nichts makuliert werden, was die Korrekturkosten niedrig halte.
    Karin Pfeiffer-Stolz vom Dürener Stolz-Verlag hält die Umkehr bei einer "großzügigen Übergangsfrist" für "wirtschaftlich schwierig, aber zu meistern". Solche Aussagen relativieren das Argument des Verbandes der Schulbuchverlage (VdS Bildungsmedien), der vor den Kosten der Umkehr gewarnt hat.
    Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Gerhardt, weist das finanzielle Argument ebenfalls zurück, da man die Kosten bei der Einführung der "Rechtschreibreform" auch in Kauf genommen habe. Er spricht sich dafür aus, die Reform rückgängig zu machen.


33) DIE ZEIT zwischen "letzter Shangs" und "neuer Freiheit" (29.7.2004)

Die Wochenzeitung DIE ZEIT erörtert in zwei großen Artikeln, die fast die gesamte Titelseite einnehmen, das Für und Wider der "Rechtschreibreform". Der Einlauftext lautet:

Rechtschreibung, Falschschreibung
In zwölf Monaten soll die Rechtschreibreform verbindlich werden. Nun ist der Streit darüber wieder aufgeflammt. Selbst in dieser Zeitung, die das Regelwerk für sich modifiziert hat, wird die Debatte erneut geführt. Wir präsentieren das Pro und Contra und laden unsere Leser ein, ihre Meinung zu äußern und ihr Votum abzugeben
WWW.ZEIT.DE/RECHTSCHREIBREFORM

Ob der Verlag das Leservotum respektieren und zur deutschen Rechtschreibung zurückkehren wird, teilt er nicht mit.


32) Fünf Ministerpräsidenten gegen "Rechtschreibreform" (25.7.2004)

Mittlerweile haben sich fünf Ministerpräsidenten von dem Beschluß der Kultusministerkonferenz distanziert, die Schreibreform ab dem 1. August 2005 verbindlich zu machen: nach den Regierungschefs von Bayern, Niedersachsen und des Saarlandes nun auch Erwin Teufel von Baden-Württemberg und Wolfgang Böhmer von Sachsen-Anhalt. Der Niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulf wird mit den Worten zitiert: "Die Rechtschreibreform war von Beginn an abwegig, und jetzt wissen wir: Sie ist gescheitert."


31) "Warburger Appell": Aufruf an alle Lehrerinnen und Lehrer (19.07.2004)

Warburger Lehrerinnen und Lehrer stellen öffentlich fest: "Die zur Begründung der Reform genannten Ziele – Erleichterung des Schreibens, Verminderung der Fehlerzahlen, Bewahrung der Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung – sind offensichtlich nicht erreicht worden, wie nun auch der niedersächsische Kultusminister Busemann eingeräumt hat." Sie werben für einen Appell an die politisch Verantwortlichen:

Unsere Erfahrungen mit der neuen Rechtschreibung widersprechen den von ihren Urhebern geweckten Erwartungen. Die orthographischen Fertigkeiten unserer Schülerinnen und Schüler haben sich in den letzten Jahren nicht verbessert.
Gleichzeitig stellen wir fest, daß die herkömmliche Rechtschreibung weiterhin praktiziert wird, gerade auch von jenen Schriftstellern, deren Werke wir im Unterricht verwenden. Wir halten es nicht für sinnvoll, unseren Schülern Schreibweisen als Fehler anzustreichen, die ihnen in den Texten der namhaftesten Autoren deutscher Sprache begegnen. Deshalb sollen an den Schulen auch über den 1. August 2005 hinaus die Schreibweisen der „alten“ Rechtschreibung nicht als falsch gelten.

Wer den "Warburger Appell" unterstützen möchte, kann seinen Namen und Vornamen, den Schulort und die Fächer und eine evtl. Schulleitungsfunktion per eMail an die Organisatoren übermitteln. Die persönlichen Daten werden vertraulich behandelt.


