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"Rechtschreibreform": Umfrage-Ergebnisse (Pro & Contra)

1. Die Schreibreform zurücknehmen? 78 Prozent sagen: "Ja" (7–8/2000)

Umfrage "Rechtschreibreform"
Legende zur Umfrage

Wie ist Volkes Meinung zur Schreibreform? Haben die Kultusminister recht mit ihrer Prognose, die Bevölkerung werde sich – von ein paar Ewiggestrigen abgesehen – schnell an ihre Zwangsreform anpassen und diese zur Normaliät machen?
    Es sind meist jugendliche Anhänger der Reform, die die überwiegende Ablehnung der neuen Schreibweisen gelegentlich in Zweifel ziehen: Sie haben speziell dem ss das Fortschritts-Label angeheftet und davon eine scheinbar logische Kette abgeleitet: "modern = gut = richtig = mehrheitlich akzeptabel". Wenn die zwangsreformierte Schreibweise gar droht, in absehbarer Zeit im Beruf Pflicht zu werden, wird die Sache noch einfacher, denn was man "muss", das kann nicht falsch, das muß einfach allgemein akzeptiert sein. Die Wirklichkeit sieht freilich ganz anders aus:

Im Juli und August 2000 hat es in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Anzahl Umfragen gegeben, die auf einer der Rechtschreibreform-Seiten ("Soll die Rechtschreibreform zurückgenommen werden?") näher dokumentiert sind. Bemerkenswert an den Umfrageergebnissen war:

  1. Die Ablehnung der Reform war völlig eindeutig – der niedrigste Ablehnungswert lag bei 61%.
  2. Das Ausmaß der Ablehnung variierte stark: zwischen den genannten 61% und 98,5%.
    Als Gründe dafür kommen in Frage: a) die unterschiedliche Fragestellung (meist nur ja/nein, viermal auch Alternativen, fünfmal auch Enthaltung) und b) vielleicht auch die Stimmung, die durch die Umfragesituation transportiert wird, und die Tagespresse.
  3. Die genannten Extreme von 61% und 98,5% dürften nicht repräsentativ sein – realistische Prozentzahlen liegen erfahrungsgemäß irgendwo in der Mitte. Das trifft auch hier zu, denn im Durchschnitt ergeben sich folgende Prozentzahlen:

Es geht bei einer solchen Umfrage nicht um die Gründe für eine Meinung, sondern nur um Ergebnisse – wie an einem Wahlabend. Ängstliches Festhalten am Hergebrachten kommt bei Ablehnern ebenso vor wie blinder Fortschrittsglaube bei Befürwortern der Reform. Argumente spielen da – wie in der Politik – leider nur teilweise die entscheidende Rolle. Wenn sie diese spielten, wenn objektive, wissenschaftliche Fakten entschieden, würde das Ergebnis aber m. E. noch deutlicher ausfallen.


2. Österreicher im September 2001 mehrheitlich gegen die "Reform"

Nach einer am 27.09.2001 veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Imas in Linz halten 57% der Österreicher die "Reform" für nicht gut, 8% haben sich an die neuen Regeln angepaßt, 56% schreiben wie gewohnt, 30% wollen die Neuregelung außer Kraft setzen, 50% dagegen wollen es jedem einzelnen überlassen, wie er schreiben möchte.


3. Immer noch kaum deutsche Befürworter im April 2002

Knapp zwei Jahre später hat sich die Situation kaum geändert, wie dieses Ergebnis des renommierten unabhängigen Instituts für Demoskopie in Allensbach Mitte April belegt:

FRAGE: "Einmal ganz allgemein gefragt: Sind Sie für oder gegen die Rechtschreibreform, oder ist Ihnen das egal?"
Deutsche Bevölkerung 1997 2002
 
%
insg.
%
West
%
Ost
%
Bin für die Rechtschreibreform 10 10 10 9
Bin dagegen 70 56 56 56
Ist mir egal 20 33 33 33
Habe noch nicht von der Rechtschreibreform gehört x 1 1 2
  100 100 100 100
x = unter 0,5 Prozent
QUELLE: Allensbacher Archiv, IfD-Umfragen, zuletzt 7020, März/April 2002
Basis: Gesamtdeutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre

Nur 25 Prozent der Deutschen im Alter ab 16 Jahren haben sich bis April 2002 nach eigenen Angaben auf die neue Rechtschreibung umgestellt. 13 Prozent tragen sich mit der Absicht, das irgendwann künftig zu tun. Aber die große Mehrheit (57%) sieht keinen Grund, sich in Zukunft auf die neuen "Rechtschreib"-Regeln einzustellen. (Die vollständige Umfrage gibt es bei der Deutschen Sprachwelt als pdf-Datei.)

4. Wort-für-Wort-Umfrage der Zeitschrift Hörzu, Heft 35/2002, Seite 16–17

Im Auftrag von HÖRZU befragte die F & S internet Infotainment GmbH in einer repräsentativen Online-Umfrage 500 Bundesbürger zwischen 18 und 45 Jahren. Das allgemeine Ergebnis: Die Mehrheit der Befragten schreibt nach "individuellen Regeln", aber meist in alter Schreibweise. So wird schon aus ästhetischen Gründen ganz überwiegend das traditionelle e gegenüber dem ä bevorzugt: es bleibt beim Stengel. Und wenn der Mehrheit etwas "leid tut", dann tut es ihr kein "Leid" an. Auch wenn offiziell zwei Schreibweisen zugelassen sind (selbständig – selbstständig), bleiben die meisten (61%) bei der konventionell einzig richtigen Schreibweise. Die hyperkorrekte ss-Schreibung hat sich bei fast jedem Fünften durchgesetzt: 19 Prozent glauben, daß jetzt jedes ß durch ein doppeltes s zu ersetzen sei (Regeln: Rätselecke "Rätselecke"). Das beeindruckendste Einzelergebnis: Gerade mal zwei Prozent meinten, Kinder lernten jetzt leichter. Die Ergebnisse in Prozent im einzelnen:

GruppenselbständigaufwendigStengelGreulrauhalleinerziehendtut mir leidMaßband
Insgesamt6181816678816981
Männlich5879826773806180
Weiblich6382806682837682
18 bis 255781786974827084
26 bis 355982826477806682
36 bis 456580816681827177
Alte Länder5780796172766888
Neue Länder6281816879836979
GruppenselbstständigaufwändigStängelGräulrauallein erziehendtut mir LeidMassband
Insgesamt3919192234193119
Männlich4221182733203920
Weiblich3718201834172418
18 bis 254319222631183016
26 bis 354118182336203418
36 bis 453520191934182923
Alte Länder4320212839243212
Neue Länder3919192132173121

Gruppen

Eine gute Sache. Vor allem die Kinder lernen vieles leichter Einige Regeln sind wirklich sinnvoll, manche Schreibweisen aber abstrus Ob Alt oder Neu. Ich schreibe, wie ich immer geschrieben habe Einen Teil der Regeln wende ich bewusst an, manche Wörter schreibe ich so, wie ich sie seit jeher kenne Man sollte die Sache sich einfach entwickeln lassen. Sprache ist wie die Natur: Es wächst sich alles zurecht
Insgesamt229292911
Männlich328282911
Weiblich230302910
18 bis 25227243116
26 bis 35231272811
36 bis 4522835286
Alte Länder224303212
Neue Länder231292810


5. Die Mehrheit ist weiterhin dagegen im Mai 2004

Zwei Jahre nach seiner letzten Umfrage stellt das renommierte Institut für Demoskopie in Allensbach fest: "Die Rechtschreibreform, die vor fünf Jahren offiziell eingeführt wurde, stößt nach wie vor in der Bevölkerung auf wenig Zustimmung. Schon als die Reform 1996 beschlossen worden war, lag die Zahl der Befürworter bei 10 Prozent. Gegenwärtig sind 13 Prozent eindeutig für die Reform."
    Die Umfrage zeigt allerdings auch, daß die Zahl der eindeutigen Gegner von 70 Prozent im Jahre 1970 auf nur noch 49 Prozent gesunken ist. Immer größer wird zugleich der Anteil derer, die mit "Ist mir egal" oder "Unentschieden" antworten: 1997 waren das 20 Prozent, jetzt sind es ca. 38 Prozent.