30) Kulturstaatsministerin Weiss für konventionelle Rechtschreibung (17.7.2004)

Nachdem der Bundesinnenminister vor ca. einer Woche immerhin "Verständnis" für den Wunsch einiger Ministerpräsidenten nach Rückkehr zur konventionellen Rechtschreibung äußerte, den Bund aber für nicht zuständig erklärte, fordert nun das erste Mitglied der Bundesregierung eine Änderung der Schreibreform: Kulturstaatsministerin Christina Weiss ruft die Ministerpräsidenten auf, berechtigte Einwände ernstzunehmen und die neuen Regeln nicht gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen.
    Vor einer Änderung haben unterdessen der Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz gewarnt: Reinhard Bütikofer "frage sich, ob es nicht dringendere Themen gebe". (Ob er diesen Einwand auch vor der Einführung der "Rechtschreibreform" geltend machte?) Doris Ahnen, seit Januar 2004 Präsidentin der Kultusministerkonferenz, wundert sich über die Heftigkeit des Widerstandes und meint, ein Umlernen sei Kindern nicht zuzumuten.


29) Juli 2004: CDU-Ministerpräsidenten wollen die "Reform" evtl. zurücknehmen

Die Ministerpräsidenten Peter Müller (Saarland, CDU), Edmund Stoiber (Bayern, CSU) und Christian Wulff (Niedersachsen, CDU) vereinbaren, die "Rechtschreibreform" im Oktober der Ministerpräsidentenkonferenz vorzulegen, um sie dann möglicherweise zurückzunehmen; der Kultusminister-Konferenz (KMK) soll die Zuständigkeit für dieses Thema entzogen werden. Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen) unterstützt den Vorstoß, sogar aus der PDS kommt verhaltene Zustimmung.


28) Juni 2004: Der Orden Pour le mérite kehrt zur Rechtschreibung zurück

Die Mitglieder des Ordens Pour le mérite für Wissenschaft und Künste beschließen auf ihrer Frühjahrstagung in Berlin, das Jahrbuch des Ordens wieder in der bewährten Rechtschreibung vor 1998 zu verfassen.
    Der 1842 von Friedrich Wilhelm IV. von Preußen gestiftete und 1952 auf Anregung von Theodor Heuss erneuerte Orden gilt als die bedeutendste deutsche Auszeichnung für Akademiker und Künstler. Zur Zeit gehören ihm 34 deutsche und 37 ausländische Mitglieder an, darunter zwölf Nobelpreisträger.


27) Juni/Juli 2004: Länderpolitiker und Juristen gegen die RSR

Kaum hat die Kultusministerkonferenz trotzig die Verbindlichkeit des Reformprojekts beschlossen, regt sich ausgerechnet in den Länderregierungen dagegen Widerstand:


26) 4. Juni 2004: "Rechtschreibreform" ab 01.10.2005 an Schulen verbindlich

Trotz der Proteste von Schriftstellern und Verlegern, Juristen und Lehrern, Wissenschafts- und Kunstakademien soll die Reform in Deutschland, wie bei ihrer Einführung geplant, zum 1. August 2005 in Kraft treten: Die Kultusministerkonferenz (KMK) bestätigt während ihrer zweitägigen Sitzung in Mainz am Donnerstagabend einstimmig den 4. und letzten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für Rechtschreibung. Die drei wichtigsten Beschlüsse:

  1. Die Zwischenstaatliche Kommission in Mannheim wird aufgelöst. An ihrer Stelle wird ein "Rat für deutsche Rechtschreibung" gegründet, in dem die für die Reform fachlich Verantwortlichen ihren Einfluß auf die deutsche Sprache behalten. Es sollen aber auch Kritiker der Reform mitwirken können, etwa die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung. Der Rat soll alle fünf Jahre Bericht erstatten. Seine Aufgaben und Mitglieder werden in Absprache mit Österreich, der Schweiz und Liechtenstein Ende 2004 bestimmt.
  2. Mit der Installation des Rates beenden die Kultusminister die direkte Oberaufsicht über die Reform und damit ihre direkte politische Einflussnahme auf die Rechtschreibung, deren weitere Entwicklung offen ist. Organisatorisch entspricht dieser Zustand der ehemaligen Duden-Redaktion. Deren Beschlüsse waren jedoch deskriptiv, sie orientierten sich an der Akzeptanz neuer Schreibweisen durch die Schreibgemeinschaft.
  3. Der gebilligte Bericht sieht erneut Änderungen an der "Reform" vor, vor allem bei der Getrennt- und Großschreibung: So soll etwa neben "allein stehend" wieder "alleinstehend" möglich sein, allerdings ohne Bedeutungsdifferenzierung. Bei Zahl-Adjektiven darf man außer "die meisten" auch "die Meisten" schreiben, und die "Gelbe Karte" oder "Kleine Anfrage" z. B. sind als feststehende Begriffe wieder in Großschreibung erlaubt.

25) 14.05.2004: P.E.N.-Zentrum für Rücknahme der "Rechtschreibreform"

Das deutsche Zentrum der internationalen Schriftstellervereinigung "Poets, Essayists, and Novelists", das P.E.N.-Zentrum Deutschland in Darmstadt, fordert in einer Entschließung "die Rücknahme der Reform und die Wiedereinsetzung der bis zum 1. 8. 1998 gültigen Regelungen". Zu Plänen, die Zwischenstaatliche Kommission zu bevollmächtigen, in einem Fünfjahresrhythmus alle orthographischen Veränderungen unterhalb von "Änderungen von grundsätzlicher Bedeutung" ohne Entscheidung der Kultusministerkonferenz anzuordnen, heißt es:
Das deutsche P.E.N.-Zentrum spricht sich gegen diese Befugniserweiterung aus und unterstützt den Offenen Brief der Akademien der Wissenschaften und der Künste in Deutschland vom Februar 2004, in dem an die verfassungsmäßig verankerte Verantwortung der Kultusminister appelliert und die Beteiligung unabhängiger sprachwissenschaftlicher Instanzen verlangt wird.


24) Mai 2004: neue Allensbach-Umfrage

Zwei Jahre nach seiner letzten Umfrage stellt das renommierte Institut für Demoskopie in Allensbach fest, daß die "Rechtschreibreform" nur von 13 Prozent der Bevölkerung befürwortet wird. 1996, als sie beschlossen wurde, waren es 10 Prozent. Deutlich gestiegen ist die Zahl der Gleichgültigen. Näheres unter "Umfragen".


23) 21.02.2004: Sprachbriefmarke der Sprachzeitung Deutsche Sprachwelt

  Briefmarke der Deutschen Sprachwelt

Die Sprachzeitung Deutsche Sprachwelt gibt erstmals eigene, vollwertige Postwertzeichen heraus. Ausgabetag der ersten Briefmarke ist der "Internationale Tag der Muttersprache" am 21. Februar. Die Marke mit einem Nennwert von 0,55 € trägt den Aufruf "Die deutsche Sprache gemeinsam erhalten und gestalten". Sie erscheint in einer Auflage von 10.000 Stück und ist in Österreich voll frankaturgültig.

Die Briefmarke ist nach Aussage der Deutschen Sprachwelt eine Antwort auf das "Kauderwelsch" bei der Deutschen Post. Die Sprachzeitung appelliert zugleich an den für Briefmarken zuständigen deutschen Bundesfinanzminister Hans Eichel, die für Mai 2004 geplante Europamarke nicht unter das Motto "holidays" zu stellen. Die Österreichische und die Schweizer Post verwenden das Wort "Ferien".

Bestellungen sind ab Ausgabetag möglich bei: Engelsbrander Briefmarkenversand, Lärchenstraße 27, D-75331 Engelsbrand, Telefax: 07082/941588, eMail: briefmarken@deutsche-sprachwelt.de (Standardpreis Februar 2004: 2,00 €, weitere Preise auf Anfrage; Höchstabgabemenge: 10 Stück; Portokosten innerhalb Europas: 0,55 Euro, Welt: 1,50 €)


22) Februar 2004: Professoren verlangen Rückkehr zur Rechtschreibung Petition der Professoren

In einem eindringlichen Appell an den Deutschen Bundestag, die deutschen Landtage, den Nationalrat der Republik Österreich und den Nationalrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft fordern über 50 renommierte Rechtsprofessoren, in der Mehrzahl Zivil- und Staatsrechtslehrer, die sofortige Beendigung des Projekts "Rechtschreibreform".

In ihrer Petition heben die Unterzeichner hervor, daß die mit der sog. Wiener Absichtserklärung vom 1.7.1996 beschlossene Rechtschreibreform schwerwiegende Mängel aufweise, die das Ergebnis einseitiger, verkürzter oder falscher Betrachtungen der deutschen Sprache sowie unausgewogener Formelkompromisse der verantwortlichen Kommissionsmitglieder seien. Die überaus große Zahl offensichtlicher Mißgriffe machten das Reformwerk schlichtweg unbrauchbar. Die jüngst vorgeschlagenen Änderungen entzögen sich einem rationalen Zugriff und vergrößerten das bereits angerichtete Chaos.