6. TNS Emnid: Die Mehrheit wünscht die Rückkehr im August 2004

Klaus-Peter Schöppner, Chef des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid, erklärt am 12.8.2004 in der Welt:

7. Allensbach: Mehr Gegner der RSR im September 2004

Das Institut für Demoskopie in Allensbach stellt in seiner Umfrage vom September 2004 fest: "Die Gegner der neuen Rechtschreibung haben Zulauf erhalten, und das Lager der Befürworter, das vorher schon schwach war, ist schwächer geworden." 1997 hatte die Zustimmung bei 10 Prozent gelegen, bis Mai 2004 war diese Zahl nur um 3 Prozentpunkte auf 13% gewachsen, jetzt ist sie aufgrund der aktuellen Diskussion wieder auf 11% gesunken. Unter den "Reform"-Gegnern hatte sich zudem Gleichgültigkeit breitgemacht, jetzt sprechen sich wieder 60% gegen die "Reform" aus, während der Anteil der Gleichgültigen von 38% auf 29% gefallen ist.
    Die Frage, ob man zur konventionellen Rechtschreibung zurückkehren sollte, beantworten 46 Prozent mit "ja" und 17% mit "teilweise"; 26% wollen die neue Schreibung beibehalten, 11% sind unentschieden.
    Der Entschluß großer Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, hat auch Auswirkungen auf den Umgang vieler Menschen mit der Rechtschreibung: Hatten im April immerhin 30 Prozent angegeben, die "Reform"-Schreibung zu benutzen, so tun dies jetzt nur noch 19%. Umstellen wollen sich statt 10% im April jetzt nur noch 8%, und statt 55% sehen nun 68% keinen Grund für eine Umstellung. Die Zahl der Unentschiedenen ist mit 5% gleichgeblieben.

8. TNS Emnid: Mehrheit gegen Inkrafttreten der "Reform" im Oktober 2004

Nach einer in der WELT KOMPAKT veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid lehnen 63 Prozent der Bevölkerung das Inkrafttreten der "Reform" ab, 21% befürworten es "nur mit einigen Veränderungen" und nur 15% vollständig.

9. Allensbach: nur noch 8% für die RSR im Juli 2005

Die "allensbacher berichte" 2005 / Nr. 11 stellen die Umfrage Nr. 7072 zur "Rechtschreibreform" vor: Vom 1. bis 13. Juli 2005 ermittelte das Institut für Demoskopie in Allensbach mit nur noch 8 Prozent so wenige Befürworter wie nie zuvor; 61% sind dagegen, 31% unentschieden. Der Bericht weiter: "Die Mehrheit der Bevölkerung (51 Prozent) sieht auch jetzt, kurz vor dem offiziellen Inkrafttreten der Reform, keinen Grund, sich auf die neuen Schreibregeln einzustellen. Ihre eigene Rechtschreibung umgestellt hat inzwischen vor allem die junge Generation. 69 Prozent der Unter-30jährigen benutzen die neuen Schreibweisen und -regeln. Aus der Bevölkerung insgesamt haben dagegen nur 41 Prozent ihre Schreibweise ganz oder teilweise auf die Reformregeln umgestellt. Und nur 6 Prozent der Bevölkerung wollen sich künftig auf die neue Rechtschreibung einstellen."


Ein Tip für die "Reformer": Stur an der "Reform" festhalten und alle paar Jahre eine neue Umfrage machen. Wenn dann nach 20 oder 30 neuen Schüler-Jahrgängen und paralleler Ausdünnung der älteren Jahrgänge endlich 51 Prozent für die Reform sind, ist der Beweis erbracht, daß die "Reform" richtig war ...

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