Die Professoren weisen darauf hin, daß die erheblichen Defizite der Reform in der öffentlichen Diskussion umfassend belegt seien. "Die gravierenden Mängel zerstören die Einheitlichkeit der deutschen Schriftsprache, beeinträchtigen deren Aussagekraft und Ausdrucksvielfalt und gefährden damit die Stellung des Deutschen im Ausland." Die Unterzeichner der Petition stellen ferner fest, daß die neuen Regeln vom überwiegenden Teil der Sprachgemeinschaft nicht akzeptiert würden. Sie bemängeln die Fehlerhäufigkeit in den öffentlichen Publikationsorganen und die Existenz unterschiedlichster Schreibweisen. Das gilt nicht nur für die im Handel erhältlichen Lexika, sondern auch für die sog. Hausorthographien von Verlagen und Firmen.

Nach Überzeugung der Rechtswissenschaftler ist eine Rückkehr zur bewährten traditionellen Rechtschreibung ohne weiteres möglich, auch an den Schulen. Sie wissen sich in ihrer Verantwortung für die deutsche Sprache und Rechtschreibung in Übereinstimmung mit den deutschsprachigen und ausländischen Schriftstellern, den deutschen Akademien der Wissenschaften und der Schönen Künste sowie mit den Sprach- und Literaturwissenschaftlern an in- und ausländischen Universitäten. Der Wortlaut der Petition ist auf einer Petition der Professoren Extraseite nachzulesen.


21) Vierter Bericht der "Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung" im Februar 2004 abgesegnet; geheimes Sprachamt? Artikel vom 31.01.2004

Der vierte Bericht der Kommission gelangte schon im Januar an die interessierte Öffentlichkeit und sorgte sofort in etlichen Tageszeitungen für in Sachen Schreibreform ungewohnte Schlagzeilen, erstaunlich schonungslose Berichterstattung und bissige Kommentare (Beispiel vom 31.01.2004 Beispiel). Zwei Gründe gibt es dafür:

  1. Die "Reform" soll de facto erneut "reformiert" werden, weil die vielfach unsinnigen Vorschriften für die Groß- und Kleinschreibung und vor allem für die Getrennt- und Zusammenschreibung auf Widerstand stoßen. Aus allein stehend darf wieder alleinstehend werden, und die erste Hilfe z. B. darf wieder Erste Hilfe sein, die falsche Schreibung Leid tun jedoch darf Schülern nur leidtun, nicht mehr leid tun, wie es in konventioneller Rechtschreibung heißt.
        Dabei findet die Kommission nicht den Mut, einfach die bewährten konventionellen Regeln wieder in Kraft zu setzen: Die falschen Formen sollen als Hauptvarianten bestehenbleiben, die nur durch die konventionellen Formen als (Neben-) "Varianten" ergänzt werden. Die historische Reihenfolge ihrer Entstehung wird so auf den Kopf gestellt, zu erwarten ist aber, daß sich die richtigen Formen auch in reformierten Texten wieder durchsetzen.
        Mit ihrem Festhalten an den Hauptvarianten der ersten "Reform" will die Kommission auch dem Vorwurf begegnen, die neuerlichen Änderungen erforderten neue Nachschlagewerke und verursachten neue Kosten; dies ist jedoch unvermeidlich, wenn in Schulen regelkonform korrigiert und benotet werden soll. Die Änderungen sind zudem nicht gering: Dem Kommissionsbericht liegt, wie bekannt wurde, der Buchstabe D des österreichischen Wörterbuchs mit allen neuen Änderungen bei. Auf den Duden hochgerechnet, ist demnach mit ca. 4000 veränderten Schreibweisen zu rechnen.
  2. Die Kultusminister wollen ihre Zuständigkeit an die Kommission abgeben. Ihr derzeitiger Vorsitzender, der Österreicher Karl Blüml, äußerte 1998: "Das Ziel der Reform waren gar nicht die Neuerungen. Das Ziel war, die Rechtschreibregelung aus der Kompetenz eines deutschen Privatverlags in die staatliche Kompetenz zurückzuholen." Gemeint war der Duden, und das Wort zurückzuholen verkündete den Allmachtsanspruch des Staates in Sachen Sprache. Genau diesen Anspruch maßt sich die Kommission nun selbst an: Als selbsternannte und demokratisch unlegitimierte Sonderbehörde möchte sie sich von staatlicher Kontrolle unabhängig machen.
        Dieses Vorhaben stößt Anfang 2004 aus zwei Gründen auf Verbitterung: a) Der Anspruch der Kultusministerkonfenz ist selbst bereits umstritten, da er sich sowohl über den menschenrechtlichen Anspruch des Individuums auf seine eigene Sprache als auch die in vielen Umfragen und sogar einer Volksabstimmung bestätigte mehrheitliche Ablehnung der Bevölkerung als auch eine Entschließung des deutschen Bundestages hinwegsetzt. b) Der Duden hatte zwar ein Privileg, das ihn für maßgeblich in Sachen Rechtschreibung erklärte; er hat jedoch in seinem wissenschaftlichen (sprich: deskriptiven) Selbstverständnis nie versucht, die Schriftsprache zu reglementieren, vielmehr dokumentierte er in gebührendem zeitlichen Abstand den tatsächlichen Sprachgebrauch und ließ so zur offiziellen Regel werden, was sich auf natürlichem Wege durchgesetzt hatte. Die Kommission hingegen geht umgekehrt, unwissenschaftlich präskriptiv vor, sie schreibt vor, was die Sprachgemeinschaft als "richtig" zu akzeptieren hat.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt am 29. Januar 2004 mit Blick auf die siebziger Jahre: "Damals galt die Rechtschreibung als Relikt des Bildungsbürgertums und als Hürde auf dem Weg zu einer egalitären Gesellschaft. Seitdem ist ihre Reform ein Unglück, das nicht vergehen will." Der Artikel endet mit einem Aufruf zu zivilem Ungehorsam: "Die Rechtschreibreform ist ein Unglück. Aber sie ist keine Naturkatastrophe, in die man sich schicksalsergeben zu fügen hätte."


20) November 2003: Pressemitteilung deutscher Akademien Brief der Akademien

Rechtschreibung ohne Kopf

Die Präsidenten der folgenden Institutionen:

schreiben an die Kultusminister aller deutschen Bundesländer, an die Kulturministerkonferenz der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, die Bundesministerin für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland, an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur der Republik Österreich und an den Bundespräsidenten der Schweizerischen Eidgenossenschaft am 12. November 2003 den folgenden gemeinsamen Brief: Brief der Akademien Extraseite.


19) März 2003: Akademie legt Kompromißvorschlag vor

Die Darmstädter "Akademie für Sprache und Dichtung" legt in Buchform einen Kompromißvorschlag vor:
Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung [Hrsg.] (2003): Zur Reform der deutschen Rechtschreibung · Ein Kompromißvorschlag. Wallstein Verlag, Göttingen. (144 Seiten, brosch., 16 €, ISBN 3-89244-655-5)


18) April 2002: neue Meinungsumfrage

Eine aktuelle Umfrage des unabhängigen Instituts für Demoskopie in Allensbach von Mitte April 2002 belegt, daß die "Rechtschreibreform", die im Juli 1996 beschlossen wurde, nach wie vor auf den breiten Widerstand der Bevölkerung stößt: Über die Hälfte der Befragten lehnt die neuen Regeln ab. 56 Prozent der Bevölkerung erklärten sich als Gegner der Reform, während sich nur zehn Prozent wohlwollend über die Reform äußerten. Nur 25 Prozent der Deutschen im Alter über 16 Jahren haben sich nach eigenen Angaben auf die neue Rechtschreibung eingestellt. Näheres unter "Umfragen".


17) April 2002: Resolution gegen die "Rechtschreibreform" Resolution

Das Thema Rechtschreibreform ist nach dem Erscheinen des neuen (3.) Berichtes der Zwischenstaatlichen Kommission im März 2002 wieder ins Blickfeld der Medien gerückt. Die dadurch entstandene günstige Stimmung wollen organisierte Sprachschützer nutzen und mit einer Resolution in die Öffentlichkeit gehen.

Die Resolution wurde unter Federführung von Frau Claudia Ludwig vom Verein für lebendige deutsche Sprache und Frau Astrid Mannes erarbeitet. Sie wendet sich diesmal nicht an Einzelpersonen, sondern an alle Verbände, Vereine, Parteien, Unternehmen, Verlage, Vereinigungen und Institutionen, von denen Unterstützung erhofft werden darf; je größer und einflußreicher diese sind, desto besser.
    Wer die folgende Resolution (Resolution Extraseite) unterstützen möchte, kann sie namens seiner Organisation unterschrieben an die folgende Adresse schicken:

Astrid Luise Mannes
Alte Röder-Schmiede, Haus 5 · Darmstädter Straße 32 e
64404 Bickenbach
Tel./Fax: 06257/905115 · Tel.: 06151/319142 (d)


16) März 2002: Hessische Wissenschaftsministerin gegen die Schreibreform

Die hessische Wissenschaftsministerin Ruth Wagner (FDP) hält die Rechtschreibreform für gescheitert und plädiert für eine Umkehr. In einem Interview mit DER WELT erklärte Frau Wagner unter anderem:

"Ich habe von Anfang an gesagt und sehe mich jetzt darin bestärkt, dass diese Reform insgesamt falsch ist. Die alte, bisher geltende Rechtschreibung hatte gewiss einige Korrekturbedürfnisse. Aber was jetzt bei der Getrenntschreibung, bei der s-Schreibung, bei der Groß- und Kleinschreibung gemacht worden ist, ist in Wahrheit sinnentstellend. Und jetzt zeigt sich: In drei großen Nachschlagewerken, im Duden, im Bertelsmann und im Brockhaus, wird nach drei oder vier Jahren bereits abgewichen von den neuen Regeln, und jedes dieser Nachschlagewerke hat andere Schreibungen. Wir haben also eine Sprachentwicklung, die sich einer Normensetzung durch den Bundestag oder die Kultusministerkonferenz entzieht. Man hätte bei der gewohnten Rechtschreibung bleiben und diese dem sich entwickelnden Sprachgebrauch anpassen sollen – das hätte viel mehr gebracht. [...] Ich glaube, dass wir einen Teil der Dinge wieder zurücknehmen müssen. Man könnte sagen: Okay, es gibt eine Norm, die seit hundert Jahren gilt und sich langsam fortentwickelt, aber wir machen keine feste Setzung."


15) November 2001: Vertraulicher Kommissionsbericht offengelegt

Der im November fertiggestellte dritte Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission (2000 bis 2001) stellt die "Rechtschreibreform" bei aller trotzigen Rhetorik zu ihren Gunsten de facto selbst in Frage und kündigt weitere Korrekturen an. Die neuen Regeln sind demnach zwar an den Schulen problemlos eingeführt worden, aber in der Schriftsprache immer noch nicht verankert; vor allem wissenschaftliche Literatur werde weiter überwiegend in konventioneller Schreibung verfaßt, starke Widerstände gebe es in der germanistischen Forschung und Lehre etc.


14) 1. Oktober 2000: Hochschulverband schreibt wieder konventionell

Der Deutsche Hochschulverband, also die Berufsvertretung der Professoren und Privatdozenten an den deutschen Universitäten, kehrt mit seiner Zeitschrift Forschung & Lehre und seinem Schriftverkehr zur konventionellen Rechtschreibung zurück.


13) August 2000: 22. Duden-Auflage

Am 25. August 2000 erscheint die 22. Auflage des Rechtschreib-Dudens erscheint. Entgegen der Behauptung der Zwischenstaatlichen Kommission enthält sie etliche Schreibungen, die sich aus dem amtlichen Regelwerk nicht ableiten lassen: das ist mir wurst, die Mass [bayr.], fruchtbringend, schaudererregend, schwerbehindert, vielsagend [aber nur nichts sagend], Blut reinigend, morgen Früh etc.


12) August 2000: Icklers Rechtschreibwörterbuch erscheint

Der Erlanger Germanist und Reformkritiker Professor Theodor Ickler veröffentlicht ein auf den alten Regeln basierendes, jedoch deutlich liberaler gefaßtes Icklers Rechtschreib-Wörterbuch Rechtschreib-Wörterbuch.


11) 1. August 2000: F.A.Z. kehrt zur Rechtschreibung zurück

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) kehrt als erste große Zeitung zur konventionellen Schreibung zurück, da sich die Neureglung der Orthographie nicht bewährt habe. Gleichzeitig gibt der Verlag die kostenlose Broschüre FAZ: Die Reform als Diktat Die Reform als Diktat heraus.


10) 26. Juli 2000: Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung gegen RSR

Die in Darmstadt ansässige Akademie schreibt in einer Erklärung unter anderem:
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung würde es begrüßen, wenn Zwischenstaatliche Kommission und Duden bereit wären, mit dem Rückbau der Rechtschreibreform zu beginnen. Es ist höchste Zeit!
Die in zahlreichen Publikationen zum Ausdruck kommende Unsinnigkeit, Widersprüchlichkeit und Unverständlichkeit vieler der neuen Regeln ist für den sensiblen Leser schwer erträglich. Hausorthographien verringern zwar manchen Schaden, tragen aber in ihrer Vielfalt zur Verwirrung bei.
Wir halten es für ungut, daß immer mehr Verlage die neue Schreibung mit immer neuen Varianten übernehmen.


9) März 2000: Zwischenstaatliche Kommission legt zweiten Bericht vor

In ihren zweiten Bericht bedauert die Kommission die Ablehnung ihrer Revisionsvorschläge vom Dezember 1997 durch die Kultusministerkonferenz und hofft, später eine neue Chance zur "Optimierung der Neuregelung" zu bekommen; sie betreibe nun die einheitliche Umsetzung der neuen Regeln.


8) September 1999: Keine Änderung der Wortbedeutung!?

Das Bundesministerium der Justiz teilte am 28. September 1999 (Geschäftszeichen IV B 1-6103/2-40220/99) dem Bundeskanzleramt, den Bundesministerien, dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und dem Bundesrechnungshof mit:

Betr.: Einführung der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
hier: Normsprache
Bezug: Rundschreiben des BMI vom 7. Juni 1999
- O1-131 212-1/10-
[...]
Die Änderung der Schreibung eines Wortes stellt nur eine Anpassung an die geänderten Rechtschreibregeln dar, ohne eine Änderung der Wortbedeutung zur Folge zu haben. Daher sind rechtliche Konsequenzen durch die neue Schreibung nicht verbunden.
Kommentar: Diese Aussage erfolgt wider besseres Wissen, wie zahlreiche Beispiele vor allem aus der Getrennt-, Groß- und Kleinschreibung zeigen, die mit vorhandenen Schreibungen kollidieren: sich auseinander entwickeln, der wohl bekannte Ort, der letzte Wille etc. Richtig ist hingegen der Begriff der "Normsprache", da nicht nur die Schreibung, sondern die Sprache selbst normiert werden soll.


7) 1. August 1999: Die Nachrichtenagenturen stellen um

Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen führen die von ihnen beschlossene modifizierte Orthographie ein. Die meisten Presseorgane folgen, allerdings teilweise mit Hausorthographien. Somit weichen die Schreibweisen der Presse voneinander und von den Vorgaben der staatlich verordneten Schulschreibung ab.


6) Schleswig-Holstein 1999: Landtag kippt Volksentscheid

Der Landtag in Kiel setzt am 17.09.1999 den Volksentscheid der Schleswig-Holsteiner vom Vorjahr einstimmig außer Kraft und beschließt die Einführung der Schreibreform, um die "sprachliche Isolation" der schleswig-holsteinischen Schüler zu beenden. Daß die vom Bundesverfassungsgericht vorausgesetzte "notwendige allgemeine Akzeptanz" offenkundig nicht gegeben ist, stört die Abgeordneten nicht.


5) Dezember 1998: Beschluß der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen

Die deutschsprachigen Nachrichtenagenturen beschließen am 16. Dezember, die "Rechtschreibreform" am 1. August des kommenden Jahres umzusetzen.


4) Januar 1999: "Rechtschreibreform" für Bundesbehörden

Die Bundesregierung beschließt am 27. Januar die Einführung der "Rechtschreibreform" für den Schriftverkehr aller Bundesbehörden ab dem 1. August dieses Jahres. Am 1. Januar war sie auch für die Behörden der restlichen Länder Bayern, Berlin und Baden-Württemberg in Kraft getreten. In beiden Fällen wird die vom Bundesverfassungsgericht verfügte Beschränkung der Neuregelung auf den Schulbereich ignoriert.


3) Schleswig-Holstein 1998: Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform

In einem von der Volksinitiative "WIR gegen die Rechtschreibreform" betriebenen Volksentscheid lehnt die Bevölkerung Schleswig-Holsteins die Reform am 27.09.1998 mehrheitlich ab. Das Land kehrt als einziges Bundesland zur konventionellen Rechtschreibung zurück. 885.511 Stimmen werden für die Abschaffung der "Reform" gezählt, 456.409 Stimmen dagegen und 228.800 gegen beide Anträge.
Der Gesetzentwurf der Volksinitiative lautete:

Folgender § 4 Abs. 10 wird in das Landesschulgesetz aufgenommen:
"In den Schulen wird die allgemein übliche Rechtschreibung unterrichtet. Als allgemein üblich gilt die Rechtschreibung, wie sie in der Bevölkerung seit langem anerkannt ist und in der Mehrzahl der lieferbaren Bücher verwendet wird."

Der Gegenentwurf des Landtages verwendete im ersten Satz in perfider Absicht dieselbe Formulierung und unterstellte verlogen, daß die an Schulen zwangseingeführte Rechtschreibung "allgemein üblich" sei:

Folgender § 4 Abs. 10 wird in das Landesschulgesetz aufgenommen:
"In den Schulen wird die allgemein übliche deutsche Rechtschreibung unterrichtet. Als allgemein üblich gilt die Rechtschreibung, wie sie in den übrigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland für die Schulen verbindlich ist."

Die vom Bundesverfassungsgericht vorausgesetzte "notwendige allgemeine Akzeptanz" ist offenbar in diesem Bundesland nicht gegeben, die Rechtschreibreform also zumindest in Schleswig-Holstein verfassungswidrig.


2) August 1998: Offizielle Einführung der "Rechtschreibreform"

Die Rechtschreibreform wird am 1. August offiziell an Schulen eingeführt; bis zum 31. Juli 2005 gilt eine Übergangsfrist, bis zu der die bisherigen Schreibweisen nicht als falsch, sondern als "überholt" gelten sollen.
In zehn deutschen Bundesländern (und in Österreich und der Schweiz) soll die neue Regelung trotz ihrer höchstrichterlichen Beschränkung auf den Schulbereich auch für die Behörden gelten.


1) 14. Juli 1998: Bundesverfassungsgericht weist Verfassungsbeschwerde ab

Das Bundesverfassungsgericht weist die Verfassungsbeschwerde eines Lübecker Ehepaares gegen die "Rechtschreibreform" mit der Behauptung ab, die Neuregelung greife nicht in Grundrechte ein und habe allein durch Erlasse, also ohne Gesetze der Landesparlamente, eingeführt werden dürfen (Az.: 1 BvR 1640/97):

  1. Der Staat ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, Regelungen über die richtige Schreibung der deutschen Sprache für den Unterricht in den Schulen zu treffen. Das Grundgesetz enthält auch kein generelles Verbot gestaltender Eingriffe in die Schreibung.
  2. Regelungen über die richtige Schreibung für den Unterricht in den Schulen fallen in die Zuständigkeit der Länder.
  3. Für die Einführung der von der Kultusministerkonferenz am 30. November/1. Dezember 1995 beschlossenen Neuregelung der deutschen Rechtschreibung an den Schulen des Landes Schleswig-Holstein bedurfte es keiner besonderen, über die allgemeinen Lernzielbestimmungen des Landesschulgesetzes hinausgehenden gesetzlichen Grundlage.
  4. Grundrechte von Eltern und Schülern werden durch diese Neuregelung nicht verletzt.

In Absatz 83 verweist das Urteil auf das Oberverwaltungsgericht in Schleswig-Holstein (Urteil vom 13. August 1997), das für die "Rechtschreibreform" die "allgemeine Akzeptanz" als notwendig erachtet:

Bei der Konkretisierung des gesetzlichen Schulauftrags habe das zuständige Ministerium sinngemäß die Prognose gestellt, daß die Rechtschreibreform die notwendige allgemeine Akzeptanz finden werde. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei diese Prognose nicht zu beanstanden.

In Absatz 157 nennt das Bundesverfassungsgericht als weitere Bedingung die Vereinfachung der Rechtschreibung:

Das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG wird durch die Reform jedenfalls nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Das Ziel, das Erlernen richtigen Schreibens durch Vereinfachung der Rechtschreibregeln und Schreibweisen zu erleichtern, ist ein Gemeinwohlbelang, durch den die Neuregelung verfassungsrechtlich hinreichend gerechtfertigt ist. Nach vertretbarer Einschätzung des Landes ist die Rechtschreibreform geeignet, dieses Ziel zu erreichen.

In Absatz 163 (Seite 59) wird dann der Geltungsbereich der "Rechtschreibreform" deutlich eingeschränkt:

Soweit dieser Regelung rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ist diese auf den Bereich der Schulen beschränkt. Personen außerhalb dieses Bereichs sind rechtlich nicht gehalten, die neuen Rechtschreibregeln zu beachten und die reformierte Schreibung zu verwenden. Sie sind vielmehr frei, wie bisher zu schreiben. Auch durch die faktische Breitenwirkung, die die Reform voraussichtlich entfaltet, werden sie daran nicht gehindert.

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